Linksaußen:Textile Traumata

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Von VfL Wolfsburg bis 1860 München: Alle Mannschaften finden am Saisonende Trikotsprüche lustig. Dabei gibt es nur einen würdigen Träger ausgefallener Sportwäsche: den FC Barcelona

Von Ralf Tögel

Natürlich der FC Barcelona. Nur der FC Barcelona. Keine andere Mannschaft kann es sich leisten, in solchen Trikots aufzulaufen, ohne sich lächerlich zu machen: Neongelb! Geht gar nicht. Zumindest nicht mehr, seit die Pisten dieses Erdballs von Skifahrern in neongelben, neongrünen oder, Vorsicht: neonpinken Klamotten verschandelt wurden. Nur einer wäre erhaben genug gewesen, so etwas zu tragen. Aber hat jemals jemand Hermann Maier in Neon gesehen? Den Herminator, den Menschen, der sogar im Schnee Funken schlug? Oder Bode Miller? Der würde vorher nackt . . . gut, zurück zum Fußball.

Was gab es in der Sportmode nicht schon für abenteuerliche Fehlgriffe. Erinnert sei an die papageienhaften Torwarttrikots der Herren Illgner, Ehrmann oder (selbst designt!) Campos, das regenbogenbunte Wettanbieter-Dress des VfL Bochum oder die blau-weiß-gestreiften Jerseys des niederländischen Erstligisten Heerenveen - mit roten Herzen darauf. Und so weiter und so weiter.

Der FC Barcelona also - Barça, wie der Connaisseur sagt -, der darf das. Die katalanische Künstlertruppe könnte man auch mit fleischfarbenen Badekappen und braunen Overalls aufs Spielfeld schicken, sie wäre immer noch hübsch anzusehen. Man würde Luis Suarez vielleicht mit dem Osterhasen verwechseln, na und? Erfolg verdeckt so manches visuelle Verbrechen, Sieger dürfen exzentrisch sein. Zum Glück haben die Füchse Berlin das Endspiel im EHF-Pokal gewonnen, in ihren sogenannten Ausweichtrikots, die an das Grieseln eines Farbfernsehers ohne Empfang erinnern. Man sollte allein deshalb dem EHC München dringlich empfehlen, zur Wiesnzeit kein Heimspiel zu verlieren. Denn dann trägt der Münchner Eishockey-Erstligist aus folkloristischen Gründen traditionell Holareidulijö-Trikots. Geht's noch?

Es geht sogar noch schlimmer. Die Münchner Löwen haben zu den Wiesn-Trikots passende Wiesn-Hosen und -Stutzen. Womit man beim unterklassigen Fußball wäre. Kein Saisonschluss ohne Aufstiegs-Shirts, lustige Meisterleibchen, witzige Titel-Sprüche auf Textil. Der VfL Wolfsburg trug am Samstag den irre originellen Spruch "Pokalsieger 2015" auf dem Hemd - vermutlich, damit er's, wenn der Rausch nachlässt, noch weiß. In der Region besteht indes keine große Gefahr. Pipinsried könnte aufsteigen, ja, aber da müssten die Spieler schon selbst blechen. Präsident Höß wird's nicht tun: kein Geld, arm wie eine Kirchenmaus, weiß man ja. Danke.

© SZ vom 01.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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