Pferdesport:Krümel zum Kaffee

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Strahlende Sonne, wehende Fahnen, fliegende Mähnen: In Riem – hier eine Szene vom Aufgalopp im Mai – ist am Sonntag Feiertag. (Foto: Claus Schunk)

20 000 Besucher erwartet der Münchener Rennverein zum Großen Dallmayr Preis am Sonntag auf der Galopprennbahn in Riem. Vorjahressieger Iquitos zählt erneut zu den Favoriten, doch die Konkurrenz ist stark.

Von Nico Horn, München

Dass die Körperlänge eines Menschen nichts über seine Größe aussagt, ist eine Binsenweisheit und gilt sogar im Sport. Philipp Lahm etwa hat sich trotz seiner lediglich 170 Höhenzentimeter zum prägendsten deutschen Fußballer der vergangenen Jahre gestreckt. Und Fabian Hambüchen (1,63 Meter) ist gar der erfolgreichste Turner, den die Bundesrepublik je hervorgebracht hat.

Noch um gut sieben Zentimeter unterboten wird Hambüchen von Iquitos. Doch der von Hans-Jürgen Gröschel trainierte Hengst mit gerade einmal 1,56 Meter Stockmaß beweist bereits seit Jahren, dass obiger Merksatz nicht nur auf Turner und Fußballer, sondern auch auf Rennpferde angewendet werden kann. Trotz seines außergewöhnlich geringen Stockmaßes zählt der "Galopper des Jahres" 2016 mit dem schottischen Jockey Eddy Hardouin auch für den Großen Dallmayr Preis am Sonntag (16.45 Uhr) auf der Galopprennbahn in Riem zu den Favoriten. Das Bayerische Zuchtrennen ist der Höhepunkt des wichtigsten Renntages in Riem mit bis zu neun Wettläufen (Beginn 13.30 Uhr).

Mit sechs Jahren hat Iquitos für ein Rennpferd bereits ein gehobenes Alter erreicht. Seine Starts wählt Gröschel deshalb mit Bedacht aus. "Er muss mit den Kräften haushalten, gerade bei seiner Größe", sagt sein Trainer. Doch nach München kämen sie gerne. Vor einem Jahr holte sich Iquitos als kleinster Galopper im Feld überlegen den Großen Dallmayr Preis. "Die kurze Renndistanz von 2000 Metern und die Linksbahn liegen ihm einfach", erklärt Gröschel die Erfolge von "Krümel", wie er sein bestes Pferd nennt, in Riem.

Auch diesmal ist er optimistisch, was die Chancen seines Vorjahressiegers angeht. Doch die Konkurrenz bei dem mit 155 000 Euro dotierten Gruppe-1-Rennen ist groß und prominent.

In Riem, fünfte von elf Stationen der Champions League, findet im November auch das Finale statt

So bringt Colomano Platz zwei vom Großen Hansa Preis in Hamburg als Empfehlung mit. Trainiert wird Colomano von Markus Klug, dem momentan erfolgreichsten Trainer Deutschlands: Beim Deutschen Derby, dem wichtigsten nationalen Rennen, belegten Anfang Juli gleich zwei seiner Pferde die ersten Plätze. Ein heißer Tipp unter den zehn angekündigten Startern ist aber auch Benbatl, eines der edlen Rösser aus dem Rennstall von Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, Herrscher des Emirats Dubai. Im März gewann Benbatl in der Heimat seines Besitzers das millionenschwere Dubai Turf. Außenseiterchancen haben die von Sarah Steinberg in München trainierten Wai Key Star und Clearly.

Horst Lappe, Generalsekretär des Münchener Rennvereins, freut sich selbstverständlich über das hochklassige Starterfeld. "Jetzt habe ich nur noch Angst, dass es zu heiß wird", sagt er mit Blick auf die angekündigten Temperaturen. Sowohl für Pferde, Trainer als auch Zuschauer könnten diese zur Belastung werden. Spielt das Wetter mit, rechnet Lappe mit bis zu 20 000 Zuschauern.

Für zusätzliche Spannung sorgt die German Racing Champions League, in der über insgesamt elf Rennen ein Gesamtsieger ermittelt wird. 2016 gewann Iquitos die Premiere dieses noch recht jungen Wettbewerbs. Der Dallmayr Preis ist in diesem Jahr die fünfte der elf Stationen. "Das bringt noch mehr Charme", sagt Lappe über die namentlich an den Fußball angelehnte Rennserie. Im November kehrt die Königsklasse der Pferde noch einmal für ihr Finale nach München zurück - der Große Preis von Bayern ist dann der zweite Höhepunkt im Rennkalender der Galopprennbahn in Riem.

Bisher ist Lappe mit der Saison sehr zufrieden, 31 Prozent mehr Zuschauer als noch im Vorjahr habe man dem Generalsekretär zufolge. Zum Teil liegt das an den fast durchweg guten Wetterbedingungen. Lappe betont aber auch: "Wir haben ein Produkt, das für Jung und Alt interessant ist." Mit einem Zwinkern erklärt er die Formel für attraktiven Rennsport am Rande Münchens: "Wir brauchen gutes Wetter, eine gut funktionierende Gastronomie - und saubere Toiletten."

Bereichert wird die Küche an der Rennbahn am Sonntag durch den Hauptsponsor, der mit kostenlosem Kaffeeausschank mal wieder zur "größten Kaffeeparty der Welt" ruft. Ist für die Reinheit der sanitären Anlagen gesorgt, fehlt also nur noch die Unterstützung von oben.

Zudem ist das Bayerische Zuchtrennen eine der letzten Gelegenheiten, Iquitos, den als Wunderpferd bezeichneten Hengst von Hans-Jürgen Gröschel, in Riem live zu erleben. Nach dieser Saison soll Iquitos' zweite Karriere als Zuchthengst beginnen - falls ihm diese nicht doch wegen seiner bescheidenen Größe verwehrt bleibt. "Er ist eben absolut klein", sagt Gröschel über seinen Krümel. "Aber er hat ein Herz wie ein Löwe und schon bewiesen, dass er schnell laufen kann." In Riem weiß man das spätestens seit dem vergangenen Jahr.

© SZ vom 27.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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