Linksaußen:Löwen im Handball-Keller

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Jetzt ist sie Geschichte, die begeisternde Handball-WM in München. Und nun?

Von Ralf Tögel

Jetzt ist sie Geschichte, die Weltmeisterschaft in München. Nein, die Rede ist nicht vom Finale 1974 im Olympiastadion, es geht ausnahmsweise mal nicht um Fußball. Es geht um Handball. Sicher, ein paar Spiele sind noch zu spielen, ehe der Weltmeister am kommenden Sonntag im dänischen Herning feststeht. Aber war das nicht eine Wucht, was da in der Olympiahalle abging? Dreimal ausverkauft, nun ja, zur Partie zwischen Mazedonien und Japan saßen 7500 Zuschauer in der Arena. Das sind 62,5 Prozent! Und die waren bestimmt nicht alle aus Dankbarkeit an Dagur Sigurdsson da, weil der als Trainer Deutschland zum EM-Titel 2016 geführt hat. Oder glaubt irgendwer, dass Berti Vogts als Coach Japans im Spiel gegen Mazedonien 46 875 Zuschauer in die Allianz Arena locken würde? Das wären nämlich jene 62,5 Prozent.

Nächster Gedanke: Diese Münchner WM-Begeisterung hat doch glasklar gezeigt, was in der Landeshauptstadt fehlt: ein Handball-Bundesligist. Das würde den isländischen Trainer Gudmundsson zum, Achtung Zitat, "glücklichsten Menschen auf der Welt machen". Idealerweise entstehe ein FC Bayern des Handballs, sagte er, dem Mann sollte doch zu helfen sein. Apropos Hilfe: Auch der kroatische Verbandspräsident Tomislav Grahovac ist der Meinung, dass der Handballstandort München zwingend einen erstklassigen Klub benötige. Er werde jedenfalls nach Möglichkeit helfen, versprach er Olympiapark-Chefin Marion Schöne. Die möge nur rufen, klingt das nicht gut?

Vielleicht wäre eine etwas kleinere Arena als die Olympiahalle dafür nicht schlecht, denn wer weiß, wie viel Prozent der 12 000 möglichen Fans zum Spiel der Münchner, wie auch immer sie dann heißen mögen, gegen Bietigheim kommen würden? Zehn? Vielleicht wäre es ja einen Hinweis an Herrn Grahovac wert, dass man ein bisschen Geld für so eine Spielstätte gebrauchen könnte? Und der Herr Gudmundsson könnte die Mannschaft dann gleich trainieren, wenn es ihm schon so gut in der Landeshauptstadt gefällt. Schöne Idee, aber es wird ziemlich sicher kein Handball-FC-Bayern werden, das hat der FC-Bayern-Fußball-Präsident Uli Hoeneß schon mehrmals ausgeschlossen. Mittlerweile traut sich keiner, noch einmal nachzufragen. Vielleicht etwas für den Herrn Gudmundsson?

Egal, Visionen sind bekanntlich keine Krankheit, auch wenn unser Altkanzler Helmut Schmidt - Gott hab' ihn selig - uns genau das Glauben machen wollte. Wer weiß, vielleicht gibt es bald den Spatenstich zum neuen Sechzgerstadion, mit angeschlossenem Löwen-Gehege, wie es sich Investor Hasan Ismaik so sehr wünscht. Wer hätte denn überhaupt geglaubt, dass die Löwen-Profis wieder im Grünwalder Stadion spielen, dass die Stadt sogar darüber nachdenkt, selbiges auf 30 000 Plätze auszubauen? Bestimmt nicht mehr Menschen, als jene, die von einem Handball-Bundesligisten träumen. Und wieso nicht auch ein Handball-TSV-1860-München? Mit Löwen-Gehege im Hallenkeller? Was wäre das für ein Derby, die Handball-Bayern gegen die Handball-Sechzger, da wäre jede Halle voll.

© SZ vom 21.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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