Linksaußen:Arena ohne Tränen

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Die Arena ist den Filmen Spartacus und Ben Hur gemeinsam: unten Sand, darüber kreischende Massen. Jetzt besitzt auch der FC Pipinsied eine solche.

Von Andreas Liebmann

Spartacus fällt einem ein. Nicht der einzige Anführer eines Aufstandes römischer Sklaven, es gab auch Crixus, Gannicus und Oenomaus, aber die kennt heute niemand mehr. Weil sie nie von diesem Hollywood-Schauspieler mit dem Loch im Kinn gespielt wurden. Spartacus dagegen hat sich vor fast 60 Jahren ins Gedächtnis eingebrannt, wie er in seinem windelähnlichen braunen Lendenhöschen, rechtsseitig geschützt von einem Kettenärmel, mehr als drei Stunden lang über die Leinwand metzelte.

Oder Ben Hur. Der Typ mit dem Wagenrennen. Ein Jahr früher, noch 24 Minuten länger, gespielt von diesem Hollywood-Star, der dank eines schlecht verheilten Nasenbeinbruchs so ziemlich jede historische Figur dargestellt hat. Bis auf Kleopatra und Spartacus. Gemeinsam ist beiden Filmen die Arena: unten Sand (lateinisch: arena, daher der Name), darüber Blut, Schweiß, Tränen und kreischende Menschenmassen. Der Duden definiert eine Arena als Kampfbahn, gern im Amphitheater, oder Schauplatz von Stierkämpfen.

Womit man bei Konrad Höß wäre, dem ehemaligen Milchleistungsprüfer (Stier -> Kuh -> Milch -> Höß - kapiert?). Höß hat bekanntlich, wenn er nicht gerade Rindviecher untersuchte, den FC Pipinsried erfunden, und der besitzt neuerdings ganz ohne Stierkämpfe eine Arena. Die "NAT-Arena", benannt nach einem Sponsor. Ein Schild mit diesem Namen prangt auf dem Holzdach der FCP-Tribüne. Vermutlich waren am Samstag sogar die Münchner Löwen etwas eingeschüchtert, als sie in einer echten Arena antreten durften, wo sie selbst doch nur ein altes Stadion bespielen, spröde benannt nach einer Straße, die zu allem Überfluss in eine stinkreiche Vorortgemeinde führt, Wohnort so manches Bayern-Profis.

Höß hätte das sicher nicht zu träumen gewagt vor Jahrzehnten. Als er - so muss man es sich wohl vorstellen - zum Pflug griff und der Natur im Nirgendwo zwischen Korn- und Maisfeldern ein Rechteck entriss, auf dem er einen erstligatauglichen Rasen züchtete. Das war kurz nachdem woanders auf der Welt Spartacus die Römer vermöbelt hatte - also auf der Leinwand, nicht in echt. Und sogar als er, Höß, ein halbes Jahrhundert später sein Lebenswerk in der Viertklassigkeit vollendet und es grimmigen Herzens seinen Nachfolgern übergeben hatte, deutete noch nichts darauf hin, dass er hier eine Arena hinterlassen haben könnte. Bis jemand das Schild anschraubte. Bestens zu sehen vom gegenüberliegenden Acker.

Nun, schon der SC Fürstenfeldbruck hatte einst die Idee, seinen Stadionnamen gewinnbringend feilzubieten, als einer der ersten. Das Techno-Markt-Stadion brachte im Nachhinein wenig Glück. Heute ist es sogar gängig, volle Teamnamen zu verscherbeln, weshalb im Frauenbasketball ein Fußboden beinahe erstklassig geworden wäre (Burger Estriche). Und mit Stadien oder Hallen begnügt sich längst keiner mehr - eine Arena sollte es schon sein. Ein Dome. Oder ein Tempel. Auch "Konrad-Höß-Kampfbahn" wäre nett gewesen. Zu schade, dass der Altpräsident sein Werk zurzeit so distanziert verfolgt. Sonst hätte er am Samstag (siehe Blut, Schweiß und Tränen) vielleicht sogar etwas Pipi in den Augen gehabt.

© SZ vom 07.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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