Poolbillard:Im Schatten verwelkt

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Während Dachau die dritte deutsche Meisterschaft in Serie feiert, zieht Nachbar Fürstenfeldbruck sein Team zurück. Vom Verband fühlt sich der Klub im Stich gelassen.

Von Ralf Tögel, Dachau/Fürstenfeldbruck

In einem Biergarten haben sie die deutsche Meisterschaft begossen, erzählt Andreas Huber, was schon mal nahelegt, dass es sich um keine der populären Ballsportarten handeln kann. Gleichwohl geht es um einen Verein, der in seinem Sport gerne mit dem FC Bayern München verglichen wird - immerhin wurde ein Teil des Biergartens für den Champion abgesperrt. So konnten die Spieler mit Vorstand, engen Fans und Freunden in Ruhe feiern. Die Poolbillard-Mannschaft des BSV Dachau wurde am vergangenen Sonntag deutscher Meister, es war der dritte Titel in Serie, der die herausragende Stellung des Klubs unterstreicht.

Gratulationen kamen auch vom Nachbarn aus Fürstenfeldbruck. Der dort ansässige BSV Playhouse schloss die Spielzeit als Tabellenfünfter ab, er blieb damit hinter den Erwartungen zurück. Denn auch die Brucker haben eine stark besetzte Mannschaft, viel Tradition und hohe Ambitionen, doch all das hat nicht gereicht, um den Klub in eine weitere Saison zu führen. Der BSV wird nach insgesamt zehn Jahren Erstklassigkeit zurückziehen, der Bundesligist Fürstenfeldbruck ist bis auf Weiteres Geschichte. "Das macht uns sehr traurig", sagt Mannschaftsführer Roman Hybler, der mit Urgestein Harald Stolka, dem Kroaten Philipp Stojanovic, dem Schweizer Dimitri Jungo und Rückkehrer Christoph Reintjes ein Topteam geformt hatte. Allesamt Spitzenspieler, in einer Sportart aber, die trotz aller Bemühungen ein Schattendasein fristet. Vor allem in Bruck und Dachau war man eifrig, Poolbillard wenigstens ein bisschen nach vorne zu bringen.

Lange Gesichter in Fürstenfeldbruck (v. l.) : Mannschaftsführer Roman Hybler, Dimitri Jungo, Christoph Reintjes, Harald Stolka und Philipp Stojanovic müssen sich nach dem Rückzug aus der Bundesliga neu orientieren. (Foto: Günther Reger)

Dachau hatte das Derby als "Spiel der Spiele" vermarktet, es gab einen eigenen riesigen Pokal für den Derby-Sieger und oft mehr als 300 Zuschauer. Die Brucker hatten eine Arena gebaut, einen Vorraum mit einem Tisch und Platz für etwa 70 Zuschauer, so erzählt der erste Vorsitzende Stefan Klein. Dort wurden die Heimspiele vermarktet und per Stream übertragen. Ein paar Sponsoren hatte das gebracht, doch in dieser Saison ging das nicht mehr. Die Deutsche Billardunion (DBU) hatte die Rechte veräußert, fortan blieben die Bildschirme schwarz. Vom neuen Rechteinhaber kam nichts, erzählt Klein, die DBU habe vermitteln wollen, "aber jetzt ist die Saison vorbei und nichts ist passiert".

"Dummheit hat in diesem Sport Methode." Damit meint Dachaus Präsident Huber den Verband

Auf den Verband sind die Brucker nicht gut zu sprechen, "wir wurden nur blockiert", sagt Klein, zudem seien Anforderungen und Kosten stetig gewachsen, die Zuschauerzahlen gesunken. Als dann auch noch der Hauptsponsor die Unterstützung einstellte, sah man sich zu der "schwierigen Entscheidung" gezwungen, so Klein.

Auch Hybler findet, dass von der DBU "nichts Positives" zurückkommt, zumal sich der Verband gerne mit der "stärksten Liga der Welt" schmücke. Nicht einmal einen Pokal gebe es, geschweige denn Preisgeld. "In Österreich haben sie einen riesen Henkelpott und eine Geldprämie", vergleicht Hybler, er frage sich schon manchmal, wo das ganze Geld im Verband hinfließe. "Vielleicht brauchen wir wie in England eine Profivereinigung", sagt der tschechische Nationalspieler, der dem Klub vorerst treu bleibt. Was er vom Rest der Mannschaft nicht sagen könne, jeder Spieler müsse nun für sich Angebote sondieren.

Roman Hybler, tschechischer Nationalspieler, will dem BSV Playhouse aus Fürstenfeldbruck vorerst treu bleiben. (Foto: Günther Reger)

Dass der ein oder andere bei der benachbarten Konkurrenz auftaucht, ist eher unwahrscheinlich, denn Dachau hat den besten Kader der Liga, der zu 99 Prozent so zusammenbleibt, wie Präsident Andreas Huber prophezeit. Der Spanier David Alcaide, die Österreicher Mario He und Albin Ouschan, zwischenzeitlich die Nummer eins der Welt, der legendäre Ralf Souquet sowie Manuel Ederer suchen ihresgleichen in der Liga. Zudem gehört der Bosnier Sanjin Pehlivanovic zum Kader, doch das Supertalent war nicht oft am Tisch zu sehen. Was an einer Ausländerregel liegt, die nach Hubers Verständnis eine Klage nicht überstehen würde. Der Verband gestattet zwei EU-Ausländer, das widerspreche der freien Arbeitsplatzwahl, sagt Huber. Allein deshalb steht er mit der DBU auf Kriegsfuß, das nicht vorhandene Marketing und der steigende Termindruck - alle Topspieler verdienen ihr Geld auf internationalen Turnieren - tue sein Übriges. Der Verband jedenfalls nehme darauf keinerlei Rücksicht, was Huber besonders missfällt: "Dummheit hat Methode in unserem Sport."

Auch der Ausstieg der Brucker gefällt ihm nicht, allein schon wegen des Derbys. Vielleicht werde Straubing einspringen, das sei aber noch ein Gedankenspiel. Vorerst muss noch ein Termin für die offizielle Feier gefunden werden. Eines der kleineren Probleme im deutschen Billardsport.

© SZ vom 04.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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