Relegation zur Fußball-Regionalliga:Küsschen, Küsschen

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Vor 1100 Zuschauern erkämpft sich Bayernligist FC Pipinsried ein 1:1 im Relegations-Hinspiel gegen Fürth. Angreifer Athedon Lushi, der beste Mann, könnte im Rückspiel am Pfingstmontag allerdings fehlen.

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Kurz schien der Schiedsrichter zu warten, ob Konrad Höß vielleicht noch aufhören würde zu reden, doch Höß hörte nicht auf. Dann pfiff Tobias Schultes die Partie trotzdem an, Höß sprach weiter, immer weiter in sein Mikrofon, über die anwesenden Ehrengäste und über diesen großen Tag in der Geschichte des FC Pipinsried. Als er aufhörte waren drei Minuten gespielt, wenige Sekunden später hätte Denny Herzig den großen Tag für das Dachauer Hinterland fast noch größer gemacht, doch er brachte bei seinem Drehschuss aus kurzer Distanz den Ball nicht richtig unter Kontrolle. Am Ende hatte Höß dennoch bekommen, was er wollte: Ein ansehnliches Spiel, Beifall der zufriedenen Zuschauer, von denen nicht wenige im Vereinsheim noch das eine oder andere Getränk zu sich nahmen. Und obendrein ein 1:1 gegen die SpVgg Greuther Fürth II - was die Frage offen lässt, ob Pipinsried aufsteigt.

So wird's gemacht: Emre Arik (vorn) startet zum Jubeln Richtung Tribüne, Benedikt Kirsch blickt sparsam Richtung eigenes Tor. (Foto: Sven Leifer/Imago)

2014 und 2015, als der FC ebenfalls in der Relegation zur Regionalliga spielte, waren jeweils rund 800 Zuschauer zu den Heimspielen gekommen, diesmal waren es 1100. Nachbarn des Stadions hatten sogar auf dem Flachdach eines nahe gelegenen Hauses ein paar Liegen aufgeklappt. Unter den Zuschauern war auch Ex-Profi Savio Nsereko, der bekanntlich von der kommenden Saison an für Pipinsried spielen wird - egal in welcher Liga.

Die Partie war auch deswegen so unterhaltsam, weil die beiden Mannschaften erfrischend wenig über die Stärken und Schwächen des jeweils anderen wussten. FC-Spielertrainer Fabian Hürzeler gab zu, sich fast ausschließlich auf den SV Schalding-Heining vorbereitet zu haben - das wäre der Gegner gewesen, wenn der TSV 1860 München nicht abgestiegen wäre. Außerdem habe es recht wenig Videomaterial über Fürths U23 gegeben, "und sie haben ja auch einen neuen Trainer", so Hürzeler. Ex-Profi Timo Rost hatte erst vor einer Woche die Mannschaft übernommen. Auf beiden Seiten gab es jeweils einen Stürmer, den die Abwehr nicht in den Griff bekam. Bei Fürth hatte Daniel Steiniger die besten Szenen, er traf auch nach acht Minuten mit einem strammen Schuss über Torwart Zeynel Anil hinweg zum 1:0, nachdem er Pipinsrieds Linksverteidiger Daniel Barna enteilt war. "Wir haben die total im Griff gehabt, und dann machen wir einen dummen Fehler", ärgerte sich Spielertrainer Hürzeler. Steininger verpasste kurz vor Schluss die Entscheidung nur um Zentimeter, sein Schuss aus der 83. Minute küsste den Innenpfosten - das Publikum jubelte vor Erleichterung. Glück hatte Pipinsried auch, als Abwehrchef Herzig in der 68. Minute nur die gelbe Karte sah - sein Foul am schnellen Steininger war hart an der Grenze zur Notbremse gewesen. Auf der anderen Seite brachte Atdhedon Lushi die jungen Fürther, die mit mehreren Spielern aus dem Profikader angereist waren, mehrmals in Bedrängnis. Es blieb allerdings nur bei guten Chancen (7. und 85.). Das Tor für die Gastgeber erzielte Emre Arik kurz nach dem Rückstand. Er traf aus 16 Metern ins rechte Eck, Fürths Torwart Sascha Burchert sah bei dem Schuss nicht gut aus (14.). Jubelnd rannte Arik zu seiner Frau, die in der ersten Reihe der Haupttribüne saß, und küsste seinen sechs Monate alten Sohn auf den Kopf.

Dass sich Pipinsried nicht geschockt zeigte vom 0:1, war für Hürzeler eine wichtige Erkenntnis: "Wir haben weitergemacht und nicht aufgesteckt." Im obligatorischen Mannschaftskreis nach dem Spiel rief er, dass alle weiter an ihren Traum glauben sollten. Wie sehr sie vom Aufstieg träumen, dafür ist der 24-jährige Lushi ein gutes Beispiel. Einst wollte der Angreifer Profi werden, beim FC Ingolstadt erhielt er aber nach der U19 keinen Vertrag mehr. Dort habe man ihm mitgeteilt, dass es nie zu mehr als Landesliga reichen werde. Vergangenen Sommer verließ er den VfB Eichstätt in dem Glauben, dass der Klub nie die Regionalliga-Lizenz erhalten würde: Heuer hat er sie bekommen. Gerne würde Lushi nun mit Pipinsried gegen seinen alten Klub spielen: "Ich finde, dass ich da auch hingehöre. Und es wäre ein Traum, ihnen das zu zeigen." Damit meint er natürlich: die Ingolstädter.

Zwei Dinge bereiten Pipinsried vor dem Rückspiel am Montag in Fürth (16 Uhr) Sorgen: Der konditionelle Unterschied, der in der Schlussphase augenscheinlich war - bekanntlich trainiert der FCP nur zweimal pro Woche. Zweitens könnte es sein, dass Lushi für das Rückspiel nicht zur Verfügung steht. Nach einem Todesfall in der Familie will er Zeit mit Verwandten verbringen. Unwahrscheinlich ist es also nicht, dass es noch einen weiteren großen Relegationstag gibt in Pipinsried, dann, wenn in der zweiten Runde der allerletzte Regionalliga-Teilnehmer ausgespielt wird.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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