Linksaußen:Der Kampf um Münchens Thron

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Fast wie in Game of Thrones: Auch die Sportvereine aus der Region streben mit fast allen Mitteln nach Erfolg. Glücklicherweise sind (noch?) keine Schwerter im Spiel.

Von Max Ferstl

Bei der Fantasy-Serie Game of Thrones geht es nicht nur um die Frage, wer am Ende auf dem eisernen Thron sitzen wird. Vor Beginn der finalen Staffel ist ein ähnlich zermürbender Wettstreit entbrannt: Welche Interpretation der Erzählung wird sich durchsetzen?

Ökonomen erkennen in der Handlung etwa die wirtschaftlichen Zwänge des Neoliberalismus, Politologen Parallelen zu einer polarisierten Weltordnung oder einer gesellschaftlichen Spaltung. Für Mythologen ist dieses Fantasy-Epos eine einzige Spielwiese, was nicht zuletzt an den drei Drachen und deren Mutter liegt. Theologen sehen ein Evangelium für Erwachsene, und möglicherweise werden Physiker bald behaupten, dass ihnen dank GoT das erste Foto eines schwarzen Lochs gelang. Es gibt nahezu keinen Deutungsrahmen, der nicht recht windschief um diese Serie gezimmert worden ist.

Trotzdem ist dem Feuilleton die einfachste, plausibelste und einzig wahre Interpretation durchgerutscht. Weil die Lösung zu nahe liegt? Wie sonst könnte man die Parallelen zum sportlichen Geschehen in München und der Region übersehen? Das zentrale Thema, die Ränkespiele um die Macht, muss auf dem Fußballverein TSV 1860 München basieren. Seit Jahren herrscht dort wie in Königsmund eine Atmosphäre des Misstrauens und der Zwietracht. Intrigen werden gesponnen, Rivalen ausgestochen (immerhin nicht mit dem Schwert), und keiner weiß, wer am Ende obsiegt.

Lässt man bald die wildesten aller Kämpfer aus den Käfigen?

Für die körperlichen Auseinandersetzungen - ein weiteres Leitmotiv der Serie - war zweifellos das Treiben im Olympiaeisstadion Vorbild. Von dort aus regieren bärtige Recken des EHC München seit Jahren die Eishockeywelt, konnten ihre Herrschaft bisher weitgehend unangefochten durchsetzen. Doch nun machen sich die Legionäre aus dem Hause Adler auf, um die Regentschaft zu beenden. Wie sich Macht sichern lässt, könnte man sich bei den Handballerinnen des HCD Gröbenzell abschauen. Obwohl unter schmerzhaften Verlusten in die dritte Liga abgestiegen, haben sie ihre Vormachtstellung in der Handballwelt der Region stabilisiert und arbeiten längst an der Verjüngung ihres Hauses - im Geheimen werden Pläne für den neuerlichen Angriff auf das Oberhaus geschmiedet.

Spannend wird auch zu beobachten sein, wie das Königreich von Alexander dem Ersten, Herrscher der Volleyballer im Südwesten vom München-Westeros, die Niederlage gegen das österreich-bayerische Bündnis der Rivalen aus dem Südosten vergelten wird. Vielleicht mit Hilfe der Ringer-Horden aus Hallbergmoos, die den Drehbuchautoren sicherlich als Vorlage nützlich waren, denn dort wurde im griechisch-römischen Stil gerungen, lange bevor die erste Zeile geschrieben war. Oder werden gar die wildesten aller Kämpfer aus ihren Käfigen gelassen? In Unterschleißheim hielten jene kürzlich Schaukämpfe ab, um beim Mixed Martial Arts das Publikum zu erschrecken.

Blutüberströmte Kämpfer gibt es auch in der Serie zuhauf, diese archaische Note scheint unverzichtbar. Es wird auch in den sieben Königslanden noch viel Blut vergossen werden, das ist so sicher wie die Tatsache, dass auch die Interpretationen das Serienende überdauern werden.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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