Linksaußen:Höllisch ungerecht

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Der fiese Aufstiegsmodus in der Regionalliga, Bayerns Aus in der Königsklasse - alles ein Fall für die Philosophen!

Von Ralf Tögel

Jedem das Seine geben: Das wäre, die Gerechtigkeit wollen und das Chaos erreichen.

Gerechtigkeit war bei Friedrich Wilhelm Nietzsche ein wiederkehrendes Thema, an Fußball hat er in diesem Zusammenhang sicher keinen Gedanken verschwendet. Das Kicken wurde hierzulande nämlich erst Ende des 19. Jahrhunderts populär, Nietzsche war längst tot, er starb 1900 in Weimar, seine letzten Jahre verbrachte er in geistiger Umnachtung. Ob er diesem Sport etwas hätte abgewinnen können? Unwahrscheinlich, die Nachwelt wird es nie erfahren. Philosophisch weniger bewanderten Zeitgenossen ist Fußball dagegen die liebste Freizeitbeschäftigung. Womit man wieder beim Thema Gerechtigkeit wäre: Ist es gerecht, dass der FC Bayern als bessere Mannschaft einem schnöseligen, weiß gewandeten Königsklub aus Madrid den wichtigsten Titel des Kontinents, ach was, des Universums, überlassen musste? Ist es gerecht, dass der Meister der bayerischen Regionalliga eine Relegation um den Aufstieg spielen muss? Dabei ist es doch im Grundgesetz verankert, das der Erste das Recht erwirbt, in die nächst höhere Spielklasse aufzurücken, oder? Spätestens hier hätte auch Nietzsche aufgeschrien, ob des himmelschreienden Frevels. So traf des Verbandes Willkür den 1. FC Saarbrücken, der sich nun mit einem Profikader ein weiteres Jahr mit Amateurklubs in der vierten Liga herumärgern muss.

Was im Falle der Löwen, das nur nebenbei, schon Charme hatte. Man denke nur an das Spiel in Pipinsried, dem 550-Seelendorf im Dachauer Hinterland, das zum Löwen-Gastspiel von 7000 Zuschauern geflutet - und damit unsterblich wurde. Zurück zur Fairness, dem der Sport ja so viel Gewicht beimisst: Ist es gerecht, dass sich Wolfratshausen mit zwei weiteren Bayernligisten und einem Landesligisten um ein weiteres Jahr in der bayerischen Königsklasse balgen musste, während die andere Relegationsgruppe aus einen Bayernligisten und drei Landesligisten bestand? Blöderweise war der SC Freising besagter Landesligist in der Wolfratshausen-Gruppe - es nahm für beide Klubs ein schlechtes Ende. Ein Sakrileg, das hätte der Herr Nietzsche auch so empfunden - egal in welchem Zustand.

Immerhin wird in den höheren Spielklassen schon Abhilfe geschaffen, der Schiri kann das Geschehen auf einem Bildschirm in Zeitlupe überprüfen - und dann falsch entscheiden. Gibt es ja im Amateurfußball nicht. Noch so eine Unwucht. Aber vielleicht gehört die Ungerechtigkeit ja zum System im Sport. Der KFC Uerdingen zum Beispiel: Hoch verdienter Drittligaaufsteiger nach dem Relegationssieg gegen Waldhof Mannheim, allein schon wegen deren idiotischer Fans. Und jetzt: Formfehler, Aufstieg vielleicht dahin - und die Waldhof-Deppen können sich auch noch freuen. Fehlt nur noch, dass die Basketballer des FC Bayern das Finale gegen Berlin verlieren, nachdem sie überlegener Primus der Vorrunde waren. Weil es in diesem Ami-Sport Playoffs gibt, alle Meriten der Hinrunde? Nichtig!

Auf Erden herrscht die Liebe, im Himmel die Gnade, und nur in der Hölle gibt es Gerechtigkeit.

Das Zitat stammt von Anaklet II., reformeifriger Gegenpapst zu Innozenz II., gestorben 1138 in Rom. Der Fußball war da noch nicht erfunden.

© SZ vom 04.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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