Start nach Relegation:Binnen Sekunden befördert

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Als Fußballprofi hat sich Ömer Kanca nie ganz durchgesetzt. Seine Erfahrung soll ihm nun als Pipinsrieder Trainer helfen

Von Christoph Leischwitz, Pipinsried

Vieles ist ziemlich schnell abgelaufen in der Karriere des Ömer Kanca, Fußballprofi zum Beispiel war er schon mit 18. Doch sein Aufstieg zum Trainer innerhalb weniger Sekunden, das toppt alles. Konrad Höß hat Ömer Kanca einfach gefragt. Kanca sagte zu, ohne nachzudenken. "Er ist ja ein Ruhiger, aber sehr selbstbewusst. Er hat gesagt, er traut sich das zu. Das hat mir imponiert", sagt der Präsident des FC Pipinsried. Er ist davon überzeugt, einen guten Fang gemacht zu haben. Vor allem war es mal ein überraschender Fang.

Beim Bayernligisten war es in der vergangenen Rückrunde drunter und drüber gegangen. Das Team war am Aufstiegskampf zerbrochen, schon vor der Relegation hatten mehrere wichtige Spieler ihren Weggang angekündigt. Unmittelbar nach der verlorenen Relegation gegen den VfR Garching trat dann Spielertrainer Tobias Strobl zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte Kanca bereits mit Höß Kontakt aufgenommen, er hatte sich als Spieler angeboten. Einen Tag nach Strobls Rücktritt gab es ein weiteres Treffen, und Höß hatte seine Hausaufgaben gemacht: Er wusste, dass Kanca eines Tages Trainer werden wollte.

Maximilian Zischler hat mit Pipinsried die Regionalliga verpasst. Weil er nach Eichstätt wechselt, will FC-Präsident Konrad Höß "vor Gericht gehen". (Foto: Claus Schunk)

Vor drei Jahren ist Kanca vorübergehend aus der Fußballszene verschwunden, nachdem sein Profivertrag beim damaligen Drittligisten SpVgg Unterhaching ausgelaufen war. Er holte in dieser Zeit seine Ausbildung zum Bürokaufmann nach, die er bis dahin hintangestellt hatte. Nach einer Zwischenstation beim Landesligisten Türkgücü-Ataspor taucht er nun also im Dachauer Hinterland wieder auf - und wird gleich Spielertrainer. Viel vorzuweisen hat er diesbezüglich nicht. Kanca ist im Besitz der C-Lizenz, die er mit 18 Jahren gemacht hat. Bei Ataspor, von wo er in Fahrettin Izci noch einen Offensivspieler mit nach Pipinsried bringt, habe er mehrmals das Training geleitet, erzählt er. Ansonsten habe er sich eben vieles abgeschaut. "Ich habe eine Saisonvorbereitung bei Klaus Augenthaler und bei Heiko Herrlich mitgemacht." Er glaubt, dass diese Erfahrungen ihm viel helfen werden. "Ich habe ja schon Höhen und Tiefen erlebt." Allerdings hat Kanca sich als Profi nie wirklich durchgesetzt. Unter Augenthaler spielte er selten, unter Herrlich war er zumeist Auswechselspieler. Seinen bisherigen Karriere-Höhepunkt erlebte er im Oktober 2011, als er in der 86. Minute das 1:0-Siegtor für Unterhaching gegen Darmstadt 98 erzielte - keine 20 Sekunden nach seiner Einwechslung.

Höß wollte schnell Ruhe und Stabilität herstellen. Er mag selbstbewusste Spielertrainer, Erfahrung dürfen sie unter ihm genug sammeln. Doch es ist nicht so, dass Pipinsrieds Präsident einfach den besten Spieler des Kaders zum Chef macht, Kanca ist in seinen Augen keine Notlösung. "Es haben viele andere angerufen", sagt er, bei Kanca habe er seine "ganze Bauernschläue zusammengenommen". Die Hierarchien, zumindest innerhalb der Mannschaft, werden flach sein, das soll dem jungen Trainer zugutekommen. Viele erfahrene Spieler sind nicht mehr da. Es geht um einen Neuaufbau um den neuen Torwart Kevin Maschke, einen 28-Jährigen mit Regionalliga-Erfahrung, um Kapitän Martin Finkenzeller und eben Kanca. An diesem Donnerstag beginnt die Saisonvorbereitung.

Für Unterhaching findet Ömer Kanca, 25, sich "schon ein bisschen alt". Immerhin hat er dort von Klaus Augenthaler und Heiko Herrlich gelernt. (Foto: Claus Schunk)

Es gehe erst einmal um nichts anderes als den Klassenerhalt, sagt Höß, dessen anfänglicher Zorn auf den geschiedenen Spielertrainer Strobl offenbar nachgelassen hat. Sauer ist er allerdings noch auf Maximilian Zischler, der kurzfristig nach Eichstätt wechselte. "Da werde ich vor Gericht gehen", droht Höß.

Jeder hat so seinen Ehrgeiz. Das Ziel Klassenerhalt akzeptiert Kanca zwar. "Aber ich kann nicht gut verlieren, nicht einmal im Training. Ich will so viele Spiele wie möglich gewinnen." Und warum in Pipinsried? Bei seinem ehemaligen Verein Unterhaching etwa könnte er nun tatsächlich in der Regionalliga spielen. "Ich wohne in Allach, ich bin genauso schnell in Pipinsried", sagt Kanca. Außerdem setze Unterhaching ja nur noch auf junge Talente. Und mit seinen 25 Jahren sei er "schon ein bisschen alt".

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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