Landesliga-Nachholspiel:Im ganz kleinen Kreis

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Ein schönes Tor, aber „kein Grund zur Freude“: Der künftige BCF-Trainer Michael Rödl musste in Landsberg mal wieder als Spieler aushelfen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der BCF Wolfratshausen verliert personell geschwächt beim Tabellenführer Landsberg. Co-Trainer Michael Rödl muss zu einem Kurzeinsatz aufs Feld - und trifft.

Von Andreas Liebmann, Wolfratshausen

Wenn Michael Rödl seine Fußballschuhe schnürt und sich an der Seitenlinie für seine Einwechslung bereit macht, ist das meist ein schlechtes Zeichen. Weniger für den Gegner, eher aus Sicht der eigenen Mannschaft. Das klingt nicht unbedingt nach einem Kompliment für den 33-Jährigen, der an sich doch ein bayernligaerprobter, technisch und taktisch beschlagener und stets mit vorbildlichem Einsatz agierender Mittelfeldspieler ist. Nur hat er als solcher beim BCF Wolfratshausen seine Laufbahn eigentlich lange beendet, vor etwa zwei Jahren schon.

Die Knochen machten nicht mehr so mit, erklärte er damals. Es dauerte dann allerdings nicht lange, bis er unter dem damaligen Trainer Marco Stier trotzdem wieder ran musste. An diesem Mittwoch in Landsberg wurde er im Nachholspiel beim Tabellenführer TSV Landsberg erneut eingewechselt, inzwischen heißt der Trainer Philipp Bönig, und der BCF kämpft nicht mehr in der Bayern-, sondern in der Landesliga gegen den Abstieg. Und man möchte nicht ausschließen, dass Rödl seine Knochen gelegentlich auch in der kommenden Saison auf den Platz schleppen wird, wenn ihn der Trainer mal dringend braucht, in welcher Liga auch immer. Der Trainer wird dann übrigens Michael Rödl heißen.

Sein Spielerpass sei "in Ungarn verschollen", behauptet der ehemalige Profi Bönig lachend

Am Mittwochabend lohnte sich Rödls zweiter Kurzeinsatz dieser Saison: Er erzielte ein spätes Tor, wenn auch nur noch zum 1:3-Endstand (85.) aus BCF-Sicht. "Es war sogar ganz schön", fand Rödl, sie hatten gepresst, der Routinier hatte einen versuchten Rückpass auf Landsbergs Torhüter vorausgeahnt, war dazwischen gesprintet und hatte den Ball wuchtig in den Winkel getroffen. Trotzdem sei das "kein Grund zur Freude" gewesen, fand Rödl. Man könne beim Tabellenführer verlieren, klar, das habe man schon einkalkulieren können. Doch die Art und Weise habe ihn trotzdem geärgert, sagte der Co-Trainer. Unnötig viel Angst habe sein Team gehabt, die Vorgaben nicht gut umgesetzt, die Körpersprache habe nicht gepasst. Auch Trainer Bönig, der im Sommer nach Garching wechselt, war verwundert. Man habe um die Stärken des Gegners gewusst und dann trotzdem viele leichte Ballverluste gehabt, dank derer Landsberg in die Schnittstellen der BCF-Abwehr gekommen sei. So waren die drei Gegentore entstanden, aus Ballverlusten im Aufbauspiel, einmal sogar aus einem eigenen Einwurf heraus. "Das war sehr ärgerlich", fand Bönig. Nach dem wichtigen 4:1-Sieg vom vergangenen Wochenende in Olching, der Mut und Selbstvertrauen hätte geben sollen, "hätte ich schon erwartet, dass wir etwas gefestigter sind".

Der späte Torschütze Michael Rödl, den beim BCF alle "Mitch" rufen, macht kein Hehl daraus, dass er "lieber nicht" gespielt hätte. Doch die Personaldecke sei zurzeit eben dünn. Genau darin besteht ja das schlechte Zeichen, wenn Rödl auf den Platz muss. Es ist das Signal, dass mal wieder die Spieler ausgehen. Gerade noch 14 Mann standen am Mittwoch auf dem Spielberichtsbogen. Da die Partie gegen Ende ohnehin "relativ durch" gewesen sei, sei er dann eben reingegangen, damit ein anderer sich noch etwas schonen konnte, erläuterte Rödl, denn an diesem Samstag (14 Uhr) steht das wichtige Heimspiel gegen den Tabellenletzten SC Oberweikertshofen an. Drei Spieler, Vincenzo Potenza, Chafi Gobitaka und Anto Bonic, kehren gerade von Verletzungen zumindest ins Training zurück, Josef Zander wird wohl wieder einsatzbereit sein. "Es bleibt ein kleiner Kreis, der es reißen muss", sagt Bönig. Umso ärgerlicher war es, dass in der Nachspielzeit Yasin Keskin Rot sah wegen einer Tätlichkeit, einem Ausraster nach einem Foul. "Komplett unnötig", urteilte Rödl, Keskin wird ja nun eine Sperre erhalten.

Michael Rödl befindet sich aktuell in einer kniffligen Lage. Einerseits muss er sich auf seine künftige Rolle als Chef vorbereiten, andererseits gehe es aktuell "gerade um alles", und wenn er dann auf dem Platz gebraucht wird, wird er eben gebraucht. Er sei so lange hier, dass der BCF sein "Herzensverein" geworden sei, daher habe er das Angebot der Bönig-Nachfolge auch angenommen. "Ich freue mich auf die Aufgabe, auch wenn ich es bedaure, dass ich dann nicht mehr mit Philipp zusammenarbeiten kann", sagt Rödl. Doch ihm ist auch klar, dass der Wechsel in die Position des Cheftrainers heikel sein kann. "Ich habe mir schon Gedanken darüber gemacht, ob das schwierig werden könnte, ob das mit dem Respekt passt." Mit vielen Spielern verbinden ihn Freundschaften. Sein ehemaliger Mitspieler Sebastian Pummer hat vor der Saison aus einer ähnlichen Kumpelrolle heraus das Traineramt beim TuS Holzkirchen übernommen, doch dieser Versuch scheiterte. Trotzdem sagt Rödl: "Mein Ziel ist es, hier vieles mit den Führungsspielern gemeinsam zu erarbeiten."

Von Bönig erhält er viel Unterstützung. "Mitch wird das hundertprozentig lösen. Ich habe volles Vertrauen in ihn, wir haben die gleichen Ansichten vom Fußball." Rödl sei "eine absolute Führungsfigur im Verein, er kennt das Umfeld und er hat auch eine Autorität, die er weiter ausbauen wird", ist sich Bönig sicher. "Auf Mitch ist immer Verlass, als Co-Trainer und als Spieler."

Doch zunächst gelte es, gemeinsam die Klasse zu halten, und da stünden mehrere wichtige Spiele bevor. Auf weitere Einsätze geschweige denn Tore von Rödl sollte man eher nicht angewiesen sein, zumal der ja "nie als Torjäger bekannt" gewesen sei, wie Bönig sagt. Etwas, das beide übrigens gemeinsam haben. Bönig erzielte in 190 Erstligaspielen in Deutschland und Ungarn als Außenverteidiger exakt zwei Tore. Apropos: Wie sähe es eigentlich in personeller Notlage mit einem Spieler Philipp Bönig aus? Der 39-Jährige lacht. Sein Spielerpass, behauptet er, sei "irgendwo in Ungarn verschollen".

© SZ vom 26.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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