Kreisliga-Fußball:Einmal Trainer, immer Trainer

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„Wer den Fredi kennt, der weiß, dass er keiner ist, der nur die Hütchen aufstellt“, sagt Florian Stenzel (li.) über seinen nominellen Co-Trainer Ruthe. (Foto: Manfred Neueder/oh)

Die früheren Unterhachinger Ausbilder Fredi Ruthe und Florian Stenzel wollen den Kreisligisten SV Waldperlach wieder in die Bezirksliga zurückführen - trotz allerlei Hürden.

Von Stefan Galler, München

Man kann sich das so ähnlich vorstellen wie früher, als die Leute zu den Älteren gegangen sind, um sich Ratschläge für verschiedene Lebenslagen zu holen. Für den Fußballtrainer Florian Stenzel gibt es eine solche Instanz heute noch. Nach Spielen trifft er sich gerne mit Harry Deutinger, um mit ihm das Geschehen auf dem Platz durchzusprechen. "Er ist mein Mentor", sagt Stenzel über den 72 Jahre alten langjährigen Co-Trainer der SpVgg Unterhaching. Und auch wenn Deutinger seit sieben Jahren nicht mehr als Coach aktiv ist, dreht sich für den früheren Assistenten von Chefs wie Lorenz-Günther Köstner, Wolfgang Frank oder Rainer Adrion immer noch vieles um das Spiel auf dem grünen Rasen. "Ich verfolge weiterhin den nationalen und internationalen Fußball. Und jetzt schaue ich halt manchmal auch beim SV Waldperlach zu", sagt Harry Deutinger.

Der SV Waldperlach, ein traditionsreicher Klub vom östlichen Münchner Stadtrand, ist seit dem Sommer die sportliche Heimat von Florian Stenzel, 34, und einer weiteren Unterhachinger Fußballlegende: Alfred "Fredi"Ruthe, 58, war sogar noch länger Trainer der SpVgg-Amateure als Deutinger Co-Trainer bei den Profis - 15 Jahre lang hat er die zweite Mannschaft betreut, hat Spieler geformt, die später internationales Renommee erlangten wie Maximilian Nicu, der für Rumäniens Nationalelf auflief, den türkischen Auswahlspieler Ceyhun Gülselam oder den späteren Gladbacher Thomas Broich, dessen Gastspiel in der australischen Profiliga für Schlagzeilen sorgte. Vor seiner Trainertätigkeit hatte Ruthe für Haching in der zweiten Liga gespielt, danach für den SV Lohhof in der Regionalliga, ehe er seine Laufbahn 1994 beendete - und kurz danach als Amateure-Trainer zur SpVgg zurückkehrte. In den letzten Jahren hat er wieder selbst die Fußballstiefel geschnürt, in einer Kleinfeld-Seniorenmannschaft in Haching und bei den Alten Herren des SV DJK Taufkirchen. "Ich habe eigentlich keinen Trainerjob mehr gesucht", sagt Ruthe. "Dann kam Flo mit dem Angebot. Und das genau zu einem Zeitpunkt, wo ich selbst wegen chronischer Hüftprobleme nicht mehr spielen konnte." Noch in diesem Jahr will er sich einer Operation unterziehen.

Gemeinsam verfolgen Stenzel und Ruthe nun das Ziel, den SV Waldperlach, der im Sommer in die Kreisliga abgestiegen ist, in die Bezirksliga zurückzuführen und dort zu etablieren. "Der Aufstieg ist das klar kommunizierte Ziel", sagt Stenzel. Das Projekt sei auf zwei Jahre ausgelegt, dann werde man weitersehen. Doch bislang läuft es gut: Nach neun Spielen liegen die Grün-Weißen an der Tabellenspitze, die jüngsten fünf Partien wurden alle gewonnen. Dass sich die Abläufe langsam einspielen, merkte man kürzlich beim 3:2-Derbysieg gegen den ebenfalls ambitionierten TSV Ottobrunn. "Fredi und ich kannten zu Saisonbeginn die Liga nicht, auch die Mannschaft musste sich in der Kreisliga erst wieder akklimatisieren", erklärt Stenzel, der mit den Bedingungen bei seinem neuen Verein mehr als zufrieden ist: "Eine Mannschaft mit viel Potenzial, die können kicken und sind taktisch gut ausgebildet. Wir haben eine super Anlage und einen guten Vorstand", sagt Stenzel. Und auch der Kader kann sich sehen lassen, eine gute Mischung aus hungrigen Talenten wie dem 19-jährigen Verteidiger Luca Mancusi, den Ruthe noch aus der U11 von Haching kennt, sowie erfahrenen Kräften wie Kapitän Thorsten Walfort, der einst für den FC Ismaning in der Regionalliga und Bayernliga gespielt hatte.

