Judo-Bundesligist Großhadern:Matten im Bierzelt

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Und die Musi spielt dazu: Großhaderns Hugo Murphy (oben) bringt Gegner Dominic Hofmann zu Fall. (Foto: Johannes Simon)

Der TSV Großhadern lagert seinen ersten Heimkampf in der Judo-Bundesliga auf das Haderner Volksfest aus. Eine gute Entscheidung, nicht nur wegen des überzeugenden Sieges gegen Rüsselsheim.

Von Julian Ignatowitsch, Großhadern

Eine Lederhose hat Karl-Richard Frey noch nicht. Überhaupt, die bayerische Kultur, sie sei schon ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Samstagnachmittag in Großhadern: eine Festwiese, darauf ein Zelt, drinnen sind Bierbänke aufgebaut, viele Besucher in Tracht, es wird Bier ausgeschenkt, alles normal soweit, nur: In der Mitte liegen Sportmatten.

Der erste Saison-Heimkampf der Judomänner des TSV Großhadern fand diesmal auf dem alljährlichen Haderner Dorffest statt. Japanische Kampfkunst meets bayerische Tradition. Öfter mal was Neues: Dass Großhadern einen Heimkampf außerhalb der Siegi-Sterr-Halle bestritt, ist schon mehr als 35 Jahre her. Die Münchner wussten diesen doppelten Heimvorteil zu nutzen und siegten gegen den JC Rüsselsheim mit 10:4 Punkten. "Deutlicher als erwartet", sagte Trainer Ralf Matusche. Die Siege von Hugo Murphy (bis 90 Kilogramm) und Edward Freidenberg (+100 kg) waren nicht eingeplant. "Anders bei Karl-Richard Frey, mit dessen Siegen haben wir fest gerechnet."

Großhaderns Zugang erfüllte die Vorgabe mit zwei problemlosen Siegen. Dass sein Premierenkampf in dieser Szenerie stattfand, war gleichzeitig ein schöner Zufall. Einerseits konnte der Kölner sich auf diese Weise gleich mit seinem neuen Klub und der dazugehörigen Vereinskultur vertraut machen, andererseits bekam sein sportlicher Auftritt so gleich die angemessene Aufmerksamkeit von einem breiten Publikum. Nicht alle Besucher waren schließlich wegen des Sports aufs Volksfest gekommen, sahen sich dann aber gerne mal an, was die Judo-Bundesliga zu bieten hat.

Frey war zweifellos die Hauptattraktion. Der 23-Jährige gehört derzeit zu den besten deutschen Judoka, noch vor Olympia-Bronzemedaillengewinner Dimitri Peters, mit dem er sich um einen Platz für die Sommerspiele 2016 streitet. "Der Gedanke an die Olympischen Spiele ist immer da, ich schlafe damit ein und habe auch schon geträumt, dass ich Olympiasieger werde", sagt er. Trotz der vielen internationalen Wettkämpfe, die im Hinblick auf sein großes Ziel entscheidend sind, kämpft Frey gerne in der Bundesliga. "Ich will mich immer von meiner besten Seite zeigen", sagt er, "auch für den Verein." Der Teamwettbewerb hat für die meisten Spitzenjudoka, die den Rest des Jahres auf sich allein gestellt sind, nach wie vor einen besonderen Reiz - auch finanziell. Dass der Rekordmeister TSV Abensberg sein Team zurückgezogen hat, beeinträchtigt die Attraktivität der Liga bisher kaum. Das Niveau ist weiterhin hoch, die Kämpfe ausgeglichener. Das Rennen um die Meisterschaft ist so offen wie seit Jahren nicht mehr.

Dennoch habe er sich ein wenig müde gefühlt, räumte Frey ein. Sein Trainingsplan ist eben doch auf die großen Wettkämpfe ausgelegt, bereits Ende Mai ist das World Masters und im August sind die Weltmeisterschaften, Pausen sind daher rar. "Aber damit ich auf dem Rücken lande, muss schon viel passieren", sagt er selbstbewusst. "Ich gehe auf die Matte und denke: der Andere kann mich nicht schlagen." Entsprechend ruhig und selbstsicher wirkte sein Auftritt, die zwei Siege waren ungefährdet. Von Müdigkeit war nach außen nichts zu erkennen. Frey will in diesem Jahr so viele Kämpfe wie möglich für Großhadern machen.

Der Verein ist umgekehrt über jeden Einsatz seiner prominenten Neuverpflichtung froh, denn auch an diesem Samstag fehlten wieder einige Athleten aus dem Nationalkader: Tobias Englmaier, Igor Wandtke, Alexander Wieczerzak, Aaron Hildebrandt: Sie alle waren anderweitig unterwegs. Dafür überzeugten andere: Christoph Köberlin (-60 kg) erzielte, wie schon zum Saisonauftakt, zwei souveräne Siege. Stefan Friedrich (-81 kg) gewann gegen Lars Kilian im Schnelldurchgang nach 52 Sekunden. Julian Kolein (-73 kg) revanchierte sich mit einem hart erkämpften Sieg gegen Tobias Schirra für die Niederlage im Finale der deutschen Meisterschaft. Dazu die Punkte der internationalen Kämpfer Matjaz Trbovc (-66 kg) und Laszlo Csoknayai (-81kg) sowie die Überraschungserfolge von Murphy und Freidenberg - und natürlich die beiden Punkte von Frey.

"Man muss Judo essen, träumen und schlafen", erklärt der sein Erfolgsrezept. In Bayern vielleicht auch trinken. Auf ein Bierchen ("eins ist okay") mit seinen Teamkollegen durfte Frey anschließend anstoßen. Die Lederhose fehlte noch, das soll sich aber spätestens bis zum Oktoberfest ändern. Dort feiert Großhadern dann traditionell seinen Saisonabschluss. Und dort will man in diesem Jahr nach 14 Jahren ohne Titel endlich wieder die deutsche Meisterschaft bejubeln.

© SZ vom 11.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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