Linksaußen:Von der Kunst des Loswerdens

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Die aktuelle Relegation ist nicht nur spannend, sie hat auch etwas Unverständnis ausgelöst. Wegen kurioser Zusammenstellung so mancher Gruppe. Dabei könnte dieses Modell selbst manches Problem in Liga eins lösen.

Kolumne von Andreas Liebmann

Brasilianischer Lkw-Fahrer müsste man sein. Wenn deutsche Journalisten einen Tarifkonflikt austragen, was zurzeit ja der Fall ist, dann gehen einige von ihnen still und leise ein, zwei Tage lang nicht in die Arbeit und hoffen, dass es irgendwem auffällt. Manch einer träumt dann davon, er könnte einfach seinen Lkw quer über den Mittleren Ring parken, absperren und den Schlüssel entsorgen; eine Autobahn mit dem Laster verbarrikadieren. Oder den Zugang zum Verlagsgebäude. Für Wochen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Andererseits will man ja den hübschen T-Rex nicht zuparken, der neuerdings vor dem SZ-Hochhaus steht. Außerdem sind erstaunlich wenige Journalisten im Besitz von Sattelzügen. Und überhaupt, wie sollte man all die Strafzettel bezahlen.

Vielleicht taugt der schiefe Modus der Bayernliga für ganz oben

Ein echtes Zeichen müsste man mal setzen. Zum Beispiel kein Linksaußen schreiben. Einfach leer lassen. Die ganze Spalte. Das wäre ein Kracher. Etwa so:

Streik.

Streik.

Streik.

Leider muss es heute bei diesem dreizeiligen Warnstreik bleiben. Denn auch Sportreporter sind der Aufklärung verpflichtet. Und gerade gibt es im Amateurfußball ein gravierendes Missverständnis aufzuklären. Es geht um die Relegation.

Zum einen ist da das Ärgernis, dass Regionalliga-Meister wie die Löwen nicht direkt aufsteigen. Zum anderen hat der Verband für die Entscheidungsspiele zur Bayernliga kürzlich Vierergruppen zusammengewürfelt, die in zwei K.-o.-Runden je einen freien Platz ausspielen. In einigen dieser Gruppen stehen drei Landesligisten und ein Bayernligist, in der Südgruppe ist es anders herum. Drei Bayernligisten und Landesliga-Vize Freising balgen sich seit vergangenem Mittwoch um ein Plätzchen. Darüber gab es einigen Unmut: Die einen empfinden es als Unsinn, weil drei der Klubs ja erst vor wenigen Wochen gegeneinander spielten; andere stören sich daran, dass es so noch zwei weitere Fix-Absteiger gibt. Einige argumentieren gar, der ursprüngliche Sinn einer Relegation wäre doch, dass ein Herausforderer von unten sich mit je einem Etablierten von oben misst, um herauszufinden, ob er oben überhaupt mithalten kann. Das klingt plausibel - ist aber Quatsch.

Das Wort Relegation kommt vom lateinischen relegare, und das heißt: loswerden. Wen, wie viele, wohin? Ganz egal. Es geht nicht ums Herausfordern, nicht um Chancengleichheit, es geht einzig um einen passenden Modus, genügend Klubs loszuwerden. Auch die Vielzahl der zusätzlichen Bayernliga-Absteiger lässt sich erklären. Im Englischen bedeutet relegation nichts anders als: Abstieg.

Vielleicht ist dieser seltsam schiefe Bayernliga-Modus gar ein Feldversuch für die erste Liga: Wie viel eher wäre man den HSV (oder Wolfsburg) losgeworden, hätte man sie nicht nur gegen Kiel, Braunschweig, Nürnberg oder Karlsruhe antreten lassen, sondern gleich gegen eine ganze Gruppe, Freiburg, Mainz, Hannover, Augsburg. Übrigens, dies zum Trost: Die Vereine verdienen mit der Relegation wenigstens Geld, die Zuschauerzahlen sind hier in der Regel überdurchschnittlich. Wem das als Argument nicht genügt, bleiben zwei Alternativen: Entweder Augen zu und gewinnen. Oder mal streiken.

© SZ vom 28.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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