Linksaußen:Kosmisch strahlend

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Ein Platz für Herrschings neue Halle? Gizeh vielleicht? Die Volleyballer könnten dort einen ganz frisch entdeckten Hohlraum für ihre Spiele nutzen.

Kolumne von A. Liebmann

Alles prima vor 4500 Jahren, keine Frage. War ja damals nicht leicht, diesen Koloss fast 150 Meter hoch aufzutürmen. Respekt! Meisterleistung.

Andererseits: Die Zeiten ändern sich. Man muss sich anpassen. Weshalb man schon kritisch anmerken muss: Seit Cheops, dem alten Herrn, ist nicht mehr viel passiert mit seinem Geröllhaufen im Gizeh-Tal. Außer, dass er als Steinbruch verwendet und so um acht Meter Höhe gestutzt wurde. Man hätte ja wenigstens mal die Fassade polieren können. Bunt anmalen. Alles kein Zauberwerk. Auch ein Anbau wäre nett gewesen. Stattdessen? Nichts. Niente. Bis heute. Keine Licht- oder Laserinstallationen, keine modernen Materialien, von Dämmung, Brandschutz oder Solarpaneelen ganz zu schweigen. 4500 Jahre Stillstand.

Man hätte die Pyramide längst aus dieser Einöde holen können, abtragen und in einem Freizeitpark wieder aufbauen. Aber nein, die Ägypter sind mindestens so konservativ wie der Fußball. Oder was ist aus all den schönen Plänen geworden: Tore vergrößern? Abseits abschaffen? Eben. Eigentlich erstaunlich, dass sich immer noch Touristen finden, die den Steinklotz sehen wollen. Und, mal ehrlich: Wer schaut heute noch Fußball?

Ein Platz für Herrschings neue Halle? Gizeh vielleicht?

Lernen kann man, wie so oft, von den Kleinen. Im Tischtennis, zum Beispiel, bleibt seit Jahren kein Stein auf dem anderen. Größere Bälle, kürzere Sätze - alles, um attraktiver zu werden. Die TTBL spielt nur noch bis zum dritten Mannschaftspunkt. Ratzfatz. Und roter Hallenboden ist Pflicht, um im TV besser zur Geltung zu kommen. Der Erfolg ist unbestreitbar. Zwar kommt die Sportart nie im Fernsehen, aber falls doch, sähe sie prima aus. Und schon wird in Malaysia der nächste Coup vorbereitet: In der "T2 Asian-Pacific League" (kurz und knackig: T2APAC) wird ein Format getestet, bei dem ein Match nach 24 Minuten endet. Wer bis dahin die meisten Sätze hat, ist Sieger. Es gibt auch Unentschieden.

Zukunftsorientiert und modern sind auch Deutschlands Volleyballer. Ihnen kommt - von Übergangsfristen abgesehen - kein Verein mehr in die erste Liga, dessen Wettkampfstätte nicht mindestens neun Meter hoch und 1000 Zuschauer groß ist. Neue müssen gar 2500 Fans Platz bieten. Think big. Dafür dürfen die Hallen dann gerne in Österreich stehen.

Herrschings Libero Ferdinand Tille kam am Mittwoch nach dem Pokalsieg gegen die Alpenvolleys kurz durcheinander: Titulierte den Gegner als "Innsbruck", nur weil die dort hin und wieder spielen. Richtig wäre: Haching! Es hatte ja sogar ein Hachinger mitgespielt. Oder sollte es gar eine kleine Spitze von Tille gewesen sein? Wohl kaum. Zwar wird auch der Bestandsschutz der (dann zu kleinen) Hachinger Halle in ein paar Jahren auslaufen, aber auch Herrsching muss bald eine größere Location finden. Und wer kann heute ahnen, wo die dann steht? In Gizeh, wenn es blöd läuft.

In der Cheops-Pyramide haben Forscher mittels kosmischer Strahlen gerade einen unbekannten Hohlraum entdeckt. Er soll 200 Leuten Platz bieten und ist deshalb für Volleyball völlig uninteressant. Aber vielleicht ließen sich mit solchen kosmischen Strahlen auch am Ammersee noch Hohlräume von verbandskonformen Maßen aufspüren.

© SZ vom 13.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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