Nachwuchswettbewerb  der SZ:Pep und Passion

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Egal ob Einradfahrer, Tänzer, Leichtathleten, Fußballer oder Biathletin: Beim Talentiade-Fest zeigt sich, mit welcher Hingabe die ausgezeichneten jungen Sportler ihrem Hobby nachgehen.

Von Sebastian Leisgang

Korbinian Holzer erzählte die Geschichte aus seiner Kindergartenzeit mit einiger Verve: wie er einmal nach Hause gekommen sei zu seinem Vater und diesen davon unterrichtet habe, er sei nun Fan des FC Bayern. Es ist nicht so, dass Holzer senior nun außer sich gewesen wäre. Er nahm es mit der Souveränität des Familienoberhauptes zur Kenntnis - und entgegnete kühl: "Das glaub' ich nicht." Sein Vater, verriet Holzer, sei halt ein Sechzger gewesen wie schon der Opa. Und das, sagte Holzer fast entschuldigend, habe sich dann auch bei ihm eingebrannt.

Für dieses Geständnis erntete Holzer aus dem Auditorium Beifall, der in Anbetracht der gegenwärtigen Gemengelage beim TSV 1860 München eher wie Beistand anmutete. Vielleicht aber auch ein wenig wie eine Respektbekundung für seine eiserne Leidensfähigkeit. Er hat es momentan ja nicht leicht, der 1860-Fan Holzer, mit dem Fußballklub seines Herzens, der in der viertklassigen Regionalliga einen Neuanfang wagen muss.

Holzer, 29, stammt aus Gelting, einem Ortsteil von Geretsried. Er ist Eishockey-Profi bei den Anaheim Ducks in den USA. Am Donnerstagabend war er als einer von drei Paten bei der Preisverleihung der SZ-Talentiade zugegen, die neun außerordentliche Talente und zwei Mannschaften aus der Region auszeichneten. Diese wurden - bereits zum neunten Mal seit 2001 - aus mehr als 100 Vorschlägen ausgewählt von der Jury: Horst Sigl vom Bayerischen Landessportverband, Bernhard Slawinski vom Bayerischen Fußballverband und Arno Hartung, Geschäftsführer der Dr.-Ludwig-Koch-Stiftung.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Weltmeisterliche Kür: Die vier Schwestern Lea, Sophie, Saskia und Linda Unz begeisterten die Gäste mit ihrer Einrad-Vorführung im Foyer der SZ.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Man muss auch die beachten, die nicht im Mittelpunkt stehen, findet Matthias Sammer. Entsprechend fasziniert zeigte sich der Europameister von 1996 von den Preisträgern und ihren Geschichten.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Musik, feines Essen und gute Gespräche: Die knapp 200 Gäste feierten nach der Preisverleihung im Hochhaus der SZ.

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(Foto: Stephan Rumpf)

"Nichts gefallen lassen": Der Tipp von NHL-Profi Korbinian Holzer für Eishockeyspielerin Tabea Botthof, die in die USA geht.

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(Foto: Johannes Simon)

Als Vierjährige hat sich Cornelia Rips das Schwimmen selbst beigebracht. Heute ist sie 15 und deutsche Juniorenmeisterin.

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(Foto: Stephan Rumpf)

WNBL-Finale knapp verloren, einen Förderpreis gewonnen: die Bundesliga-Basketballerinnen der TS Jahn München.

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(Foto: Johannes Simon)

Wirbelwind im Festsaal: Die Junioren-Weltmeister Theresa Sommerkamp und Elian Preuhs zeigten, was sie seit ihrem ersten Auftritt mit sieben Jahren gelernt haben.

Was an diesem Mittwochabend im Gebäude des Süddeutschen Verlags besonders deutlich wurde: mit welchem Pep, mit welcher Hingabe die Talente bei der Sache sind. Oder kurzum: dass die Preisträger für ihren Sport leben. Patin Monika Retschy, deutsche Meisterin im Bouldern, hat der Liebe zum Sport sogar eine mögliche Karriere als Profi geopfert. Sie habe sich bewusst dagegen entschieden, Klettern zu ihrem Beruf zu machen. "Ich habe befürchtet, dass die Leidenschaft verloren geht", erklärte Retschy: "Ich will klettern, weil ich Lust dazu habe - nicht, weil ich es muss."

Trotz sämtlicher Erfolge, welche die Talente bereits errungen haben, verkörperten alle diese Einstellung. Auch die vier Schwestern Lea, Sophie, Saskia und Linda Unz, die nach der Ehrung mit einem schwungvollen Einrad-Auftritt im Foyer der SZ begeisterten. Fußball-Europameister Matthias Sammer, neben Retschy und Eishockey-Profi Holzer einer von drei Ehrengästen, nötigte die Show ein Geständnis ab: "Ich fahre momentan gerne Fahrrad. Aber ich in schon froh, wenn ich mich auf zwei Rädern halten kann."

Besonders angetan hatte es Sammer das Boogie-Woogie-Tanzpaar Elian Preuhs und Theresa Sommerkamp, das schon während der Preisverleihung eine mitreißende Choreografie zeigte. Anschließend plauderte Sammer noch angeregt mit den beiden. Dabei fiel aus Sammers Mund das Wort Katastrophe - womöglich eine Zusammenfassung seiner allenfalls rudimentären Tanzkünste? Preuhs bejahte hinterher: "Er hat mir verraten, dass er nie tanzen konnte und mich und Theresa deshalb bewundert. Ich habe ihm dann geantwortet, dass ich es mal mit Fußball versucht habe, das aber auch nicht gerade fantastisch war. Da musste er lachen."

Sammer sei nett gewesen, sehr bodenständig, sagte Preuhs. In gewisser Weise kam ihm die Unterredung aber auch unwirklich vor. Kurz zuvor hatte er den früheren Fußballprofi und Sportvorstand des FC Bayern München noch im Fernsehen gesehen. Als er dann den Saal der Preisverleihung betrat und auf einem Stuhl in der ersten Reihe das Namensschild mit der Aufschrift Matthias Sammer entdeckte, habe er nur ungläubig gefragt: "Ist das der echte Sammer?" Eine Reaktion, die jener der "Sturmkicker" glich, als die Inklusionsfußballmannschaft ihren Sonderpreis aus den Händen Sammers auf der Bühne entgegennahm: "Der Sammer?" Ja, es war der echte Matthias Sammer.

Die Tanzkünste von Sammer? "Eine Katastrophe", sagt er selbst zu Talent Elian Preuhs

"Ich bin dankbar, dass ich hier sein darf", hatte dieser zuvor noch gesagt. Vor einem Jahr war Sammer als Sportvorstand des FC Bayern zurückgetreten - aus freien Stücken, wie er noch mal betonte. "Ich wollte mein Leben reflektieren", erklärte er. Zum Glück, so Sammer, habe er in diesem Zuge erkannt, dass ihm all das Geld, das er im Laufe seines Lebens mit dem Fußball verdient habe, zwar ein Rentnerdasein mit einigen Vorzügen beschert habe; dass es im Leben aber Dinge von höherer Bedeutung gebe.

"Ein schöneres Schlusswort", musste Moderator Johannes Schnitzler eingestehen, "hätte ich auch nicht auf Lager gehabt."

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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