Linksaußen:Mimosen in kurzen Hosen

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Wenn die Befindlichkeiten eines einzelnen Spielers einen ganzen Fußball-Klub auf den Kopf stellen.

Von STEFAN GALLER

Was waren das doch für harte Hunde: Max Merkel, Ernst Happel, Werner Lorant, Lorenz-Günther Köstner. Trainer, vor denen Fußballer strammstanden, oder den Kopf einzogen in der Hoffnung, tunlichst nicht angesprochen zu werden. Ein Einzelgespräch mündete nicht selten in einen heftigen Anschiss. Und dann? Nichts. Sportpsychologen und Seelenmasseure im Tross der Fußballvereine waren noch nicht erfunden. Heutzutage sind Sporttrainer wie Basketball-Guru Svetislav Pesic, der bei Ansprachen an seine Spieler auch gerne mal einen nicht gesellschaftsfähigen Jargon bemüht haben soll, eher Auslaufmodelle. So riesig die Kerle sind, so empfindsam sind sie oft im Gemüt, manch Spieler soll vor der Ablösung des Serben arg mit dessen rauer Art gehadert haben.

Ziemliche Mimöschen sind sie mittlerweile, die heutigen Teamsportler. Wenn sie nicht gehätschelt werden, kann es schon mal sein, dass sie ihre Zelte schon abbrechen, ehe der erste Ball unter Wettkampfbedingungen getreten ist. Siehe Fußballer Sebastiano Nappo, der Garching sofort wieder den Rücken kehrte und ins weiche Bettchen nach Heimstetten zurückging. Auch Gerrit Arzberger bereute seinen Wechsel nach Ismaning schnell, kam bei Anton Plattner in Hallbergmoos unter, der ihn kennt, "seit ich im Kinderwagen gelegen bin". Und in Wolfratshausen brachten die Befindlichkeiten eines einzigen Spielers gleich den ganzen Klub ins Wanken: Onur Misirlioglu wollte vom neuen Trainer eine Stammplatzgarantie; als er die nicht bekam, räumte er seinen Spind. Um dann hinterrücks vom Vorstand wieder in den Kader geholt zu werden. Coach, Manager und Pressesprecherin verließen den Klub, es wird dauern, bis sich der BCF von dieser Krise erholt.

Gestandene Übungsleiter sind jedenfalls mittelschwer geschockt von der Entwicklung. Ein Fußball-Bayernliga-Trainer, der verständlicher Weise nicht genant werden will, musste sogar schon den Psychiater und Ersatz-Papa geben: "Da ist man der Depp vom Dienst." Verschreckte Kicker würden schon mal an seine Bürotüre klopfen, wenn er zwei Wochen keine explizite Ansprache an sie gerichtet hat: "Die fragen mich dann allen Ernstes, ob ich beleidigt bin. "

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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