Hockey-Bundesliga:Remis mit Knalleffekt

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Besser als erwartet: Die MSC-Frauen liegen nach der Hinrunde auf Rang drei, Jaqueline Dorner (Mitte) traf am Samstag gegen Hamburg. (Foto: Schunk)

MSC-Frauen bringen Ligaprimus an den Rand einer Niederlage

Von Alexander Mühlbach, München

Am Ende konnte Benjamin Lang seine Wut nicht mehr zurückhalten. Die ganze zweite Hälfte der Partie gegen den Düsseldorfer HC, den Tabellenführer der Frauen-Hockey-Bundesliga, hatten die Schiedsrichterinnen Entscheidungen getroffen, die der Trainer des Münchner Sportclubs (MSC) nicht nachvollziehen konnte. Zwei Strafecken nicht gegeben, mehrere Fouls übersehen, dafür aus seiner Sicht normale Zweikämpfe seiner Spielerinnen abgepfiffen. Letzteres hatte Lang schon während der Partie so in Rage gebracht, dass er der Schiedsrichterin an der Seitenlinie nachlief und immer wieder fragte: "Warum hast du das gepfiffen?"

Nun war es Lang zu viel. Fast mit Schlusspfiff entschieden die Referees auf Strafecke für Düsseldorf. Beim Stand von 3:3. Nur zwei Minuten zuvor hatte der MSC ausgeglichen, nachdem Lang seine Torhüterin gegen eine weitere Feldspielerin ausgetauscht hatte, um die beste Abwehr der Liga in Überzahl unter Druck setzen. Diese Strafecke würde die letzte Aktion des Spiels sein. Lang nahm sich einen Ball und pfefferte ihn übers Spielfeld, ehe er gegen den Zaun knallte.

"Die Schiedsrichterinnen hatten keine klare Linie", erklärte Lang kurz nach der Partie. Sein Team hatte das 3:3 gerettet, er klang nun ruhig, analytisch - in jener Tonlage, die viel eher zu dem höflichen, groß gewachsenen Mann passt, der am Anfang der Saison jede Anweisung mit einem "bitte" vortrug und sich danach bei seinen Spielerinnen artig bedankte. Umso bemerkenswerter, wie viele Emotionen er nun während des letzten Hinrundenspiels zeigte. Daran ließ sich auch das Selbstbewusstsein des MSC ablesen, der Glaube daran, die bislang ungeschlagenen Düsseldorferinnen besiegen zu können. Seit dem zweiten Spieltag hat München keine Partie mehr verloren. Einer 2:3-Niederlage gegen den Meister UHC Hamburg waren vor dem Spitzenspiel sieben Duelle ohne Niederlage gefolgt, wodurch der MSC auf Rang drei kletterte.

Das hatte im Verein so niemand erwartet, trotz des zweiten Platzes aus der Vorsaison. Fünf Weggänge gab es, der Kader wurde verkleinert, und auch Trainer Lang ist neu. Er wechselte zu Saisonbeginn von der Männer- zur Frauenmannschaft und musste sich erst zurechtfinden, was schwieriger begann als gedacht. Noch Mitte September sagte Lang, im Frauen-Hockey sei alles "anders" und "etwas langsamer", er wusste nicht recht, wie er das Team ansprechen sollte, was auch die vielen "bitte" und "danke" erklärte. Wohl auch deswegen hatte er das Saisonziel vorsichtig formuliert: "Man kann als Vizemeister ja kaum den Nichtabstieg als Ziel ausgeben."

Nach zehn Partien sind die Absprachen deutlicher und Langs Handschrift erkennbar geworden, der MSC spielt mutiger, offensiver und kombinationssicherer als zu Saisonbeginn. Die Spieleröffnung kam auch am Sonntag meist aus dem Zentrum mit langen Bällen, die den DHC überfallartig in Bedrängnis brachten. Nach 20 Minuten führte der MSC 2:0. "Wir hatten Düsseldorf am Rand einer Niederlage", sagte Kapitänin Hannah Krüger. Selbst vom Anschlusstreffer ließ sich ihr Team nicht beirren, erhöhte den Druck und ließ den Ball im gegnerischen Drittel laufen. Zeitweilig spielten die Gastgeber den Tabellenführer so an die Wand, dass man sich fragte, wer hier der Erste ist.

Und doch fehlte zum Überraschungssieg am Ende eine wichtige Eigenschaft: die Abgeklärtheit, ein solches Spiel nicht mehr aus der Hand zu geben. Als Düsseldorf Mitte der zweiten Hälfte die Räume eng machte und das Spiel immer emotionaler wurde, verlor der MSC den Spielfluss und lag plötzlich 2:3 hinten. "Wenn man 2:0 führt und dann drei Gegentreffer bekommt, fängt man einfach das Nachdenken an", erklärte Lang. Er weiß, dass er in der Rückrunde noch einige Wochen Zeit bekommt, um seine Mannschaft in diesem Bereich zu verbessern. "Das ist das, was Spaß macht", versicherte er lächelnd - so, als könne er auch seine Freude kaum mehr zurückhalten.

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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