Linksaußen:Bockstark in die Playoffs

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Es ist Fastenzeit, 40 Tage lang. Die üblichen Ideen: Kein Fleisch, kein Alkohol. Dabei gibt es viel kreativere Ideen, sich selbst zu reinigen: Torschussfasten zum Beispiel.

Von Andreas Liebmann

Seit Mittwoch ist Fastenzeit, 40 Tage lang, und diesmal begann sie mit einer charmanten Idee: Das Umweltbundesamt rief zum Autofasten auf. Was nicht heißen sollte, dass man in seinem Auto bis Ostern auf Essen verzichten soll - sondern auf das Auto selbst. Sich also mittels Bus, Bahn, Fahrrad, Roller, Rikscha, Segelflugzeug oder Zeppelin fortbewegen, zur Not auch zu Fuß. Formel-1-Fahrer sind ausgenommen.

Wie immer gibt es notorische Nörgler, die anmerken, die Behörde solle sich lieber mal mit dem Verkehrsminister über Schadstoffausstoß (der Autos) und Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs unterhalten, sonst wäre das ja so, als würden HSV und andere bemitleidenswerte Gegner den FC Bayern zum Torschussfasten aufrufen, statt die eigene Abwehr zu sortieren. Aber natürlich könnte etwa ein Berufspendler aus dem schweizerischen Schaffhausen auf dem Arbeitsweg prima mal Langdistanz-Triathlon üben: 42,195 Kilometer zu Fuß bis Konstanz, 3,86 Kilometer durch den Bodensee (die fehlenden Meter gerne im Ruderboot) - bleiben 180 Kilometer (Luftlinie) lockeres Ausradeln bis ins Büro nach München. Oder wieso sollte Eishockey-Profi Konrad Abeltshauser, wenn er sowieso in den Bergen wohnt, bei guter Thermik nicht mal per Gleitschirm oder im Wingsuit zum EHC-Training kommen? Wo sein Arbeitgeber solche Ausrüstungsgegenstände doch besitzt.

Früher hieß Fasten nur Nahrungsverzicht. Kein Fleisch, kein Alkohol. Weshalb sich im Mittelalter findige Mönche eine Ausnahmeerlaubnis für Stark- bzw. Bockbier erschlichen, wovon sie sich dann 40 Tage lang ernährten; und sie ihr Fleisch in Nudelteig wickelten, weil Gott, der Allmächtige, bekanntlich alles sieht - außer im Nudelteig. Heute empfiehlt die katholische Bischofskonferenz der USA übrigens während der Fastenzeit den Verzehr von Hummer (kein Witz!). Mediziner raten zu täglich 30 Gramm Honig. Klar ist: 40 Tage können sich ziehen. Das sind, zum Vergleich: 640 Fußballspiele am Stück. Ohne Halbzeitpause. So lange kann sich keiner nur von Starkbier und Maultaschen ernähren, erst recht jene Sportler nicht, für die alljährlich Fasten- und Playoff-Zeit zusammenfallen. Da will jeder Verzicht gut überlegt sein.

Wir zum Beispiel haben uns zum Floskelfasten entschieden. Weshalb sich in dieser wie allen folgenden Ausgaben garantiert nur dann jemand "an die eigene Nase fassen" wird, wenn er Schnupfen hat. Und auch keinesfalls ein "Bock umgestoßen" wird. Allenfalls getrunken. Nach Redaktionsschluss. Prosit!

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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