Linksaußen:Test-Test-Test... Spiele für Getestete

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Vorbereitungspartien sind wieder erlaubt, draußen wie drinnen. Ohne Fans natürlich. Und ohne Spieler, zumindest in manchen Fällen - falls die keinen Corona-Test haben. Wer da noch duchblickt? Sollte man testen...

Von Ralf Tögel

Unbeschwerte Ferienzeit? Von wegen. Spätestens der Gedanke an Urlaub lässt den Puls in die Höhe schnellen. Viele Fragen, kaum Antworten: Wohin kann man wie fahren? Wann muss man heimkehren? Muss man in Quarantäne oder reicht ein Test? Apropos Test, diese Frage stellt ja nicht nur den Urlauber vor Probleme. Diese ständigen Änderungen, wer weiß da noch Bescheid? Das gilt auch für den Sport, besonders den Fußball - und spätestens jetzt ist es vorbei mit der guten Laune.

Sogar dem Doktor Rainer Koch, seines Zeichens bayerischer Fußballpräsident und einer, der sich eigentlich pastoral gelassen zu geben weiß, platzte die Hutschnur, als Innenminister Joachim Herrmann kürzlich kein einziges Wörtlein über die Genehmigung von Testspielen über die Lippen kam. Wo er doch weitere Lockerungen der Hygienemaßnahmen zu verkünden hatte. Bis dahin mussten bayerische Klubs, um ihre Form zu überprüfen, ins, nun ja, inländische Ausland reisen. In andere Bundesländer also. Dort durfte längst gekickt werden, dort wurde merklich mehr gelockert.

Die Intervention des Herrn Doktor Koch jedoch zeitigte umgehend Erfolg, am nächste Tag schon verkündete Minister Herrmann, dass "nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b der 6. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (6. BayIfSMV) (...) gemäß Rahmenhygienekonzept Sport das Training in festen Trainingsgruppen zugelassen ist (...) wozu auch dem Training dienende Spiele grundsätzlich zu den erlaubten Lockerungsmaßnahmen bei Mannschaftssportarten mit Kontakt zählen." In NichtBehörden-Deutsch: Ab sofort sind Testspiele erlaubt - aber nur innerhalb Bayerns und ohne Zuschauer. Alles klar?

Von wegen. Kleiner Blick zu den Handballern nach Fürstenfeldbruck: Der Zweitligist testete am Wochenende auf einem Turnier in Österreich, was mangels konkurrenzfähiger Gegner in der näheren Umgebung alternativlos war. Der TuS musste also, um die eigene Form zu prüfen, äh, ins ausländische Ausland, sozusagen. Bedingung zur Teilnahme am Testturnier war ein höchstens zwei Tage alter negativer Corona-Test aller Mitwirkenden - Trainer, Spieler, Betreuer, alle. Nur mit Test ins Testspiel, ist das dann ein Test-Test-Spiel? Es wird noch verrückter: Von Mitte August an, so hat die Handball Bundesliga (HBL) verfügt, dürfen Profis, also auch die TuS-Handballer, nur noch gegen Getestete testen, kapiert? Die HBL hat das aber jetzt auf September verschoben, bis dahin dürfen die Brucker auch gegen nicht nachweislich Negative spielen, also ein Testspiel gegen Nichtgetestete machen. Und das Allerwitzigste: Die Brucker sind ja eigentlich gar keine Profis, wie man weiß, Lehrer, Polizisten, ein Zahnarzt, ein Techniker, Schüler und Studenten. Müssen die sich dann im September überhaupt testen lassen für Testspiele gegen getestete Profis? Ja, wer soll denn da noch durchblicken? Und jetzt stelle man sich vor, der Vorschlag von Union Berlin würde durchgehen, dass die Zuschauer, um in Stadion oder Halle zu kommen, sich vorher ebenfalls testen lassen müssen, für beispielsweise ein Freundschaftsspiel: Dann wären das Test-Zuschauer bei einem Testspiel.

In Österreich, um zu den Handballern des TuS Fürstenfeldbruck zurückzukommen, sind Zuschauer erlaubt, nicht getestete sogar, wie viele, weiß niemand so genau. Jedenfalls dürfen die Brucker die Konkurrenten von der Tribüne aus beobachten - mit Schutzmaske und genügend Abstand. In Großhesselohe waren vor ein paar Wochen auch Zuschauer zugelassen, 200 immerhin, aber nur, weil der gastgebende Tennisclub das Finalturnier der Pro Series des Deutschen Tennis Bundes einfach als eine Privatveranstaltung angemeldet hatte. Er musste dafür nur ein Hygienekonzept vorlegen. Zuschauen durften aber nur Vereinsmitglieder - aber Moment mal? Ist das die Lösung? Ist denn nicht jedes Heimspiel eine Art Privatveranstaltung? Muss man nur noch schnell in den Verein eintreten und ab in die Halle? Allen wäre geholfen. Der Fan kann seine Mannschaft anfeuern, der Verein hat neben fantastischen Mitgliederzahlen auch die bitter notwendigen Einnahmen. Alle zufrieden und der erste Schritt zur Konsolidierung des Lieblingsvereins ist auch noch getan.

"Kreativität ist, wenn einem bei dem, was einem auffällt, etwas einfällt." Prof. Dr. med. Gerhard Uhlenbruck hat das gesagt, Immunologe, alter Aphoristiker aus Köln und einst deutscher Marathonmeister der Ärzte. Die Urlaubsgestaltung dürfte er wohl nicht im Sinn gehabt haben.

© SZ vom 17.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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