Jazz-Festival:Ein schönes Signal

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Der Bassist Martin Zenker ist der Motor des Jazzfestivals. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Interessengemeinschaft Jazz hat mit ihrem Engagement dem Landkreis Ebersberg ein Musikfestival von hohem künstlerischen Rang geschenkt

Von Rita Baedeker

Die "Jazzpolizei", eine ironische Bezeichnung für all jene, die sich gerne als Gralshüter der reinen musikalischen Lehre aufspielen, gibt es schon lange. Nun bekommen die Sitten-Wächter möglicherweise sogar ein amtliches Kennzeichen: Bei der Verleihung des Tassilo-Kulturpreises der SZ an die Interessengemeinschaft Jazz halten Bassist Michael Liese vom Organisationsteam der Jazz-Initiative Grafing, Mitstreiter und Saxofonist Joachim Jann sowie der Grafinger Bassist und Pädagoge Josef Ametsbichler das Kennzeichen EBE-JAZZ 17 als Markenzeichen in die Höhe. Das würde doch gut zum Dienstwagen der Jazzpolizei passen, erklären sie mit einem Lächeln. Das Schild zeigt auch: Es wird eine Fortsetzung geben für das internationale Jazzfestival, das vergangenen Oktober Grafing und Ebersberg elektrisierte. Und an dem, nebenbei bemerkt, die "Jazzpolizei" nichts auszusetzen gefunden hätte.

SZ-Redakteurin und Jurorin Sabine Reithmaier erfährt von den drei Vertretern der IG bei der Übergabe des Preises dann auch gleich, dass diese längst mit allen Sinnen und jeder Faser ihres Herzens in den Vorbereitungen für das nächste Festival stecken. Mit den Worten "Sie wirken so ernst", begrüßt sie das Trio. Er habe den Erfolg halt noch immer nicht ganz verkraftet, gesteht Ametsbichler beim Talk auf der Bühne. Und erzählt, wie er damals, vor 35 Jahren, als junger Musiker von dem US-amerikanischen Bassisten Ron Carter geschwärmt und dessen Noten abgeschrieben habe. "Er war für mich immer ein großes Vorbild, ich wollte mal so gut werden wie er. Der Gedanke, ich würde dem mal persönlich die Hand schütteln, wäre mir damals verrückt vorgekommen. Und nun ist es geschehen", sagt er und lacht.

Es scheint, als könne er es immer noch nicht glauben, welch großartiges und glücklich endendes Abenteuer sich aus der vor ein paar Jahren von engagierten Amateuren ins Leben gerufenen Musiker-Initiative "Jazz-Grafing" entwickelt hat. Auch Michael Liese wundert sich darüber, dass bei der Premiere weder Pleiten noch größere Pannen zu verzeichnen waren. Das Jazzfestival, bei dem es, wie die Organisatoren berichten, weder Gewinne noch Verluste gab, erwuchs aus einem Samenkorn, genährt von Engagement, Spielfreude und einem dem Jazz zugeneigten Grafinger Klima. Kein Wunder, dass man sich in der Münchner Szene schnell einen guten Ruf erwarb und zahlreiche namhafte Musiker, auch aus dem Ausland, nach Grafing lockte, die mit der aus dem Spendenhut gezauberten Gage, frenetischem Applaus und einer familiären Atmosphäre durchaus zufrieden waren.

Liese, Jann und Ametsbichler sind stellvertretend für die anderen Musiker und Initiatoren nach Krailling gekommen, die an diesem Abend durch andere Verpflichtungen verhindert sind: allen voran der Grafinger Frank Haschler, Schlagzeuger und Percussionist sowie Organisator dieses Festivals, das mit 105 Musikern und 22 Veranstaltungen an sieben Spielorten zum Großereignis wurde. Zur Riege der Veranstalter zählen außerdem Friedhelm Haenisch, Cellist und Vorsitzender des Kulturvereins Grafing, Veranstaltungsprofi Markus Bachmeier, Chef von Altem Kino und Altem Speicher in Ebersberg, Musikschulleiter Peter Pfaff, Jazzsängerin und Festivalmoderatorin Nina Plotzki aus Moosach sowie der Bassist und derzeit in Ulan Bator in der Mongolei lehrende Kirchseeoner Musiker Martin Zenker, der als Kraftzentrum die Fäden spinnt und seine in alle vier Winde reichenden künstlerischen Kontakte anzapft.

Über den Preis zeigen sich die Drei von der IG hocherfreut. "Schön, dass es bei uns jetzt den Jazz getroffen hat", erklärt Josef Ametsbichler." Die Auszeichnung sei auch ein Indikator dafür, dass der Jazz in den Herzen der Menschen einen festen Platz erobert habe, ergänzt Michael Liese und fügt hinzu. "Der Preis ist ein schönes Signal für alle, die uns bei der Realisierung des Festivals unterstützt haben." Der Preis habe in erster Linie eine ideelle Bedeutung, davon ist auch Joachim Jann überzeugt.

Das Programm der Tassilo-Preisverleihung im Festzelt des soeben zu Ende gegangenen Kraillinger Kult-Art-Festivals finden alle Drei großartig und loben die Vielfalt der ausgezeichneten Künstler und Genres. "Man hört hier Sachen, die man sonst nirgendwo kennen lernen kann", sagt Ametsbichler. Joachim Jann macht sich sogleich auf, um Kontakte zu anderen Preisträgern zu knüpfen, etwa zum Ensemble der Bluestrings. Und schon ist eine Zusammenarbeit unter Dach und Fach.

Das Preisgeld werde als "Grundstock" für das nächste Festival verwendet, berichtet Ametsbichler. Im Herbst 2017 ist es wieder soweit. Dann werden die Mitglieder IG Jazz - die ausdrücklich kein Verein ist oder sein will - samt vielen weiteren ehrenamtlich tätigen Menschen an einem Strang ziehen, werden die Nerven blank liegen und die Nächte zum Tag werden. Dann werden, wenn alles klappt, gute Geister, großzügige Sponsoren, eine freundlich gesinnte Glücksgöttin Fortuna und Musiker aus aller Welt den Besuchern ein Musikfest erster Güte bereiten. Der Tassilopreis, er ist für das Projekt eine feine Ermunterung. Und die Jazzpolizei? Die braucht dabei kein Mensch.

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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