Pullach unterliegt im Derby:Vor der Vollendung

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Der FC Unterföhring gewinnt den Schlager beim Tabellenführer und nähert sich der eigenen Zielvorgabe: Holt die Elf noch sechs Zähler aus den letzten sieben Spielen, dann soll das zum Aufstieg reichen.

Von Max Ferstl, Pullach

Alexander Benede ist Verteidiger, ein ziemlich guter sogar. Immerhin stellt sein Klub, der SV Pullach, die beste Abwehr der Liga. Doch tatsächlich ist Benede viel mehr. Er versorgt seine Kollegen während einer Partie im Minutentakt mit präzisen Kommandos oder Feedback. "Gut gemacht, Jan!", zum Beispiel. Da hatte Linksaußen Jan Penic gerade einen schönen Pass durch die Abwehr des FC Unterföhring gespielt. Häufiger hörte Penic am Samstagnachmittag jedoch ein kritisches "Beweg dich!" Vielleicht war Benede ein wenig zu beschäftigt damit, selbst zu kommentieren, dass er die entscheidende Anweisung überhörte. Sie stammte von seinem Torhüter Michael Hofmann und lautete: "Kopf".

In dieser 76. Minute segelte ein hoher Ball über Benede hinweg, in seinem Rücken preschte schon Unterföhrings Stürmer Andreas Faber heran. Doch statt zu köpfeln, wie empfohlen, ließ Benede den Ball aufspringen, wählte den Rückpass und schob den Ball am verdutzten Torhüter vorbei ins eigene Tor. 2:0 für Unterföhring. Stürmer Faber umarmte den unglücklichen Benede: Gut gemacht, Kumpel.

Unterföhring gewann am Ende 2:1, es ist der fünfte Sieg nach der Winterpause, der siebte in Serie, und vor allem einer, der nach allen gängigen Maßstäben als "besonders wertvoll" einzustufen ist: Der Rückstand auf Spitzenreiter Pullach verkürzt sich auf einen Zähler, außerdem nähert sich der FC Unterföhring der selbst errechneten Zielmarke von 62 Punkten an. Aktuell hat er 56. Sollten die Föhringer in den verbleibenden sieben Partien noch sechs Punkte holen, würde man der eigenen Vorgabe nach aufsteigen.

Pullachs Trainer Schmöller ist stocksauer und attestiert seiner Elf "Altherrenfußball"

Dass dieser Plan noch scheiten könnte, daran dürften sie in Unterföhring nicht mehr ernsthaft glauben. Auch wenn Uwe Schlottner, der Torschütze zum 1:0, sehr überzeugend betont, dass sich keiner mit dem "Thema Regionalliga" beschäftige. Doch wenn einem der Tabellenführer im Spitzenspiel schon die lästige Pflicht des Toreschießens abnimmt - was soll da noch schiefgehen?

Tanz mit dem Torschützen: Die Unterföhringer Atilla Arkadas und Uwe Schlottner (v.li.) bejubeln dessen Führungstor. (Foto: Claus Schunk)

"Da war auch Glück dabei", stellt Schlottner richtigerweise fest. Nur scheint es das Glück in den vergangenen Wochen erstaunlich oft gut mit dem FCU zu meinen. Trainer Andreas Pummer warnte immer wieder, dass es irgendwann "überstrapaziert" sei. Am Samstagnachmittag war davon noch nichts zu sehen, im Gegenteil.

Beim 1:0 segelte Torhüter Hofmann an einem langen Ball vorbei, Schlottner verlängerte ins Tor (30.). Das 2:0 erledigten die Pullacher selbst. "Das passiert ihnen ein einziges Mal in der ganzen Saison", glaubt Schlottner. Der Anschlusstreffer fiel dann so spät in der Nachspielzeit, dass Pullach nach Wiederanpfiff den Ball kein einziges Mal berühren durfte. Zwischenzeitlich hatte der SV Pfosten, Latte und diverse Male Unterföhrings Torhüter Sebastian Fritz getroffen. Am Ende, fand Pummer, führte eine Kombination aus "Geschick und etwas Glück" zum Erfolg.

Andererseits lässt sich über Glück im Fußball ja herrlich streiten. Manche behaupten, es existiere nicht. Andere glauben, Glück und Pech halten sich im Laufe einer langen Saison die Waage. Frank Schmöller, Trainer des SV Pullach, vertritt hingegen diese These: "Glück muss man sich erarbeiten." Und weil sein Team vor allem in der ersten Halbzeit - "das war Altherrenfußball" - zu wenig investiert habe, dürfe man sich nicht über fehlendes Glück oder vorhandenes Pech beschweren.

Pullachs Torwart-Routinier Michael Hofmann hadert derweil mit dem Ergebnis - der SVP liegt nun nur noch einen Punkt vorn. (Foto: Claus Schunk)

Eines steht fest: Die Partie spiegelt die Entwicklung in den vergangenen Wochen recht treffend wider. Auf der einen Seite Unterföhring, das nicht immer schön, aber sehr erfolgreich spielt. Die Föhringer glauben fest daran, dass sich eine Partie schon zu den eigenen Gunsten neigt. Was sie auch meistens tut. Die Pummer-Elf hatte am Samstag nicht öfter aufs Tor geschossen als der Gegner und sich auch nicht die besseren Chancen herauskombiniert. Aber die Gäste haben eben keine gravierenden Schnitzer produziert und ihre wenigen Möglichkeiten genutzt.

Pullach hingegen konnte seit der Winterpause nur zwei von fünf Spielen gewinnen. Man ist drauf und dran, den einst beeindruckenden Vorsprung zu verspielen. Wie schon in den vergangenen beiden Jahren. "Ein drittes Mal würde mich ankotzen", sagt Schmöller. Ihm missfällt seit geraumer Zeit die Einstellung einiger Spieler: "Die Jungs müssen sich hinterfragen, für was wir uns hier treffen. Es ist Fußball und nicht, um irgendwelche Statements abzugeben. Das passiert mir zu häufig", schimpft Schmöller. "Die Jungs haben zu rennen, zu ackern - die Statements gebe ich ab." Dieses Kommando dürfte keiner überhört haben.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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