Münchner Freeski-Talente:Familienbetrieb

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Die Zwillinge Luca und Matteo Schmalschläger wollen Freeski-Profis werden. Vom Verband gibt es kaum Unterstützung, deshalb setzen sie auf Teamwork

Von Ralf Tögel, München

Nein, bei diesen Zwillingen gibt es selten Probleme, sie auseinanderzuhalten. Höchstens dann, wenn sie auf ihren Skiern über riesige Schanzen brettern und irrwitzige Figuren springen. Auch kein Problem, Matteo und Luca Schmalschläger aus Schwabing haben nie die gleichen Klamotten an. Wenn man sie nebeneinander stehen sieht, muss man erst mal auf die Idee kommen, dass es Zwillinge sind: Luca ist einen Kopf größer und hat braunes Haar, Matteo ist blond. Das Geheimnis ist schnell gelüftet: "Es sind zweieiige Zwillinge", sagt ihre Mutter Sabine.

Dass die 14-Jährigen dennoch ein außergewöhnlich homogenes Team sind, beweisen sie unter anderem bei ihrem Hobby, ihrer großen Leidenschaft: dem Freeski-Slopestyle. Eigentlich waren die Zwillinge anfangs auf den alpinen Pisten unterwegs, erhielten im Land des Herminators eine klassische Ausbildung. "Wir haben ganzjährig einen Bauernhof in Brixen im Thale gemietet", erzählt die Mama, einem kleinen Ort elf Kilometer westlich von Kitzbühel. Was lag näher, als die beiden Jungs in die Obhut des örtlichen Skiklubs zu geben. Fortschritte stellten sich schnell ein, bis vor zwei Jahren wechselten sich die beiden regelmäßig als Klubmeister ab. Das Interesse für das Fahren abseits der alpinen Pisten wuchs aber stetig: "Am Anfang sind wir Rennen gefahren, aber irgendwann wurde das langweilig", erzählt Matteo. Immer öfter habe er dann auf die diversen Funparks in den Skigebieten geschielt. "Irgendwann haben wir angefangen, dort rumzufahren", ergänzt Luca, "da war man nicht so gebunden mit täglichem Training, das war entspannter, freier." Und es war "schon richtig cool", über die Hindernisse zu springen, sagt Matteo. Irgendwann nahmen sie sich einen Trainer, "der uns die Standards beibrachte", erzählt Matteo. Längst hatten sie ihren Sport gefunden.

Vielleicht lag es in den Genen. Natürlich sind die Eltern Skifahrer, aber die Mama hatte diese ganz besondere Vorbildung: "Ich bin früher Trickski gefahren", sagt Sabine Schmalschläger. Natürlich sei sie damit jetzt "die Lachplatte meiner Söhne", denn zu ihrer Zeit gab es keine Funparks: "Man schlug Stocksaltos oder tanzte auf den Brettern Walzer." Damit können Matteo und Luca nicht mehr viel anfangen. Wenn man ihre Tricks betrachtet, dürfte manchem Walzer-Skitänzer die Luft wegbleiben.

Bis dahin war es indes ein harter Weg, die Unterstützung von Verbandsseite ist überschaubar. Nach den jüngsten Olympischen Winterspielen wurde die finanzielle Förderung für die Freestyler vom DSV nahezu komplett gestrichen. Für die Schmalschlägers ist das ohnehin kein Thema: Sowohl finanziell wie auch von der Trainingsorganisation sind die Münchner ein lupenreiner Familienbetrieb. Mit Erfolg: Matteo ist Zweiter der deutschen Meisterschaften, Luca musste verletzt passen - und sie werden rasant besser.

Mittlerweile trainieren die Zwillinge im Winter mit dem Inngauer Skiteam, sind Teil des Nachwuchsteams Freeski Germany, ihre akrobatischen Fähigkeiten schulen sie im Landesleistungszentrum der Turner in München, demnächst geht es auf die Wasserschanze nach Oberaudorf. Neben moderatem Krafttraining gehen die beiden zum Skaten in die Stadt und zum Surfen an den Eisbach, im August steht ein einwöchiges Training im Indoor-Snowdome in Bispingen an. Im Oktober geht es auf den Gletscher.

Sabine Schmalschläger erklärt einen exemplarischen Wintertrainingstag: "Ich hole die Jungs nach der Schule ab, sie ziehen sich im Auto um, dann fahre ich sie zum Bahnhof, von wo sie nach Prien fahren. Dort werden sie vom Inngauer Skibus abgeholt zum Training am Götschen. Abends um acht hole ich sie wieder vom Bahnhof ab." Meistens coachen sie sich gegenseitig, Teamwork ist die große Stärke der Zwillinge. Wichtig ist, das betonen die Söhne wie die Eltern, dass das Münchner St. Anna-Gymnasium mit großzügigen Freistellungen hilft. Die schulischen Leistungen passen, eine Grundvoraussetzung, wie Mutter Sabine betont. Denn das Ziel beider ist es, Profi zu werden. "Es wäre schon cool, mit Skifahren sein Geld zu verdienen", sagt Matteo. Lucas Traumberuf? "Freeski-Pro", klar. "Wir werden sie nach Kräften unterstützen", sagt die Mama - "aber nur mit Abitur."

Dafür tut das Familienunternehmen einiges. Auf der Ispo haben sie auf Eigeninitiative Sponsorengespräche geführt - und einen Unterstützer für die Ausrüstung gefunden. Das erleichtert viel. Peinlich sei es den Jungen schon gewesen, die Händler so einfach anzusprechen, erzählt Sabine Schmalschläger: "Aber es wäre ihnen noch peinlicher gewesen, wenn das die Mama macht."

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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