Relegation zur Regionalliga (I):Gras drüber

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Nach dem 6:2 in Pipinsried steht der VfR Garching so gut wie sicher in der nächsten Runde. Beim FC dagegen werden jene Konflikte offenkundig, die das Team den Aufstieg gekostet haben dürften

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Der neue Parkplatz hinter dem Vereinsgelände war frisch gemäht, Ordner wiesen den Weg. Es war viel los am Mittwochabend in Pipinsried, immerhin kamen deutlich mehr Zuschauer (etwa 800), als das Dorf Einwohner hat (knapp 500). Nach dem ersten Relegationsspiel des Bayernligisten FC Pipinsried gegen den Regionalligisten VfR Garching sieht es allerdings stark danach aus, dass auf absehbare Zeit nicht mehr so viel los sein wird im Dachauer Fußball-Hinterland. Pipinsried verlor ein spektakuläres Spiel mit 2:6 (1:4) Toren; das Ergebnis dürfte im Rückspiel am Sonntag (16 Uhr, Stadion am See) kaum noch aufholbar sein für die Mannschaft von Tobias Strobl.

Abschied unter Tränen: Nach seiner Niederlage in der Aufstiegsrunde verließ der Spielertrainer Tobias Stobl den Dorfklub FC Pipinsried. (Foto: Toni Heigl)

Der Pipinsrieder Spielertrainer ist nicht auf den Mund gefallen. Diesmal aber schritt er kommentarlos in die Kabine. Dem 27-jährigen ehemaligen Profi standen Tränen in den Augen. In den vergangenen Monaten hat sich viel aufgestaut beim FC. Pipinsried hatte auf Platz eins überwintert und war für ein Trainingslager in den Süden gefahren, um sich optimal auf die Restrunde vorzubereiten. Doch schon am Gardasee hatte es Zwist über die Ausrichtung gegeben. Spieler wie Torwart Tobias Antoni hatten erklärt, nicht in der Regionalliga spielen zu wollen, zumindest nicht unter den gegebenen Konditionen. Ein Streit führte zum nächsten, die Mannschaft verlor die Spitzenposition an den TSV Rain.

Maximilian Zischler vergibt gleich eine Großchance. (Foto: Toni Heigl)

Von den elf Spielern, die am Mittwoch bei Anpfiff auf dem Feld standen, werden Antoni, Christian Adrianowytsch und Andreas Schuster den FC verlassen, sie stehen bereits als Weggänge fest. "Ich will keinen einzelnen Spieler für die Niederlage verantwortlich machen", sagte Präsident Konrad Höß. Man habe aber gesehen, dass die Abwehr nicht regionalligatauglich sei.

Strobl, dem Höß einen fast schon krankhaften Ehrgeiz nachsagt, hatte eine riskante Taktik gewählt: Schon im Spielaufbau sollte der VfR gestört werden. Dafür hatte Garching im Mittelfeld oft viel Platz. Zunächst schien der Plan jedoch aufzugehen. Nach einem Ballverlust von Tobias Gürtner in der zehnten Minute vergab Maximilian Zischler noch eine Doppelchance, dann ging Pipinsried nach einem 30-Meter-Solo von Giovanni Goia in Führung (26.). Doch zu diesem Zeitpunkt hatte sich bereits ein offener Schlagabtausch entwickelt, in dessen Verlauf Pipinsried eindeutig mehr Wirkungstreffer einstecken sollte. Ebenfalls nach einem Alleingang traf Oliver Hauck zum 1:1 (30.), Georg Ball verwandelte sechs Minuten später einen Elfmeter - für das vorangegangene Foul hätte Torwart Antoni auch die rote Karte wegen einer Notbremse sehen können.

Garchings Torschützen Lucas Genkinger und Mike Niebauer (v.l.) feiern ihre Treffer zum 3:1 und 4:1. Die Vorentscheidung. (Foto: Toni Heigl)

Nachdem der VfR das Spiel gedreht hatte, waren die Gastgeber in ihre taktischen Einzelteile zerlegt, Garching konterte und erhöhte noch vor der Pause durch Lucas Genkinger (39.) und Mike Niebauer (42.) auf 4:1. "Die Jungs haben den Schwung der letzten Wochen mitgenommen", schwärmte VfR-Coach Daniel Weber.

Doch Weber hatte seine Mannschaft in der Pause gewarnt: "Das ist noch nicht vorbei." Er sollte Recht behalten. Nach der roten Karte für Gürtner (49.), der damit auch im ersten Spiel der zweiten Relegationsrunde fehlen könnte, fand Pipinsried zurück in die Partie. Allen voran der eingewechselte Serge Yohoua verbreitete Gefahr. Der Angreifer hatte nach chronischen Meniskusproblemen offensichtlich auf die Relegation hin trainiert. Strobl, der sich später auswechselte, dürfte angesichts der zahlreichen Großchancen zwischen der 50. und der 65. Minute darüber sinniert haben, ob man mit einem fitten Yohoua womöglich direkt aufgestiegen wäre.

In der 53. Minute traf Manuel Eisgruber zwar zum 2:4. Die Aufholjagd blieb aber im Ansatz stecken. Dennis Vatany beendete mit einem schönen Schlenzer in der 65. Minute alle Pipinsrieder Hoffnungen. Demütigend war dann das 2:6 durch Kapitän Dennis Niebauer, der vom Anstoßkreis über Antoni hinweg ins Tor traf. Weber lief auf das Feld und ballte die Fäuste, als ob es ein entscheidender Treffer gewesen sei. "Es hat mich für Dennis gefreut. Außerdem war das ein Zeichen", so Weber - die Mannschaft habe sich in ihrer ersten Regionalliga-Saison zu selten belohnt.

FC-Präsident Höß blickte nach dem Spiel in die Zukunft. "Den Hebel ansetzen müssen wir klar in der Defensive", befand er nach dem demoralisierenden 2:6. Strobl unterschätze womöglich die negative Dynamik, die sich daraus entwickeln könnte. Apropos Trainer: Bleibt Strobl nach dieser für ihn so großen Enttäuschung eigentlich in Pipinsried? "Joo, der bleibt schon, aber. . .", Höß zögerte: "Irgendetwas nagt an ihm." Er werde sich auf jeden Fall bemühen, "den Trainer wieder in die richtige Spur zu bringen". Höß hörte sich so an, als wolle er erst mal Gras über die Sache wachsen lassen. Nicht nur auf dem Parkplatz hinter dem Tor.

© SZ vom 05.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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