Heimstettens Präsident Ewald Matejka:"Sie halten heute mal den Mund!"

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Nach 15 Jahren hört Matejka auf: Der FC Bayern kam zwar nie nach Kirchheim - trotzdem blickt er auf eine erfolgreiche Zeit zurück.

Von Interview von Stefan Galler und Christoph Leischwitz

Am Donnerstag ist beim Fußball-Regionalligisten SV Heimstetten eine kleine Ära zu Ende gegangen: Ewald Matejka, 67, hat nach 15 Jahren sein Amt als Vorsitzender abgegeben, sein Nachfolger ist Magnus Harlander. Mit der SZ spricht Matejka über sein Amt, seine Zeit als Aktiver und seine Scharmützel mit Schiedsrichtern.

SZ: Herr Matejka, im gehobenen Amateurfußball Bayerns sind Sie bekannt wie ein bunter Hund. Wie hoch spielte der aktive Fußballer Matejka?

Ewald Matejka: Kurzzeitig in der Landesliga, bei Wacker Burghausen. Das war ja damals die vierte Liga, so wie jetzt die Regionalliga. Natürlich sind das heute völlig unterschiedliche Auffassungen von Fußball und völlig andere Voraussetzungen. Aber ich glaube auch: Vom Füßchen her waren das keine schlechteren Fußballer als heute. Meinen wahrscheinlich größten Erfolg habe ich bei den deutschen Militärmeisterschaften erlebt. Wir hatten so einen fußballverrückten Kommandeur, der hatte uns damals angemeldet. Dann sind wir mit dem 4. Jägerbataillon der Fürst-Wrede-Kaserne ins Finale eingezogen. Wo wir allerdings 0:2 gegen das Panzerbataillon Böblingen verloren haben. Immerhin haben da Herbert Hein vom 1. FC Köln oder Hermann Ohlicher, langjähriger Kapitän beim VfB Stuttgart, mitgespielt.

Gab es weitere Fußball-Promis, die Ihren Weg kreuzten?

Endspiel Schüler-Kreismeisterschaft 1964, gegen Paul Breitner beim ESV Freilassing. Ich habe damals für Garching an der Alz gespielt. Ich erinnere mich noch, dass der junge Breitner seinem Vater auf dem Fahrrad immer hinterherlaufen musste, am Salzachufer entlang. Und ich war ja schon früh bei der SPD. 1970 war ich bei den Jungsozialisten gemeinsam mit Hans Steindl, dem Bürgermeister und ehemaligen Präsidenten von Wacker Burghausen.

Ging wegen der Politik auch die Fußball-Karriere so früh zu Ende?

Ich war durch meine berufliche Tätigkeit schon bald stark eingeschränkt. Zuerst habe ich bei der Sparkasse Altötting gelernt, dann BWL und VWL im Abendstudium studiert, und nach meiner Hochzeit bin ich in den Landkreis Traunstein übergewechselt. Die wussten dort zwar auch, dass ich Fußball spiele, aber ich wurde bei der Hypobank schon bald Gesamt-Betriebsratsvorsitzender für Deutschland, und ich war Mitglied des Aufsichtsrats. Nach Heimstetten beziehungsweise nach Kirchheim hat es mich 1994 gezogen, weil ich mich selbständig machen und nicht so weit weg von München sein wollte. Ein bisschen vielleicht auch, damit ich die Heimspiele des FC Bayern öfter anschauen kann.

Nach der Wende haben Sie auch kurz in Ostdeutschland gelebt. Bei so viel Fahrerei war dann wohl selbst eine stetige Trainerkarriere nicht möglich.

In Garching habe ich mal eine Jugendmannschaft trainiert, da war die spätere Wacker-Ikone Manfred Stutz dabei. Meine zweite Trainertätigkeit war dann schon beim SV Heimstetten, ich glaube 2010. Der damalige Trainer Claus Schromm ( heute SpVgg Unterhaching, Anm. d. Red.) und sein Co-Trainer Peter Faber hatten beide keine Zeit, zu einem Toto-Pokalspiel nach Dingolfing zu fahren. Dann habe ich gesagt: Ich mach' das. Schromm hat mir einen Zettel mit der Aufstellung mitgegeben. Die habe ich auf der Hinfahrt im Bus komplett umgeschmissen. Wir haben 2:0 gewonnen. Auf der Rückfahrt habe ich dann meinen Rücktritt bekanntgegeben. Ich bin ungeschlagen!

Ihr Sohn Michael meinte einmal, seine schwerste Entscheidung als Abteilungsleiter war es, Schromm 2011 zu entlassen. Ging Ihnen das als Präsident ähnlich?

Ja. Wobei der Claus uns heute bestimmt wegen seiner späteren Entwicklung auch noch dankbar ist. Es war sportlich und menschlich bestens mit ihm, die Heimstettener Granden hatten ihn auch sehr schnell akzeptiert. Aber damals war es einfach so, dass die Mannschaft nicht umsetzen konnte, was er sich vorgestellt hat. Er hatte aber auch einige junge Spieler von 1860 mitgebracht, die unter ihm bei den Löwen gespielt haben.

