Linksaußen:Krawall aus der Tiefe

Lesezeit: 1 min

Auf Sportanlagen darf es künftig lauter zugehen, das Aktionsbündnis zur Rettung des Amateurfußballs ist dagegen eher leise gestartet. Was das alles mit Pottwalen zu tun hat? Nun...

Von Andreas Liebmann

Mit dem Slogan "Rettet die Wale" haben sich Greenpeace-Aktivisten einst in die Fluten gestürzt. Mal abgesehen davon, dass es heute wohl "Walinnen und Wale" heißen müsste, kann man schon mal unromantisch nachfragen: Wozu eigentlich? Touristisch sind die Riesen zwar interessant, aber man sieht sie ja kaum noch. Wo sie auftauchen, nehmen sie viel Platz weg. Und dass der erst 1985 entdeckte Telefomin-Kuskus (bekanntlich ein Kletterbeutler) 15 Jahre später ausgestorben ist, hat die Welt auch nicht erschüttert. Vom Säbelzahntiger ganz zu schweigen. Also?

Neue Studien zeigen allerdings, wie wichtig Wale sind. Sie könnten sogar den (erst kürzlich von Chinesen erfundenen) Klimawandel stoppen. Mit ihren Ausscheidungen düngen sie nämlich das Phytoplankton, das wiederum die Hälfte des Sauerstoffs unserer Atmosphäre produziert und gleichzeitig CO₂ schluckt. Man darf Wale also nicht nur retten, VW könnte sogar mal welche züchten. Um seine Schadstoffwerte zu senken. Andererseits sind Wale auch fürchterliche Krawallbrüder (und -schwestern). Der Pottwal als Ruhestörer der Ozeane krakeelt mit bis zu 230 Dezibel durch die Tiefe.

Womit wir auch schon beim Thema wären: Der Bundestag hat den Lärmschutz für Sportanlagen gelockert. Obwohl Sportler rein gar nichts Nützliches ausscheiden, sondern allenfalls den von Walen mühsam erschissenen Sauerstoff wegatmen, finden Politiker, dass Freizeitsport in Städten erhalten und vor dem Aussterben bewahrt werden muss. Künftig darf es daher in Ruhezeiten rund um die Anlagen 55 Dezibel laut sein. Das entspricht dem Brummen eines Kühlschranks. Bisher waren 50 erlaubt. Wohlgemerkt: Es darf! Es muss nicht. Nicht dass jetzt Fußballchefs in Pullach, Dachau oder Wolfratshausen hektisch überlegen, wie ihre Stadien je einen solchen Wert erreichen könnten.

In Garching hat sich gerade das Aktionsbündnis "Rettet die Amateurvereine" gegründet. Mit diesem Slogan stürzt sich Hachings ehemaliger Chef Engelbert Kupka, 78, beherzt in den Kampf gegen DFB und DFL, und er weiß die ganze Macht des Amateurfußballs hinter sich. Klagen über Ruhestörung gab es keine, die Dezibel-Zahl des Treffens lag wie die der anwesenden Klubvertreter bei etwa 30. Das entspricht einem Flüstern. Die Versammlung beschloss: einen Brief zu schreiben. Ein solcher Start muss keinen entmutigen. Zu Weltklimakonferenzen erscheinen Pottwale auch eher spärlich.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: