Linksaußen:Les Bleus und die verpasste Miss

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Ein WM-Star bei den Sechzigern? Eine Bodybuilderin bei den Tölzer Löwen? Die heiße Wechselphase steckt voller Wirrungen.

Kolumne von Andreas Liebmann

Nein, Benjamin Pavard ist noch kein Münchner. Wenn er nicht gerade für Frankreich Außenristtraumtore bei der WM erzielt (richtig, die läuft noch), dann steht der junge Verteidiger weiter in Diensten des VfB Stuttgart und seines ehemals für den FC Bayern tätigen Kaderplaners Michael Reschke. Allerdings kennt der Kicker (die Zeitschrift, nicht Pavard) einen, der einen kennt, der gesagt haben soll, dass der Wechsel des Franzosen nach München längst beschlossen ist, spätestens 2019. Und weil das so ist, können Fans schon mal die weißen Bettlaken heraussuchen und mit flottem Pinselstrich ein "Bienvenue à Munich" draufschreiben. Selbstverständlich kann man seinen Lesern auch, wie die Münchner Abendzeitung, schon mal fachkundig erläutern, was diesen Fußballer so hervorhebt, wo er doch sowieso bald in der Allianz Arena spielt. Nämlich seine Freundin. Rachel Legrain-Trapani, die 2007 den Titel "Miss France" gewann, als Pavard noch zur Grundschule ging. Überschrift: "Sie macht ihn so stark." Und natürlich kann man auch, wie Sport 1, noch einen draufsetzen, unter dem Titel: "WM-Star wäre fast bei den Löwen gelandet."

(Selbstredend hat in der Sport Bild auch Lothar Matthäus etwas über Pavard geäußert, aber das ist nicht wichtig.)

Ein WM-Star also bei 1860? Jenem Verein, über den Matthäus sagt, er wäre vor zehn Jahren eigenfüßig mit dem Fahrrad hingestrampelt für einen Trainerjob? Uff! Gut, streng genommen ist nur überliefert, dass der damalige Sportdirektor Thomas Eichin Pavard 2016 gerne geholt hätte, aber Investor Hasan Ismaik angeblich knauserte. Ob Pavard auch gekommen wäre, vielleicht ja mit dem Fahrrad, Miss France auf dem Gepäckträger (zu Les Bleus, immerhin!), ist eine andere Frage.

Andererseits, wieso hätte es nicht laufen sollen wie bei Abédi Pelé, der einst angeblich nur bei Sechzig unterschrieb, weil er nicht wusste, dass es außer den Bayern weitere Münchner Klubs gibt. Ein Verwechslungspotential übrigens, von dem nicht recht einleuchtet, wieso davon Vereine wie der FC Eintracht München oder FC Anadolu Bayern in der Transferzeit nicht viel reger Gebrauch machen.

Die Transferzeit birgt alljährlich die Gefahr von Missverständnissen und Verwechslungen, darüber kann man ganze Bücher füllen: Über Sabin Ilie, den Energie Cottbus mal als "Kracher" verpflichtete, weil man ihn dummerweise mit seinem Bruder Adrian verwechselt hatte; über den Brasilianer Didi, den der VfB Stuttgart (vor Reschkes Zeit) ersteigerte, ohne zu ahnen, dass der Neue ohne Kreuzband unterwegs war; über den Basketballer John Bryant, den der FC Bayern 2013 aus Ulm geholt hatte, als einen Center - der nach seinem Sommerurlaub aber als beinahe zwei Center aus der Heimat zum Trainingsstart kam. Natürlich steigt während der heißen Wechselphase auch in den Zeitungsredaktionen das Fehlerrisiko. Als die Tölzer Löwen vergangene Woche die Verpflichtung von Kyle Beach verkündeten (was die Frage aufwirft, wieso jemand dieses Nachnamens ausgerechnet Eishockeyprofi wird), da spuckte die Fotorecherche das Bild einer furchteinflößenden dunkelhäutigen Bodybuilderin aus. Iris Kyle, Huntington Beach - blöde Stichwortsuche. Wer (oder was) sie so stark macht, ist nicht genau bekannt, vielleicht weiß es die Abendzeitung. Der Fehler mit dem falschen Foto wurde zum Glück rechtzeitig bemerkt - die muskulöse Dame trug keinen Helm.

© SZ vom 09.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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