Rudern:Akademische Wellendiskussion

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Auch im Jubiläumsjahr übt die Roseninsel-Regatta ungebrochen ihre Anziehungskraft aus. Bis aus Wales kommen die Teilnehmer an den Starnberger See - mit einigen Siegern war vorher allerdings nicht zu rechnen

Von Julian Ignatowitsch, Starnberg

Die Wellen, sie brachten so einige Boote in Schieflage - und manches sogar zum Kentern. "Uns hat es zum Glück nicht erwischt", sagte Ruderin Franziska Walter, die in einem der fünf Uni-Achter aus München saß. Doch der Wellengang auf dem Starnberger See sei schon gewöhnungsbedürftig: "Wenn das Boot vollläuft, hast du ein Problem. Wir kennen das aus dem Training in Oberschleißheim auf der Rudersportanlage ja nicht." Der Umstieg aus dem künstlichen Kanal auf ein natürliches Binnengewässer - da kann einem schon mal schwindelig werden.

80 Boote und fast 700 Sportler gingen am Wochenende bei der 30. Roseninsel-Regatta, einer der größten in Deutschland, die jährlich vom Münchner Ruder- und Segelverein (MRSV) veranstaltet wird, an den Start. Über eine Distanz von zwölf Kilometern duellieren sich ambitionierte Vereinssportler und Freizeit-Ruderer. Mit den Wogen des Starnberger Sees kam dabei nicht jeder zurecht. Doch Walter und ihre Kollegen vom Zentralen Hochschulsport behaupteten sich. Fast alle Achter aus München fuhren aufs Treppchen: Zwei erste Plätze sowie ein zweiter und ein dritter Platz konnten sich sehen lassen. Nur ein Boot verpasste die Top Drei als Vierter knapp. "Ich bin sehr zufrieden, ja, ich bin regelrecht begeistert", sagte Trainerin und Steuerfrau Daniela Jecht, die bei der Siegerehrung schon als "erfolgreichste Steuerfrau aller Zeiten" gefeiert wurde. Ob sich das wissenschaftlich belegen lässt, sie wusste es selbst nicht.

Besonders lobenswert war auf jeden Fall der Triumph in der offenen Damenklasse, wo die Studenten und Ehemaligen sich gegen Vereinsboote durchsetzten. "Mit einem Sieg haben wir wirklich nicht gerechnet", freute sich Walter, die mit im siegreichen Boot saß. Die lokale Konkurrenz vom Münchner Ruderclub (MRC) oder der Rudergesellschaft München (RGM) ließen die Akademikerinnen genauso hinter sich wie die angereisten Achter aus Berlin, Aschaffenburg oder Würzburg. Auch über die nationale Grenze hinaus übt die Roseninsel-Regatta durchaus ihre Anziehungskraft aus. Starter aus Großbritannien, Italien und Österreich scheuten zum Jubiläum den langen Weg nach Süddeutschland nicht - auch das Boot aus dem kleinen walisischen Städtchen Pembroke war allerdings gegen Walters Team chancenlos. "Wenn man das Boot gemeinsam zum Laufen bringt, ist das ein perfektes Gefühl", sagt Walter. Die 24-Jährige, die an der Hochschule München Betriebswirtschaft studiert, hat das Rudern vor acht Jahren während eines Auslandsaufenthalts in den USA kennengelernt. "Seitdem mache ich das regelmäßig." Bis zu drei Mal die Woche bereiteten sich die Unistarter im Sommersemester auf den Wettkampf vor. "Wer will, kann sogar fünf Mal in der Woche trainieren", sagt Walter. Im Winter müssen sich die Ruderer auf Kraft- und Ausdauertraining beschränken. "Da gibt es keine Möglichkeit, auf dem Wasser zu trainieren." In erster Linie geht es beim Unisport ja doch um den Spaß. Dass die Strecke vorbei an der Roseninsel mit bestem Blick auf die Alpen zudem ein optisches Highlight ist, macht die Sache für die Teilnehmer umso lohnenswerter.

Roseninsel voraus: 80 Boote gingen dieses Jahr bei der Regatta zwischen Starnberg und Feldafing an den Start. Nicht alle erreichten das Ziel. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Etwas profitiert habe man schließlich auch von den guten Bedingungen, die bis in den frühen Nachmittag hinein herrschten, meinten Jecht und Walter. Bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen war der Wellengang zunächst kein Problem. "12.30 Uhr war eine gute Startzeit für uns", sagte Walter. Ein Dampfer hier, ein Motorboot da - das konnte man vom Wellengang noch gut verkraften. Doch mit jeder Stunde wurde der Wind stärker und die Sonne verblasste. Also wurden auch die Wellen höher. So mussten in den nach 14 Uhr gestarteten Läufen mehrere Boote den Wettkampf aufgeben.

Der Geselligkeit tat das keinen Abbruch. Nach und nach trieb es Besucher und Sportler in das Bierzelt vor dem Vereinshaus, draußen wie drinnen spielte eine Blaskapelle. Und der Moderator wurde nicht müde, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es hier "doch sowieso viel schöner" sei als auf der überlaufenen Wiesn beim Oktoberfest. Ein paar Unbelehrbare machten sich dann trotzdem noch auf den Weg nach München. Und diskutierten dabei womöglich Franziska Walters Lehrsatz: "Wenn das Boot vollläuft, hast du ein Problem."

© SZ vom 29.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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