Luftgewehr-Bundesliga:Das Jahr nach dem Star

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Anstelle von Olympionikin Barbara Engleder wird beim "Bund" München in der neuen Saison die Gewehrschützin Lisa Haensch vorangehen. Ihr Klub will wieder das Finale erreichen. Zumindest der Auftakt klingt machbar.

Von Julian Ignatowitsch, München

An manchen Tagen fällt Lisa Haensch abends einfach nur müde ins Bett. 21.30 Uhr? "Ich habe schon fast geschlafen", sagt sie. Das kommt in letzter Zeit öfter vor. Die 27-jährige Schützin vom Bund München versucht aktuell drei Leidenschaften miteinander zu vereinbaren: Im Berufsleben arbeitet sie einerseits in der Pressestelle des Deutschen Schützenbundes und andererseits als selbständige Fotografin, dazu geht sie semiprofessionell dem Schießsport nach, unter anderem in der Bundesliga. Ganz ungewöhnlich ist das nicht, nur die besten Schützen können sich ganz dem Sport widmen und damit Geld verdienen. Selbst in der ersten Liga gibt es viele Hobbysportler.

Das Ungewöhnliche bei Haensch: Seit sie den Schießsport nur noch nebenher betreibt, ist sie so gut wie nie zuvor. Und in ihrer Münchner Mannschaft plötzlich die Nummer eins, die Führungsfigur. Ihr Punkteschnitt von 395 Ringen hat sich zuletzt sukzessive verbessert. "Vielleicht macht es die Erfahrung, das Selbstbewusstsein aus", überlegt sie und formuliert direkt ihr Ziel: "Natürlich soll mein Schnitt weiter steigen."

Im vergangenen Jahr war Olympiasiegerin Barbara Engleder die unumstrittene Anführerin beim Bund. "Der Star", wie Teammanager Simon Muschiol meint. Nach ihrer internationalen Karriere hat die extrovertierte Engleder nun auch ihre Bundesliga-Zeit beendet. "Mit Beruf, Kind und der Fahrerei war es ihr einfach zu viel", erklärt Muschiol. "Wir hätten sie gerne weiter dabei gehabt, aber so kommt jetzt eben eine neue Dynamik ins Team."

Lisa Haensch geht dabei voran. "In dieser Saison bauen wir auf Teamgeist und Ausgeglichenheit im Kader", sagt sie. Dass sie künftig fast nur gegen internationale Spitzenathleten, Welt- und Europameister antreten wird, beunruhigt sie nicht. "Ich will mich auf mich selber konzentrieren", sagt sie und schiebt lächelnd nach: "Die Wettkämpfe werden sowieso an den hinteren Positionen entschieden. An eins kann man immer mal verlieren." Bis an die Position fünf stellen die Münchner nur Schützen, die einen Schnitt über 390 Ringe schießen, Michaela Walo (392,18 Ringe), Denise Erber (390,6) und der Franzose Pierre-Edmond Piasecki (394,36), der schon seit mehreren Jahren zum Team gehört. Im 23-jährigen Korbinian Hofmann (393,07) hat der Verein außerdem einen Youngster von der SG Hangenham dazubekommen. Sie sind in dieser Saison ebenfalls noch mehr gefordert.

"Wir versuchen einmal in der Woche zusammen zu trainieren", sagt Haensch, die aus Mühldorf nach München pendelt. Sie selbst hat manchmal gar keine Zeit für eine weitere Einheit. "Dafür mache ich viel Mental- und Vorstellungstraining", erzählt sie. Alle Athleten kommen aus dem Umkreis und kennen sich bereits länger. Als Ziel gibt Trainer Norbert Ettner auch für das erste Jahr nach Engleder "das Finale der besten Acht" an. Dort scheiterte der Verein im Vorjahr im Viertelfinale am späteren Meister SB Freiheit aus Osterode.

Haensch geht noch weiter. "Ich will endlich mal den zweiten Finaltag, also das Halbfinale erreichen", sagt sie. Allerdings warnt Teammanager Muschiol vor der "ausgeglichenen Konkurrenz". Selbst Aufsteiger Titting (Sa., 17.30 Uhr) und Außenseiter Buch (So., 10 Uhr) zum Auftakt seien "gefährliche Gegner". Zum Favoritenkreis zählen eher andere, wie Fürth, Saltendorf oder Germania Prittlbach aus dem Münchner Norden. Prittlbach hat in den vergangenen drei Jahren immer das Finale erreicht. Die Mannschaft hat sich kaum verändert und stellt in Isabella Straub, die fünf Medaillen bei der Weltmeisterschaft im September errang, die derzeit formstärkste Schützin der Liga. Haensch freut sich auf das Duell mit Straub. "Eigentlich sind das zwei ganz verschiedene Welten", meint sie.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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