Linksaußen:Sag's auf "Phrasi"

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Immer sind uns die Amerikaner einen Schritt voraus: In Kalifornien kann man an der Uni sogar die Game-Of-Thrones-Sprache "Dothraki" lernen. Höchste Zeit nachzuziehen. Auch bei uns gibt es Sprachen, die es nicht gibt.

Von Ralf Tögel

Müssen uns die Amerikaner immer einen Schritt voraus sein? Der Kaugummi zum Beispiel, in den USA erfunden und nicht mehr wegzudenken aus deutschen Trainermündern. Weniger Geschmackvolles hat uns Samuel O'Reilly über den Atlantik geschickt, als er die erste elektrische Tätowiermaschine gebaut hat. Seither werden Totenköpfe, Herzen, Schmetterlinge oder Drachen an allen möglichen oder unmöglichen Körperstellen auch hierzulande zur Schau getragen. Ganz zu schweigen von diesem Herrn Zuckerberg, der quasi unsere Kommunikation auf links gedreht hat.

Apropos: Es gibt jetzt eine neue Sprache: Dothraki. An der renommierten kalifornischen Universität Berkeley wird selbige ab sofort gelehrt. So grunzen ja bekanntlich die wilden Reiter aus der Romanverfilmung "Game of Thrones". Staffel sieben der Erfolgsserie (aus den USA, woher sonst) steht in den Startlöchern, noch könnte man also den Kurs belegen. Es war auch Zeit für etwas Neues, nachdem klingonisch (aus dem Star-Trek-Universum) und elbisch (siehe: Mittelerde) schon fast wieder aus der Mode gekommen sind. Dabei hätte auch die germanische Linguistik Interessantes zu bieten - gerade in diesen Zeiten, da sich auf den Fußballplätzen der Republik die Spielzeit dem Ende nähert.

Das kann so klingen: "Der Trainer sitzt auch in der kommenden Saison auf der Bank." Gesprochen von einem Vereinsverantwortlichen nach einer Niederlage, sollte der Erwähnte sich nach einem neuen Job umsehen - schnellstens. Oder so: "Nein, die Spielabsage hat nichts mit den vielen Verletzten zu tun, Regenwürmer haben den Boden zerlöchert, der Platz ist unbespielbar." Bedarf keiner Erklärung, so wird gerne im Dachauer Hinterland gesprochen. Also genau das Gegenteil von dem meinen, was man sagt - ohne jede Ironie. Einen Namen hat diese Sprache (noch) nicht, wie wäre es mit "Antonymisch"? (von Antonym = Wörter mit gegensätzlicher Bedeutung). Zeit für einen Kurs an der Uni?

Viel zu hören ist derzeit auch so etwas: "Das Spiel muss erst gespielt werden", oder: "Für einen Stürmer sind Tore gut." Also reden und nichts sagen, könnte man in Anlehnung an Dothraki vielleicht Phrasi nennen? Aber es geht auch ganz ohne überflüssiges Gequatsche: Am Ohrläppchen ziehen, über den Arm wischen, zwinkern und andere Faxen machen - und schon weiß der eine Baseballer, wo der andere den Ball hinschmeißen wird. Kein Wort, kein Satz, kein Geschrei, einfach nur Ruhe. Auch kein schlechter Gedanke.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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