Linksaußen:Büffel auf der Theresienwiese

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Ach wie wäre es doch schön, wenn das friedliche Rugby-Publikum auf dem größten Volksfest der Welt feiern würde.

Von Ralf Tögel

Zwei Wochen im Jahr ist eine berühmte eiserne Dame nicht um ihren Standort zu beneiden. Dann muss die Bavaria wieder allerlei Unschönes mitansehen, was sich da zu ihren Füßen abspielt. Gerade in diesen erregten Zeiten möchte man der Menschheit etwas mehr Gelassenheit ans Herz legen, und gerade in diesen Zeiten scheint das Gegenteil der Fall. Wutbürger allerorten, die sich über alles und jedes echauffieren, die von allem und jedem verlangen, man möge sich doch kollektiv für irgendetwas schämen, was man bis gestern noch mit Freude tun konnte. Kurzstreckenflüge, Steaks, SUVs, solche Sachen. Apropos: Irgendwann werde der Deutsche das schwere Auto wieder zu schätzen wissen, glaubt zumindest Uli Hoeneß kürzlich bei einer Pressekonferenz zur bevorstehenden Basketball-Saisoneröffnung. Ein nicht ganz uneigennütziger Gedankengang, den er im Übrigen ohne jede Zornesröte auf den Wangen zum Besten gab. Dann jedenfalls werde der Bamberger Basketball-Förderer Michael Stoschek, respektive der Autozulieferer Brose, wieder bessere Geschäfte machen und in der Folge mehr Geld in seine Basketballer investieren. Der FC Bayern nämlich hat sich gerade einen Kader zusammengebastelt, der den Konkurrenten mit 180 Sachen zu enteilen scheint, nun drohen ihm die ernsthaften Konkurrenten um den deutschen Meistertitel auszugehen. Also bitte ein paar SUVs kaufen, damit die FCB-Basketballer wieder mehr Spaß am Spielen haben. Ja geht's noch? Am besten den Ärger mit ein paar Maß Bier auf der Wiesn runterspülen. So lange das noch geht, ohne dass man sich auch dafür schämen muss.

Wobei: Was bei manchem Zeitgenossen dabei herauskommt, ist wirklich zum Schämen. Womit wir wieder bei der blechernen Patronin wären, die hat zu ihrem Unglück einen recht guten Blick auf den Kotzberg, jenes Stückchen abschüssige Wiese, auf der sich Menschen aller Herren Länder Erleichterung verschaffen. Jetzt ist aber gut mit dem unappetitlichen Thema. Nur das noch: Sind wahrscheinlich alles Leutchen, die mit Flugzeug oder SUV angereist sind. Ist natürlich Quatsch, Bahn- und Busfahrer sind nicht per se friedliebende Menschen, auch jede Menge CO₂-Vermeider werden sich wieder auf die Birne hauen, was ebenfalls ein beliebter Zeitvertreib auf dem Oktoberfest ist (siehe oben: fehlende Gelassenheit und Wutbürger).

Könnte Bavaria nur bis ins Olympiastadion schauen. Dort haben sich gerade ebenfalls Kerle aus aller Herren Länder verkloppt, aber nach klaren Regeln und mit sportlicher Fairness. Siebener-Rugby heißt das Ganze, wobei die weltbesten dieser muskelbepackten Athleten wie Büffelherden übereinander herrennen. Das ist so lustig, dass sich Tausende Fans mit den verrücktesten Faschingsklamotten verkleiden, Bier trinken und - friedlich - miteinander feiern. Ob das in direkter Relation zueinander steht, sollte man ebenso dringlich erforschen wie den Klimawandel. Dann könnten sich die harten Burschen im kommenden Jahr auf der Theresienweise balgen, verkleidet sind die Menschen ja auch dort - und die könnten dann ebenfalls friedlich miteinander feiern. Wie schön wäre das anzusehen.

© SZ vom 23.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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