Derartig gute Voraussetzungen mussten es auch sein für die beiden, damit sie sich das Traineramt überhaupt wieder zumuteten. Stenzel hatte seine Karriere einst bei Haching als Hospitant des damaligen A-Juniorencoaches Mike Frühbeis gestartet, war dann zu Ruthes Amateuren gewechselt; und blieb auch noch dort, als jener 2010 gehen musste und Manfred Schwabl den treuen Harry Deutinger zum Coach der zweiten Mannschaft machte. 2012 wurden die SpVgg-Amateure dann abgemeldet, Stenzel gehörte fortan zum Trainerstab der ersten Mannschaft unter Heiko Herrlich und Manuel Baum und wurde Nachwuchstrainer beim FC Deisenhofen. Anschließend trainierte er kurzzeitig die in Auflösung begriffene FT Starnberg 09, die heute keine Männermannschaft mehr im Spielbetrieb hat. Es folgten dreieinhalb Jahre beim TSV Schäftlarn. Nachdem es dort "einmal um ein Tor und einmal um einen Punkt" (Stenzel) nicht gereicht hatte, stieg das Team aus dem Isartal im dritten Jahr endlich in die Kreisklasse auf. Doch im folgenden Jahr rauschte der TSV wieder runter, Stenzel ging zum FC Stern, wo es jedoch "nicht gepasst" habe. Zuletzt pausierte er erstmals nach 14 Jahren im Trainergeschäft. Und er genoss es, mal nicht jedes Wochenende als verantwortlicher Coach an der Linie stehen zu müssen.

Er pflegte seine Freundschaften zu Deutinger und Ruthe, fachsimpelte mit beiden regelmäßig über Fußball. Dann kam auf Vermittlung des früheren Hachinger Torwarttrainers Ralf Bernhard das Angebot aus Waldperlach. "Harry hatte keine Ambitionen, also habe ich Fredi gefragt - und der sagte zu. Aber nur, wenn wir es als Duo machen würden", sagt Stenzel. Nominell ist Ruthe, der seit seinem Ausscheiden in Haching keinen Trainerjob mehr innehatte, nur der Co-Trainer. "Aber wer den Fredi kennt, der weiß, dass er keiner ist, der nur die Hütchen aufstellt", so Stenzel. Und deshalb seien sie ein gleichberechtigtes Trainerduo, das sich die Arbeit aufteilt.

Und so kann Ruthe sich wieder der Ausbildung junger Spieler widmen, denn das haben sich die beiden auch vorgenommen: Jedes Jahr möchte man ein bis zwei Eigengewächse in der ersten Mannschaft integrieren. Große Sprünge sind mit den finanziellen Voraussetzungen in Waldperlach jedenfalls nicht möglich: "Bei uns gibt es keine Grundgehälter, höchstens mal ein Mannschaftsessen oder ein paar Wiesn-Mass", sagt Stenzel Ruthe ergänzt: "Man muss sich vor Augen führen, dass das alles blutige Amateure sind, die andere Prioritäten im Leben setzen." Aber auch wenn von der Trainingsbeteiligung bis zu teilweise unbespielbaren Plätzen alles unberechenbar sei, mache es doch viel Spaß. Die Eingewöhnung sei ihm nicht schwer gefallen: "Einmal Trainer, immer Trainer. Das ist wie Radlfahren."

© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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