Pferdesport:Guiliani, der Löwe

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"Es ist ein Traum": Jockey Filip Minarik freut sich auf Guiliani über 100 000 Euro Siegprämie. (Foto: Claus Schunk)

Gutes Wetter, 15 000 Zuschauer und ein Überraschungssieger: Das bayerische Zuchtrennen in Riem hält den Erwartungen stand - und lässt die Veranstalter leise hoffen im Kampf um eine ausgeglichene Bilanz

Von Julian Galinski, München

Vier Pferde, nicht einmal eine ganze Länge Vorsprung. Guiliani, Ajalo, Wunder und Lucky Lion preschten am Sonntag wie ein Bündel aus stampfenden Muskeln über die Ziellinie des bayerischen Zuchtrennens. Das Raunen der vielen tausend Zuschauer auf den Tribünen in Riem war zu diesem Zeitpunkt schon zu stadiontauglichem Lärm angeschwollen. Am Ende war es dann der vierjährige Hengst Guiliani unter Filip Minarik, der die 100 000 Euro Siegprämie im wichtigsten Münchner Galopprennen des Jahres mitnahm.

"Er hat gekämpft wie ein Löwe", sagte Minarik, für den Tschechen ist der Sieg zudem ein echtes Qualitätssiegel für den Lebenslauf: "Es ist ein Traum, ich habe dieses Rennen noch nie gewonnen." Minarik und Guiliani waren im erweiterten Favoritenkreis ins Rennen gegangen - das schon vor dem Start einen Aufreger erlebte: Air Pilot, Gast aus England mit Siegchancen, hatte versucht, sich wenige Sekunden vor Rennbeginn aus seiner Startbox zu befreien. Der sechsjährige Wallach verkeilte sich erst, trat und strampelte, verletzte sich dabei oberflächlich und wurde in die Tierklinik transportiert.

Ein Indikator für einen gelungenen Saisonhöhepunkt in Riem ist neben einem ereignisreichen Gruppe-I-Rennen der europaweit höchsten Kategorie aber immer auch die Anzahl der Picknickdecken. Denn eine solche Unterlage, irgendwo auf dem Gras ausgebreitet, bedeutet fast immer, dass sich dort eine Familie oder vielleicht ein junges Pärchen niedergelassen hat. Das sind die bevorzugten Zuschauer des Münchener Rennvereins, solide 15 000 Besucher waren es insgesamt. Die zwielichtigen Gestalten, die früher noch mit Bündeln von Geldscheinen in der Hand um die Wettkassen geschlichen sind, gibt es sowieso nicht mehr. "Die Wettszene hat sich nach Hause ins Wohnzimmer verlagert", sagte Wolfgang Wille.

Wille ist Ehrenpräsident des Rennvereins, Geschäftsführer beim Sponsor und Münchner Kaffee-Unternehmen Dallmayr, der Renntag ist sowieso Familienangelegenheit. "Mein Vater hat ihn eingeführt, das war 1977, in dem Jahr, als er gestorben ist", sagte Wille. "Es gibt nicht annähernd einen Renntag in Deutschland, der derart lange von einem Sponsor begleitet wird." Einen Vertrag der beiden Partner gibt es nicht, aber auch ohne ein solches Dokument peilt Wille erst das 40., dann das 50. Jubiläum an.

Dass es Wille, seine Firma und ihre Treue gibt, ist erst einmal gut für den Münchner Galoppsport. Es zeigt aber auch, dass es Menschen mit besonders großer Pferdesport-Affinität und auch besonders großem Wohlstand braucht, um so eine Veranstaltung auf der Rennbahn tragen zu können. "Sponsoren zu finden ist kein leichtes Geschäft", weiß auch Wille. Und deshalb ist auch klar, dass dieser Renntag in seiner Größenordnung wohl einmalig im Kalender bleiben wird. "Es ist eine Ausnahmeveranstaltung", sagte Wille.

Für diesen Nachmittag durften der Rennverein und sein Präsidium dann wenigstens für ein paar Stunden den ständigen Kampf beiseite schieben, am Ende der Saison kein Defizit zu verbuchen. Vize Franz Prinz von Auersperg schüttelte mit andauerndem Grinsen die Hände der siegreichen Jockeys, Trainer und Besitzer, ließ seinen Blick über die vielen Zuschauer schweifen und stellte fest: "Da geht einem doch das Herz auf."

Vier weitere Renntage stehen noch aus, der nächste am 9. August. Keine Ausnahmeveranstaltungen mehr, sondern quasi das Tagesgeschäft des Rennvereins. Sie werden über den finanziellen Erfolg der Saison entscheiden. Der Tag des bayerischen Zuchtrennens hat seinen Beitrag für die Bilanz geleistet - erwartungsgemäß.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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