Hockey in München:Projekt Hochburg

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Der Stadtrat gibt grünes Licht für ein neues Hockey-Leistungszentrum auf dem Gelände des Münchner Sportclubs in der Lerchenau. Die Kosten liegen bei 11,9 Millionen Euro, spätestens 2017 soll es fertig sein. Der MSC betont schon mal vorsorglich, nicht der große Profiteur zu sein

Von Carolin Ranz, München

München stellt sich gerne als Sportstadt dar, und die Fakten sprechen ja auch für sich: Im FC Bayern hat sie ihr größtes Aushängeschild. Zudem zählt die Landeshauptstadt mehr als 650 Sportvereine, viele Spitzensportler wählen München als ihren Stütz- und Lebensmittelpunkt. "Leistungssport wird in München einfach gefördert", findet Klaus Sender, Vizepräsident des Bayerischen Hockey-Verbandes (BHV). Doch eine Hockey-Hochburg ist München nicht. Zwar feierten die Frauen des Münchner Sportclubs (MSC) erst vor einer Woche im Kampf um die deutsche Meisterschaft den ersten Finaleinzug der Vereinsgeschichte, doch das Männerteam beispielsweise ist nach nur einem Jahr in der Bundesliga wieder abgestiegen. Vielleicht auch, weil die Nationalspieler fehlten. Dominierend im deutschen Hockey sind seit Jahren Hamburg und Köln.

Viele Talente ziehen dorthin, der guten Trainingsmöglichkeiten wegen. Felix Knoblauch wechselte kürzlich zum Club an der Alster. "Dieser Abwanderung hoffen wir nun entgegenwirken zu können", sagt Münchens Sportamtsleiter Thomas Urban. Er meint das zukünftige Hockey-Leistungszentrum, das in den nächsten zwei Jahren in München entstehen soll. Am vergangenen Mittwoch verabschiedete der Sportausschuss des Stadtrats den Projektauftrag, die Grundsatzentscheidung für das Leistungszentrum fiel bereits 2011. Natürlich ist der zweite Platz bei der DM für die MSC-Frauen ein "glücklicher Zufall", der mit dem Beschluss des Baus zusammengefallen war, doch mehr auch nicht. Aber es sei ja schließlich nicht von Nachteil, ein teures Leistungszentrum zu bauen, wenn "erfolgreiche Sportler in der Stadt sind", sagt Urban.

11,9 Millionen Euro soll das Zentrum kosten, die Risikoreserve inbegriffen. Eine stattliche Summe, wofür die Stadt nun einen Antrag auf Bezuschussung an die Bundesregierung und den Freistaat Bayern stellt. Nur einmal im Jahr finden diese Verhandlungen statt, erklärt Urban, "deshalb war der Beschluss zum Projektauftrag jetzt so wichtig". Im September dann entscheidet sich, wie hoch sich Freistaat und Bund an den Investitionen beteiligen.

Neben einem neuen Kunstrasenplatz wird die Halle mit Zuschauertribünen das Herzstück des Zentrums, um dort Ligaspiele durchführen zu können. Zudem stellt das Zentrum mit Kraftraum, einer Sauna und Massageräumen laut Urban "optimale Trainingsbedingungen" zur Verfügung. Über die athletische Komponente des Kraftraums freut sich auch MSC-Sportdirektor Stefan Kermas, die das "ganzjährige Training optimieren wird". Dabei will Kermas aber ausdrücklich klarstellen, dass der MSC nur Grundstücksbetreiber sei und nicht als der große Profiteur aus dem Deal hervorgehe. "Am meisten profitiert ganz Hockey-München von diesem Bau", sagt er. Denn auch wenn die Halle auf dem MSC-Gelände entstehen wird, ist das Leistungszentrum keine vom MSC finanzierte oder für ihn konzipierte Anlage.

