Linksaußen:Otto und das Riesenzelt

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Der Sommer war spitze. Dass er nun vorbei ist, kümmert manche Sportler wenig

Von Ralf Tögel

Otto, daran werden sich nur noch die Wenigsten erinnern, hat uns alle ordentlich erschreckt. Otto war das Tief, das sich von Ost-Schottland aufgemacht hatte, um den Sommer auf seiner Reise nach Deutschland aufzuhalten. Ist ihm bekanntlich nicht gut gelungen, vielmehr hat der Sommer sogar in den Geschichtsbüchern Spuren hinterlassen. Der Juli war der heißeste Monat, seit sich irgendwer in Bayern die Mühe gemacht hat, derlei aufzuschreiben und zu archivieren. Egal, ob man nun in meteorologischen, astronomischen oder phänologischen Dimensionen rechnet: Dieser Sommer war spitze, basta!

Und wie sich das gehört, hat sich die Jahreszeit mit deutscher Pünktlichkeit abgemeldet, was viele ein bisschen unglücklich macht, so manch andere aber wenig kümmert. Die nämlich haben den Sommer einfach Sommer sein lassen. Wie der EHC, Münchens wiedererstarkter Eishockeyklub, der auf solche Wetterphänomene schon rein zeitlich keine Rücksicht nehmen kann. Denn während das gemeine Volk sich an den Gewässern der Stadt einer Abkühlung hingab, schwitzten die EHC-Profis in der Champions League auf - ähem: Eis.

Ähnlich erging es den Schmalschläger-Zwillingen Luca und Matteo, Münchens große Hoffnung in Sachen Freeski. Sie trainierten in der Lüneburger Heide bei 35 Grad im Schatten. Nicht etwa Kondition, i wo, Schneetraining im Snowdome Bispingen, Innentemperatur minus acht Grad. Ein bisschen crazy sei das schon gewesen, aber bald geht es auf den Gletscher, da gibt es immer Schnee. Vielleicht ist das ganze Gedöns mit den Jahreszeiten sowieso überschätzt, wie ein Blick nach Kasachstan zeigt. Dort nämlich hat der Präsident höchstselbst dafür gesorgt, dass seine Bürger solche Kleinigkeiten nicht kümmern müssen.

Nursultan Nasarbajew, dem man wohl nicht zu Unrecht despotische Züge nachsagt, hat sich selbst mit Khan Shatyr ein Denkmal gesetzt. Wörtlich übersetzt bedeutet das "königliches Zelt", das 150 Meter hohe Bauwerk ist aus sonnendurchlässigem Kunststoff und in der Tat das größte Zelt der Welt. Es bietet auf mehr als 100 000 Quadratmetern auf sechs Etagen neben Kino, Shoppingcenter, Foodcourt, Spa- und Wellnesscenter auch einen rund 6000 Quadratmeter großen Aquapark mitsamt Wellenbad. Dort kann sich der Kasache bei minus 40 Grad Außentemperatur in die laue Brandung werfen.

Der Winter kann kommen.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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