LG Stadtwerke München:Hindernis-Springen

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Ein Fuß hält, eine Schulter gibt nach: Die Bilanz der Münchner Leichtathleten bei den deutschen Jugendmeisterschaften.

Von Andreas Liebmann, München

Schmerzmittel können eine wunderbare Sache sein, aber natürlich gibt es Nebenwirkungen. Nur so war zu erklären, dass der Münchner Weitspringer Yannick Wolf am Sonntagabend seinen Trainer bat, er möge der Bundestrainerin Elke Bartschat ausrichten, dass er auf alle Fälle springen werde am nächsten Wochenende. Ein U-20-Länderkampf steht an, mit Großbritannien und Frankreich in Berlin, zur Einstimmung auf die bevorstehende Europameisterschaft. Auf solch einen Wettkampf verzichtet man ungern als 18-Jähriger, der trotz einer Pechsträhne gut in Form ist. Doch Trainer Richard Kick wusste bei all der Euphorie seines Schülers: "Daran ist überhaupt nicht zu denken."

Yannick Wolf saß am Rostocker Flughafen und wartete auf den Heimflug. Ein Arm hing in einer Schlinge. Er hatte sich die Schulter ausgekugelt bei den deutschen Jugendmeisterschaften. Im Krankenhaus war sie eingerenkt und betäubt worden.

Wolf, wie gesagt, ist in guter Form, er war mit der zweitweitesten Vorleistung (7,53 Meter) angetreten. Vor vier Wochen erst hatte er den deutschen Ausscheidungswettkampf zur U-20-Weltmeisterschaft in Tampere gewonnen, das Großereignis dann aber trotzdem verpasst - wegen zwei Zentimetern, die ihm zur Norm fehlten. Nun, in Rostock, hatte er natürlich etwas zeigen wollen. 7,06 Meter im ersten Versuch ("Endlich hat er meine Nerven mal geschont", sagte Kick), 7,13 Meter im zweiten, übertreten beim dritten. "Die Bundestrainerin war begeistert von seinem Anlauf und davon, wie er sich gibt", erzählte Kick, "vielleicht wollte er dann zu viel." Wolf jedenfalls verlor beim vierten Sprung das Gleichgewicht, er landete auf seinem Arm.

Während die anderen Finalisten ihre letzten Versuche absolvierten, war Wolf bereits mit starken Schmerzen auf dem Weg in die Klinik. Dass es für ihn noch zu Bronze reichen sollte hinter Luka Herden (Münster, 7,39 m) und weitengleich mit dem zweitplatzierten Ole Grammann (Uerdingen/Dormagen), erfuhr er später. "Im letzten Jahr um diese Zeit haben wir vier deutsche Meistertitel gefeiert", erinnerte sich Kick an zurückliegende Erfolge seiner jungen Gruppe. In diesem Jahr: Pech. So habe David Faltenbacher bei den U-23-Meisterschaften im Weitsprung um drei Zentimeter eine Medaille verpasst, Dreispringer Paul Walschburger habe dort den potentiellen Siegsprung knapp übertreten. "Es ist nicht zu fassen, aber auch damit müssen wir umgehen. Die Jungs wissen, wie stark sie sind, im Winter packen wir wieder an." Wolf müsse seine Schulter aber "gescheit ausheilen" lassen, ehe er wieder starte.

Bei den Erwachsenen ist die LG Stadtwerke so gut wie nie - dank der Langstaffel der Frauen

Bei anderen Münchnern lief es besser in Rostock. Hochspringer Lucas Mihota, der nach einer Fußverletzung bei der EM in Tampere in der Qualifikation ausgeschieden war, schnappte sich den Titel. 2,13 Meter im zweiten Versuch genügten ihm, danach steigerte er sich sogar auf 2,19 Meter. "Es ist immer ein Glücksspiel, ob mein Fuß hält oder nicht", sagte er. Es sei sein "größtes Glücksgefühl", dass der Fuß der Belastung diesmal standgehalten habe. Ebenfalls zum Titel reichte es in der Altersklasse U18 für Sprinter Fabian Olbert, der die 100 Meter in 10,93 Sekunden absolvierte.

Die im Rahmen der Jugend-DM ausgetragene 3×800-Meter-Frauenstaffel holte mit Christine Gess, Katharina Trost und Mareen Kalis Gold in 6:12,41 Minuten. Mit diesem fünften Titel bei den Erwachsenen sei die LG Stadtwerke in diesem Jahr "so gut wie nie zuvor", betonte Geschäftsführer Christian Gadenne. Für die Jugend gab es weitere Medaillen: Bronze für Linus Limmer (U20) und Silber für Elisabeth Hafenrichter (U18) im Speerwurf, Silber für Julia Zintl (U18) im Stabhochsprung; U-18-Bronze für Cassandra Bailey (Kugel) und Florian Knerlein (200 m); die favorisierte Selina Dantzler musste sich in der U20 mit zweimal Silber (Kugel/Diskus) begnügen.

Wolfs Pechsträhne ging übrigens weiter. Sein Heimflug aus Rostock fiel aus. Der Tross samt Trainer und Eltern wurde im Taxi zum Übernachten nach Berlin chauffiert, Montagmittag landete er mit zwölfstündiger Verspätung in München. Dort ergaben Untersuchungen, dass Wolf operiert werden muss. Seine kurze Euphorie war längst verflogen. Andreas Liebmann

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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