Der 23-jährige Felix Knoblauch wechselt zum Club an der Alster, der guten Trainingsbedingungen wegen. (Foto: Claus Schunk)

Das Grundstück für den Neubau wird dabei aus dem Erbpachtvertrag des MSC herausgenommen und an die Stadt München zurückgegeben. Diese übergibt nach Fertigstellung das Zentrum wiederum an den BHV, der als Betreiber fungiert. Das Zentrum dient somit allen hockeytreibenden Vereinen in München, die Trainingszeiten werden fair verteilt. "Das war ganz wichtig bei der Sitzung. Wir haben Kooperationsvereinbarungen mit den Münchner Vereinen getroffen, die die Benutzungszeiten regeln", erzählt BHV-Vize Sender.

Neun Jahre arbeiten der BHV und Münchens Vereine schon an der Umsetzung. Seit 2006 reift die Idee des Leistungszentrums. Als in Bad Reichenhall die Eishalle unter einer Schneelast zusammenbrach und dabei mehrere Menschen ums Leben kamen, untersuchte der MSC seine Hockey-Halle, die dieselbe Dachkonstruktion besaß. Aufgrund von Mängeln wurde die Halle geschlossen, der MSC konnte die Sanierungskosten nicht bezahlen und zog irgendwann für Hallenspiele nach Allach um. Der dort ansässige Klub musste sich dann wiederum an die Zeiten des Erstligavereins anpassen.

Wichtigstes Argument war für Sender daher, "dass mit diesem Zentrum unheimlich viele Mannschaften aus städtischen Hallen raus können und im Zentrum trainieren". Dadurch wird Platz für andere Teams und Sportarten frei, denn "jeder jammert ja über zu wenig Platz und zu wenig Trainingszeiten". Rein sportlich ist für Abteilungsleiter Philipp Crone von Rot-Weiß München das Zentrum ein "richtiges und vor allem wichtiges Signal" für den Hockeystandort München. Konkurrenzdenken? Fehlanzeige. "Wir wollen München als Standort zusammen verbessern".

Mängel am Dach: Die MSC-Halle ist seit Jahren geschlossen, sie soll abgerissen werden. Auf ihrem Grund ist das neue Leistungszentrum geplant. (Foto: Robert Haas)

Denn Süddeutschland sei im Hockey in den letzten Jahren abgerutscht, mittlerweile "reichen auch zwei Elite-Unis nicht mehr aus, damit Spieler zum Studieren einfach mal hierher wechseln, oder weil die Stadt so schön ist", sagt Crone. "Die muss man auch alle finanziell unterstützten." Dennoch wachse der Standort in München. Der Zulauf im Nachwuchs sei enorm groß, doch der Platz fehle. Mit dem Leistungszentrum wird dieser gegeben und es sei essenziell, dass die jungen Spieler in München ausgebildet werden und die Münchner Vereine "nicht auf Spieler aus ganz Deutschland angewiesen sind, die nach Süddeutschland wechseln".

Daher gilt die kommende Eliteschule des Sports als weiterer wichtiger Baustein für die Talentförderung im Hockey. Wenn die Schule 2016 in Betrieb genommen wird, wird Hockey zwar noch nicht dabei sein. Der Antrag, im darauffolgenden Jahr als Sportart aufgenommen zu werden, sei aber fertig, sagt Sender. Klaus Sarsky, Laufbahnberater des Olympiastützpunkts und Antragsbegutachter, warte allerdings noch "ein wenig verwundert" auf eben diesen. Nun ja, etwas Zeit dafür bleibt ja noch.

Das Hauptaugenmerk liegt zunächst auf dem Leistungszentrum, dessen Fertigstellung Klaus Sender euphorisch bis "2016 als spätesten Zeitpunkt" erwartet. Thomas Urban sieht das deutlich nüchterner und hält 2016 oder auch 2017 für realisierbar. Die Arbeiten sollen im kommenden Frühjahr starten. Stefan Kermas würde am liebsten schon jetzt "direkt davorstehen" und die neuen Vorzüge der Halle in sein Training einplanen. Fast ein Jahrzehnt haben Münchens Hockeyvereine darauf gewartet, "da werden wir jetzt die zwei Jahre auch noch hinbekommen". Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude.

© SZ vom 16.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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