Münchner SC:Pathos statt Pokal

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„Da hatten wir die nächsten Dinger auf der Pfanne“: Maternus Burgmer (rechts) traf vor 2500 Zuschauern in Mülheim zum 2:2-Ausgleich gegen den Hamburger Club an der Alster. Danach aber versäumten die Münchner es, ihre zahlreichen Chancen zu nutzen. (Foto: Barbara Förster)

Der MSC scheitert im Halbfinale um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft knapp. Allein das Erlebnis wird aber als Erfolg in die Klubgeschichte eingehen.

Von Katrin Freiburghaus, München

Es gibt im Sport Niederlagen, an denen Mannschaften zerbrechen; und es gibt Niederlagen, die den Beginn von Erfolgsgeschichten markieren. Wenn es nach den Verantwortlichen des Münchner Sportclubs geht, soll das 3:4 (0:1) gegen den Hamburger Club an der Alster im Halbfinale um die deutsche Hallenhockey-Meisterschaft in Mülheim an der Ruhr als Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Ära in die Geschichte des MSC eingehen. "Was der Klub hier abgeliefert hat, war ganz große Werbung für unseren Sport und unsere Mannschaft", sagte Trainer Patrick Fritsche. Und ergänzte mit angemessenem Pathos: "Man soll, darf und muss das MSC-Trikot in den kommenden Monaten und Jahren mit ganz breiter Brust tragen."

Die MSC-Männer waren mit mehr als 200 Fans zur ersten Teilnahme an einer deutschen Endrunde seit dem Titelgewinn 2006 nach Mülheim angereist. Die Mannschaft hatte vom Countdown zum Turnier Videos und Instagram-Storys geteilt. Vom Fußballspielen in der Bahnhofsunterführung bis zur Enthüllung der Rezeptgeheimnisse fürs Frühstück vor einem Uni-Tag machten die Münchner alles miterlebbar - die Vorfreude auf das Wochenende kannte kaum Grenzen. Trainer Fritsche war es recht, war es doch genau diese unbekümmerte Begeisterung gewesen, die das Team nach den ersten gelungenen Spielen in der Halle von einem Abstiegskandidaten zum Anwärter auf den Gruppensieg in der Südstaffel gemacht und es letztlich bis ins Viertelfinale getragen hatte.

In Berlin hatte der MSC den favorisierten HC dann völlig überrumpelt, so dass es keinen Anlass gab, an der Herangehensweise zu rütteln. "Wir müssen die Euphorie-Kicks der vergangenen Wochen nutzen", hatte Fritsche gesagt. "Ich musste die Jungs während der Trainingswoche immer mal einfangen, damit sie nicht zu Fuß nach Mülheim gehen." Trotzdem startete der MSC am Samstag keinesfalls kopflos in die Partie gegen den Ersten der Nord-Staffel, sondern konzentrierte sich wie schon in Berlin auf die Verteidigung und lauerte auf Fehler des Gegners. Auch die frühe Führung der Hamburger (3.) konnte diese Taktik nicht erschüttern.

Der MSC startet nervös: "Das war ein bisschen wie im Bällebad bei Ikea", sagt Trainer Fritsche

Nach vorne spielte der MSC allerdings zu wenig strukturiert und kreierte kaum gefährliche Szenen. "Ganz viele Jungs haben zum ersten Mal ein Final-Four gespielt, das hat man uns die ersten Minuten schon angemerkt, es war ein bisschen wie im Bällebad bei Ikea", sagte Fritsche. Dann aber übertrug sich die Stimmung der MSC-Anhänger unter den 2500 Zuschauern allmählich auf die Spieler. "Das war der Energiespender, der uns in dieses Spiel reingebracht hat", sagte der Trainer.

In der Halbzeitpause feierten die Fans Nikolai Duda - neben Felix Greffenius der einzige im Team, der mit dem MSC bereits eine Endrunde gespielt hatte - der am Samstag 39 Jahre alt wurde. Für die beiden vom Feldhockey bereits zurückgetretenen Routiniers war es ein mehr als würdiger Rahmen, um womöglich auch in der Halle Abschied vom Leistungssport zu nehmen. Das lag an den Fans, vor allem aber an der starken spielerischen Vorstellung des MSC in der zweiten Halbzeit. Die Mannschaft verfiel auch nach dem zweiten Gegentor (34.) nicht in Hektik, sondern lauerte weiter, setzte nach der Balleroberung nun aber deutlich konsequenter nach. So trafen Henry Förster (39.) und Maternus Burgmer (41.) mit einem wunderschönen Tor von der Kreislinie zum verdienten Ausgleich.

Zu diesem Zeitpunkt erinnerte der Spielverlauf stark an das Viertelfinale in Berlin eine Woche zuvor. Der Club an der Alster erwies sich allerdings als widerstandsfähiger. Zudem verwertete der MSC weder seine Strafecken noch beste Einschussmöglichkeiten aus dem Spiel heraus. Und so kippte die Partie ausgerechnet in den starken Minuten nach dem Ausgleich auf die Seite der Hamburger, "weil wir da die nächsten Dinger auf der Pfanne hatten, es aber nicht geschafft haben, davonzuziehen", wie Fritsche analysierte.

Der Gegner hatte Zeit, sich zu sortieren, und bot mit Beginn der Schlussviertelstunde kaum noch Angriffsfläche. In der 55. und 58. Minute ging Alster dann vorentscheidend in Führung. Duda gelang in der Schlussminute mit der ersten verwandelten Strafecke (von fünf) lediglich noch das 3:4. Ein wenig trösten konnten sich die Münchner damit, dass sie gegen den deutschen Meister verloren hatten, der sich am Sonntag mit einem 6:4 gegen den TSV Mannheim den Titel sicherte.

"Es dauert vielleicht noch ein bisschen, aber dann werden wir mit Stolz auf die vergangenen Wochen und dieses hochklassige Spiel zurückblicken", sagte Fritsche. "Das war ein Erlebnis, von dem wir noch ganz lange zehren können." Ende April beginnt - in der zweiten Liga - die Rückrunde auf dem Feld, wo dem MSC im Herbst nach starkem Beginn die Puste ausgegangen war. Bei noch neun Spielen fehlen sieben Punkte zum Aufstiegsplatz. Vor der Hallensaison klang das für die junge Mannschaft noch ziemlich aussichtslos. Mit den jüngsten Erfahrungen im Gepäck ist es womöglich eine Herausforderung.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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