Linksaußen:Sie wissen, wo der Rollator steht

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"Älter werden heißt auch besser werden?" Warum dieser Satz von Jack Nicholson stimmt, zeigt sich in diesen Tagen auf allen Ebenen des Sports.

Von Ralf Tögel

Es gibt keine jungen und alten Spieler, respektive Trainer, sondern nur gute und schlechte. Wer hat noch mal das Copyright auf dieses Bonmot? Giovanni Trapattoni, Hans Zach, Louis van Gaal, Kaiser Wilhelm, oder doch König Otto - bürgerlich Rehhagel? Ist auch wurscht, weil es stimmt. Galt der Trainer-Jugendwahn, der bekanntlich in der Fußball-Bundesliga wie ein Virus um sich griff, lange Zeit als unheilbar, so hat man jetzt eine Medizin gefunden: Hubertus Jozef Margaretha Stevens, schlanke 65 Jahre alt und der Einfachheit halber als Huub unterwegs. Ein Kerl wie eine uralte Eiche, knorrig, faltig und mit alten Weisheiten gesegnet: "Die sind doof, die sind blind, die wissen es gar nicht." Recht hat der Mann, nur nicht in Watte packen, die Fußballerchen, denn er hat erkannt, womit es ein Trainer in Wahrheit zu tun hat: "Affen seid ihr", stellte er weiland nach einem Training mit den Stuttgarter Profis vor laufender Kamera fest.

Nun muss er mit seiner neuen Primatengruppe den Schlamassel richten, den ihm dieses gerade mal halb so alte Zigarettenbürschchen Domenico Tedesco mit seinen gegelten und parfümierten Bubis auf Schalke hinterlassen hat. Die Renaissance der routinierten Trainer-Garde also? Warum nicht: Rehhagel und Trapattoni sind 80, Zach gerade mal 70 Jahre alt geworden, van Gaal 67 - nur Kaiser Wilhelm ist raus, der ist seit 78 Jahren tot.

Wie sagt der berühmte Schauspieler Jack Nicholson? "Älter werden heißt auch besser werden." Der Easy Rider muss es wissen, er wird demnächst 82. Da haben die Herren Müller, 29, Boateng und Hummels, je 30, noch ein bisschen Zeit, also abwarten, ob der Bundes-Jogi richtig liegt oder die drei ausgemusterten Münchner Nationalkicker reaktiviert, wenn die Not wieder groß ist. Pullachs Trainer Frank Schmöller weint heute noch seinem Stürmer Orhan Akkurt Tränen nach, den er gern als "alten Mann" bezeichnete, stets aber mit dem liebevollen Zusatz: "Der weiß, wo das Tor steht." Akkurt ist 33, da ist die Müller-Boateng-Hummels-Gang das reinste Wickel-Trio.

Ein kurzer Blick zu den Turnern des USC München noch: Die sind jüngst in die dritte Liga zurückgekehrt, mit bemerkenswertem Kader. Da turnte das 15-jährige Talent Joschua Buchner - an der Seite von Frank Grob. Der ist nicht nur sein Abteilungsleiter, er könnte mit 58 auch sein Opa sein. Ein fitter Opa allerdings, im Internet gibt es ein Filmchen, wie sich Grob auf einem - kein Scherz - Rollator aus dem Stütz in den Handstand drückt. Michael Wolf, Eishockey-Profi beim EHC Red Bull München, stellte vor ein paar Wochen fest, "dass ich langsam alt werde", da hatte er gerade sein 100. Tor geschossen. Zum Saisonende hat er seinen Ruhestand angekündigt, um zu vermeiden, "dass sie mich irgendwann vom Eis schieben müssen". Noch fährt der 38-jährige Kapitän recht geschmeidig umher, wie er just im DEL-Halbfinale beweist.

Und dann wäre da noch Svetislav Pesic, ehemals Basketball-Trainer des FC Bayern. Der Serbe wird im August 70, er war kürzlich beruflich mit dem FC Barcelona im Audi Dome. Seine letzte Trainerstation sei das, sagt er, nach München will er zurückkehren, um den Ruhestand zu genießen. Abwarten. Pesic war übrigens auch ein guter Spieler, gewann den Pokal der Landesmeister. Er ist gut 1,80 Meter groß, nicht viel für einen Basketballer. Aber: Es gibt keine großen und kleinen Basketballer, nur gute und schlechte.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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