Herrschings Volleyballer:Was für die Seele

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"Den machen wir schon noch zur Drecksau": Herrschings braver Annahmespezialist Phillip Trenkler findet langsam zu seinem Spiel. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach drei Liga-Niederlagen in Serie qualifizieren sich Herrschings Volleyballer mit ihrem 3:1-Sieg beim Drittligisten Gotha fürs Pokal-Achtelfinale. Doch dort wartet in Berlin ein unbezwingbarer Gegner

Von Sebastian Winter, Herrsching

Eigentlich wollten Herrschings Volleyballer endlich einmal ihre Auswärtstrikots anziehen, am Mittwoch im Pokal-Achtelfinale beim Drittligisten VC Gotha. Sie hatten ja bislang nur einen Satz Heimjerseys in Lederkosen-Optik, und es war den Spielern zunehmend lästig geworden, ihre Kleidung immer schnellstmöglich nach Spieltagen in die Waschmaschine zu stecken, damit sie vor dem nächsten Duell auch ja wieder trocken wird. Doch aus ihrem Plan wurde nichts. Denn als die Herrschinger ihr weißes Dress überstreiften, kam gleich ein Spieler Gothas zu ihnen und sagte: "Leider spielen wir schon in Weiß." Also doch wieder: Trachtenoptik.

Sie hinderte den Erstligisten nicht daran, das Spiel erwartungsgemäß, aber doch mit einiger Mühe 3:1 (25:18, 20:25, 25:15, 25:15) zu gewinnen, was TSV-Trainer Max Hauser treffend mit folgendem Satz kommentierte: "Wir haben verdient nur mit 3:1 gewonnen." Zugleich dürfen sich die Herrschinger freuen, auch wenn nicht alles reibungslos lief in diesem Spiel vor 500 euphorischen Zuschauern in der kleinen, vollen Ernestinerhalle in Gotha: Denn sie haben zum ersten Mal in ihrer Vereinsgeschichte das Pokal-Viertelfinale erreicht. "Es ist nicht lange her, da haben wir selbst noch in der dritten Liga gespielt", sagte Hauser, "dass wir jetzt im Viertelfinale stehen, ist einer unserer größten Erfolge."

Dass die Losfee den Herrschingern am selben Abend im Spitzenklub Berlin einen quasi unbezwingbaren Gegner in der Runde der letzten Acht am 25. November bescherte, noch dazu auswärts, dämpfte die gute Stimmung bei den TSV-Volleyballern allerdings. "Das verursacht Kosten, viele Kilometer, und es springt nichts heraus dabei", haderte Hauser, zumal das Spiel auch noch unter der Woche stattfindet, was es für Herrschings "arbeitende Bevölkerung eher schwer macht", wie TSV-Diagonalspieler Daniel Malescha es ausdrückte.

Aber insgesamt überwog am Ende dieses Abends doch die Freude bei den Herrschingern, "das war ein bisschen Balsam nach den drei schwierigen Spielen", sagte Malescha bezüglich der Niederlagen in Bühl, Berlin und gegen Düren. Es war zugleich ein Spiel, wie es typisch ist für ein Pokalduell zwischen krassem Außenseiter und Favoriten im Volleyball - einem Sport, wo es viel weniger Überraschungen in solchen Vergleichen gibt als zum Beispiel im Fußball. Auch weil die Dritt- und fast alle Zweitligisten reine Amateurklubs sind.

Herrsching fand jedenfalls, nach 400 Kilometern Anreise mit Kleinbus und Pkw, überraschend schnell seinen Rhythmus, Hauser hatte auch gleich ein Zeichen gesetzt und die Stammformation aufgestellt. Zwar hielten die Gothaer gut mit, doch Richtung Ende des Satzes ließen die Gäste keinen Zweifel daran, zu welchem Zweck sie nach Thüringen gereist waren: Mit einem klaren Sieg schnell wieder nach Hause zu fahren. Doch im zweiten Satz zeigte sich, wie sehr ein Favorit trotz zwei Ligen Unterschied ins Wanken geraten kann.

Hauser wechselte durch, Zuspieler Tobias Neumann ersetzte Patrick Steuerwald, Außenangreifer Benedikt Doranth kam für Phillip Trenkler, Mittelblocker Peter Ondrovic für Roy Friedrich. Plötzlich funktionierte überhaupt nichts mehr, Herrsching machte nur noch Eigenfehler, Gothas Aufschläge wurden immer besser. Beim Stand von 4:7 nahm Hauser die erste Auszeit, Herrsching kam heran, Gotha zog wieder davon - auf 18:13. "Da sind wir zu passiv und laufen die ganze Zeit einem Rückstand hinterher", sagte Malescha. Und Herrsching fand kein Mittel mehr, noch einmal heranzukommen. Hauser kehrte in den beiden folgenden Sätzen dann zu seiner Startaufstellung aus dem ersten Satz zurück, der TSV spielte wieder wesentlich konstanter, weniger fehlerhaft und gewann das Spiel letztlich souverän.

Die Partie hatte auch abseits des Sieges einige positive Nebeneffekte für Herrsching. So kehrte Mittelblocker Michael Wehl nach vier Wochen Verletzungspause aufs Feld zurück, spielte alle vier Sätze und blockte sehr ordentlich. Außenangreifer Julius Höfer wurde erstmals als wertvollster Herrschinger ausgezeichnet. Außerdem war Hauser von Trenklers Leistung angetan. "Er hatte gegen Düren keinen so guten Tag, das Spiel jetzt war wichtig für sein Selbstvertrauen. Der Junge hat es drauf, den machen wir schon noch zur Drecksau", sagte Hauser über den bislang eher zurückhaltenden Annahmespezialisten. Am Samstag im Ligaspiel in Rottenburg dürfte Trenkler erneut Spielpraxis bekommen. Und Herrsching, das ohnehin wichtige Wochen vor sich hat, möchte punkten: "Wir wollen das Siegergefühl jetzt mitnehmen", sagt Malescha. Ein Gefühl, das die Herrschinger ja noch nicht allzu oft hatten in dieser Saison.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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