Rollstuhlbasketball:Unter Profis

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"Noch in der Findungsphase": Florian Mach, eines von vier vielversprechenden Talenten bei den Iguanas. (Foto: Robert Haas)

Münchens Rollstuhlbasketballer RBB Iguanas kämpfen um Aufmerksamkeit - und um den Anschluss in der ersten Bundesliga.

Von Sebastian Winter, München

Ein ungleiches Duell bot sich den Zuschauern am vergangenen Samstag im Iguana Dome, wie Münchens Rollstuhlbasketballer ihre eher schmucklose Halle an der Säbener Straße nennen. Die 2017 aufgestiegene Heimmannschaft steckt zurzeit im Mittelfeld der Bundesliga, ihr Gegner RSB Thuringia Bulls reiste als ungeschlagener Tabellenführer, Meister und Champions-League-Sieger an. Außerdem mit einem sechsstelligen Etat, Profis aus dem Iran, den USA, Finnland, Lettland, Litauen, Weißrussland - und auch zwei Deutschen. Zwei ihrer bisherigen Saisonspiele haben die Thüringer, die im Örtchen Elxleben bei Erfurt spielen, mit mehr als 80 Punkten Differenz gewonnen. Iguanas-Trainer Benjamin Ryklin war also ganz froh über die 62:94-Niederlage der RBB München Iguanas: "Das Spiel war ein schöner Schritt nach vorne", sagte Ryklin, der sein Team drei Viertel lang fast auf Augenhöhe mit dem übermächtigen Gegner sah. Aber eben kein ganzes Spiel lang.

Die Thuringia Bulls haben wie der ebenfalls noch ungeschlagene RSV Lahn Dill keine Konkurrenz in der Zehnerliga, ihr Hinrundenduell an diesem Samstag dürfte das des künftigen Meisters gegen den Finalisten sein. Nur ein weiterer Klub ist seit 2003 Meister geworden, die BSC Rollers Zwickau, die 2014 dann insolvent gingen. Genau gegen Zwickau, das sich neu formiert hat, spielen die Iguanas am Samstag auswärts. Es ist ein richtungsweisendes Duell, das auch darüber entscheidet, ob die Münchner eher den Weg zu den Playoffs einschlagen oder aber zu den Playdowns. Sie haben als Siebter mit nur vier Punkten aus sieben Spielen derzeit zwei Punkte Rückstand auf den Sechsten Zwickau. Der Sechste erreicht gerade noch die Pre-Playoffs, der Siebte muss in die Abstiegsrunde. Vom zweiten Szenario "will ich nichts wissen", sagt Ryklin: "Aber wo wir jetzt stehen, das gefällt mir überhaupt nicht."

Die Iguanas spielen eine schwankende Saison, die 56:66-Niederlage gegen Hannover, derzeit Fünfter, und das bittere 68:69 zum Saisonauftakt in Hamburg schmerzt sie noch immer. Hinzu kommen langwierige Verletzungen, deretwegen die erfahrene Paralympicssiegerin von London, Johanna Welin, und der 19-jährige Zugang Urs Rechtsteiner noch bis nach Weihnachten ausfallen; auch Bastian Kolb war gegen die Thuringia Bulls verletzt. "Da brechen dann zwei komplette Aufstellungen weg. Wir sind noch in der Findungsphase auf dem Feld", sagt Ryklin. So sind die Iguanas zwar die Mannschaft in der Liga mit den meisten getroffenen Dreiern, aber die Defensive, insbesondere das Rebound-Verhalten, sieht Ryklin überaus kritisch.

Dass die Münchner fast alle berufstätig sind und nur dreimal pro Woche trainieren können, macht die Aufholjagd nicht einfacher. Zumal in einer Liga, die sich professionalisieren will und in der fast jedes Team inzwischen über Profis verfügt. Während die Thuringia Bulls oder Lahn-Dill viele Sponsoren und kaum Sportkonkurrenz in ihrer Region haben, kämpfen die Iguanas in ihrer Stadt im Schatten der Fuß- und Basketballer des FC Bayern, des Eishockeymeisters EHC Red Bull München und vieler weiterer Bundesligisten um Aufmerksamkeit. Was ihnen nicht einfach fällt, zumal sie sich nach einem Streit und der Abspaltung von ihrem Stammverein USC München 2014 ganz neu gegründet haben.

Immerhin haben sie in Rechtsteiner, Kolb, 16, Florian Mach, 22, und Gabriel Robl, 23, starke Talente - Kolb und Rechtsteiner holten kürzlich Silber bei der U-22-EM. Paralympics-Teilnehmer Sebastian Magenheim ist aber auch weiterhin ebenso unersetzbar wie der einzige Ausländer im Team, der australische Nationalspieler Kim Robins. Am Samstag in Zwickau werden die Fäden wieder bei ihnen zusammenlaufen.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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