Linksaußen:Verlassen von der Verlässlichkeit

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Im Sport verändern sich immer mehr Dinge, die bislang als unveränderlich galten

Von Ralf Tögel

Der Mensch ist nicht geschaffen für plötzliche Veränderungen. Das gilt im Besonderen für den deutschen Bürger. Kontinuität, Verlässlichkeit, Stetigkeit, das sind die Parameter, nach denen das Individuum hierzulande strebt, solide Eckpfeiler, die das Leben ordnen, strukturieren, vereinfachen. Ein Heim, am besten das eigene, davor ein Gärtlein mit Baum, ein sicherer Job, eine kleine Familie. Das gibt Halt und Sicherheit. Aber sonst? Worauf, bitte, ist denn heutzutage noch Verlass?

Auf den dicken Haus- und Hofkoch des bayerischen Fernsehens natürlich, zugegeben. Der sich so lange, bis er dereinst den Kochlöffel abgibt, despektierlich über die "Preiß'n" äußert und in alles, was er so brutzelt, Ingwer raspelt, während ihm ein kurzwüchsiger Schauspieler dazu die Zwiebeln schreddert. Und natürlich auf Lothar Matthäus, der demnächst ganz sicher wieder geschieden sein wird, wovon er sich natürlich nicht unterkriegen lässt, er wird alsbald wieder ehelichen, eine Dunkelhaarige, zur Abwechslung viel Jüngere, Größere, von der er sich dann wieder scheiden lassen wird. . . - der Kreislauf des Lebens.

Außerdem? Selbst der FC Bayern, eigentlich als deutscher Meister in der Verfassung verankert, hat sich gerade von der Betriebssportmannschaft eines Autoherstellers einen Titel nehmen lassen. Der SC Fürstenfeldbruck, einst mit Chaos-Garantie, hat sein Präsidium verstörend lange nicht mehr ausgewechselt, man munkelt sogar, dass der früher chronisch größenwahnsinnige Klub nun von erstklassigen Zahlungen an drittklassige Amateure absieht. Die werden doch am Ende nicht noch seriös haushalten? Wie die SpVgg Unterhaching, bei der auch schon länger keine Weltmeister mehr auf der Bank sitzen oder vermeintliche Millionäre und Scheichs Schlange stehen, um ihr Vermögen zu investieren.

Wenigstens auf die Löwen ist Verlass. Haben jetzt einen verhinderten Apotheker als Sportdirektor, ihr Trainer macht sich gern über den Kurs des Vereins lustig, der Mann, der alles bezahlt, ist nicht zu sprechen weil er fastet, bis er sich dann doch in der Geschäftsstelle materialisiert. Und vor der Tür wartet Quälix mit Medizinbällen. Köstlich! Dabei ganz ohne Ingwer. Und dann ist da der solide Untergangskurs der FT Starnberg. Die Kicker sind so oft abgestiegen, dass man sich jedes Jahr aufs Neue fragt, wie viele Amateurklassen Bayern eigentlich hat.

Wie schrieb der deutsche Dichterfürst Johann Wolfgang von Goethe: Hoffnung gießt in Sturmnacht Morgenröte.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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