Linkaußen:Der böse Wolf und die Arien

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Dass Raubtiere miteinander in Eintracht leben, kommt höchst selten vor, selbst im Zeitalter von Hybridwölfen. Nur im Sport beobachtet man Bären und anderes Getier in friedlicher Koexistenz. Wenn sie einander nicht gerade Probleme bereiten.

Von Andreas Liebmann

Man macht keine Namenswitze, wirklich nicht. Nicht mal, wenn man Niko Kovac heißt. Wobei Frankfurts Trainer es vermutlich gar nicht als Witz meinte, als er nach dem Pokal-Halbfinale zu Protokoll gab: "Wir sind eine Eintracht!" Trotzdem erstaunlich, dass nicht postwendend aus Braunschweig oder Trier, Planegg, Freising oder Karlsfeld gerufen wurde: "Wir doch auch!" Oder aus der Lerchenau, wo ebenfalls ein FC Eintracht spielt. Und jemand aus Dortmund twitterte: "Wir sind eine Borussia" (steht übrigens für Preußen).

Manchmal braucht man Selbstbeherrschung. Etwa als Sonja Busemann noch Tischtennis für den TV Busenbach spielte. Oder Wolfgang Wolf ausgerechnet die Fußballer des VfL Wolfsburg trainierte, Spitzname: "Die Wölfe" (während Wolfsburgs Eishockeyteam bekanntlich Grizzlys heißt, eine Art Hybrid aus dem Wildtiergehege). Apropos: Vor einigen Tagen hat sich der Begriff "Hybrid-Wölfe" in die Nachrichten geschlichen. Dabei geht es natürlich nicht um die Wölfe des VfL, denn die gehören zum VW-Konzern und sind somit eher Verbrennungswölfe. Nein, es geht um echte Wölfe, beziehungsweise: Eigentlich gerade nicht. Sondern um solche, die sich genetisch mit Hunden vermischt haben. An sich eine Unverschämtheit, wo der Mensch doch über Jahrhunderte mühsam seine Hunderassen aus dem Wolf herausgezüchtet hat.

Bayern jedenfalls (das Land, nicht der Verein) hat nun angekündigt, Wölfen keinesfalls je ein Haar zu krümmen - allerhöchstens, aber auch wirklich nur dann, wenn sie mal "verhaltensauffällig" werden. Wenn sie sich also a) mit anderen Wölfen hauen, wenn sie zwicken, beißen, die Zunge rausstrecken. Wenn sie b) in rosa Schlüpfern durch den Wald streifen. Wenn sie c) nachts laute Arien heulen (nicht zu verwechseln mit Arjen, auch wenn der Wolf laut dpa seit vergangenem Donnerstag in den Niederlanden angekommen ist). Oder wenn sie sich d) nicht vegetarisch ernähren. Alle anderen Wölfe bleiben selbstverständlich auch in Bayern weiterhin strengstens geschützt.

Ein winzig kleines bisschen erinnert diese Argumentation natürlich an Problembär "Bruno" (von braun, Bär, hieß also wie der aktuelle Trainer der Wölfe). Die Bestie hielt auch nicht viel von veganer Kost und wurde daher vor knapp zwölf Jahren von einem Jäger abgeknallt. Im aktuellen Wolfskontext verwendet man dafür heute lieber den Terminus "entnehmen" - das bedeutet aber dasselbe. Nur zur Sicherheit: Im Sport dürfen Wölfe selbstverständlich weiterhin so verhaltensauffällig sein, wie sie wollen, sie werden selbst in Bayern weder entnommen noch abgeknallt. Höchstens mal auseinander genommen, zumindest im Fußball. Wenn Freiburgs Wölfe auf Tölzer Löwen treffen, kann es auch anders laufen.

Zurück zum Problembären - und zu Edmund Stoiber, dem man um der historischen Wahrheit willen dringend mal bescheinigen muss, dass er weder Erfinder des Begriffs Problembär war (zu unterscheiden von Normal-, Schad- und Risikobär), noch Bruno damals selbst erlegt hat. Und noch ein Missverständnis, das es aufzuklären gilt: Stoiber ist bekanntlich treuer Anhänger des BCF Wolfratshausen. Dessen Spieler werden allerdings nicht "Wölfe" genannt - sondern die des ortsansässigen Rivalen TSV. Mit dem Traditionsverein von 1864, der heute in der A-Klasse kickt, teilt sich der BCF das Stadion. Soweit man weiß, in völliger Eintracht.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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