Ewald Matejka, 67, wird dem SV Heimstetten nicht länger vorstehen. Zur Erklärung bemüht der nun ehemalige Präsident ein japanisches Sprichwort: „Es gibt Zeiten zum Fischen und Zeiten zum Netze trocknen.“ (Foto: Claus Schunk)

Nachdem Sie Präsident wurden, wurde der Sportpark Heimstetten zu einem fußballerischen Knotenpunkt im Münchner Osten.

Kann man so sagen. Als ich nach Kirchheim zog, hat der SC in der Hammelklasse gespielt. Der SV Heimstetten aber spielte in der Bezirksliga Ost. Gegen Kirchanschöring, die kenne ich ja auch gut. Da habe ich mir gedacht: Das schaue ich mir an. Damals war der Sportplatz neben der Kirche. Dort, wo heute die Neubausiedlung steht, waren die Trainingsplätze, der Hauptplatz war gegenüber einer Baracke, bis 2001 musste man zur Kabine durch die Wirtschaft gehen. Dann ist die Mannschaft in die Bezirksoberliga aufgestiegen. Nach der Eröffnung des neuen Sportparks kam die Anfrage von den Löwen, sie wollten ihre Jugendmannschaften bei uns spielen lassen. Daraus entstand eine Kooperation. Manuel Leicht spielte dann zum Beispiel bei uns.

Und so ging es auch sportlich weiter nach oben ...

Wir haben Frank Schmöller ausgegraben. Wir suchten einen jungen, hungrigen Trainer, er hat die Mannschaft in die Bayernliga geführt. Damals gab es auch schon die Diskussion: Können wir uns das leisten? Mein Argument war immer: Wir müssen uns der Sache stellen und den Anspruch haben, ein bisschen Leistungssport anzubieten. Das ist auch wichtig, um gute Jugendarbeit leisten zu können, und es schlägt auf andere Abteilungen durch. Damals waren die Fußballer noch ohne A-Jugend. In der Zwischenzeit haben wir die Abteilung von damals 350 auf ungefähr 700 Mitglieder vergrößert. Und der Gesamtverein ist von 1300 auf 2000 Mitglieder angewachsen.

Die schwerste Entscheidung hatten wir schon angesprochen. Was war die beste?

Ich habe einmal in einem Gespräch mit Frank Schmöller und Teamchef Jochen Endres verhindert, dass sie einen jungen Spieler abgeben, den wir erst ein halbes Jahr vorher von den Löwen bekommen hatten. Der war fleißig und ich habe ihm immer angesehen, dass das ein guter Fußballer ist. Ich schlug einen Kompromiss vor: Der soll sich in der Vorbereitung bewähren. Dann haben wir zwar zum Beispiel gegen Unterhaching 2:5 verloren, aber der Junge hat zwei Granatentore geschossen. Er hat die Vorbereitung richtig gut durchgezogen und die zwei sagten: Du hast recht, den behalten wir. Und es gibt ihn heute noch: Christoph Schmitt, unser Trainer. Manchmal muss man sich eben auf seine Instinkte verlassen.

Woher kommt eigentlich Ihr Drang, sich immer mit den Schiedsrichtern anzulegen?

Vielleicht hat das ja mit meiner politischen Einstellung zu tun, ich habe mich ja schon als junger Sozi gegen die Obrigkeit aufgelehnt. Und als aktiver Fußballer war ich dafür auch bekannt. Einmal habe ich in einem Spiel schon nach wenigen Sekunden die gelbe Karte gesehen, obwohl ich gar nichts gemacht hatte. Der Schiri sagte nur: "Herr Matejka, Sie halten heute mal den Mund!"

Die berühmteste Anekdote zwischen Ihnen und einem Schiedsrichter hat sich in Wolfratshausen abgespielt...

...an einem Freitagabend, auf dem Nebenplatz mit vier Lampen als Flutlicht. Da wurde unser damaliger Kapitän Dominik Schmitt brutal umgehauen. Ich habe protestiert, Schiri Fleischmann hat sich nur um die komplett aufgesprungene Ersatzbank gekümmert und nicht um den verletzten Spieler. Da habe ich gesagt: ,Wie Grattler müssen wir uns nicht behandeln lassen.' Er hat in seinem Bericht geschrieben, ich hätte ihn Grattler genannt, dann musste ich 600 Euro Strafe zahlen. Dominik hat bei dem Foul übrigens einen Lendenwirbelbruch erlitten. Wie Neymar bei der WM 2014.

Sie haben mal erwähnt, dass der BFV den SV Heimstetten eigentlich gar nicht in der Regionalliga haben wolle.

Das hängt mit einer Aussage von Präsident Rainer Koch zusammen. Wir sind einmal über unsere neue Anlage gegangen, und damals sagte er: Ja, die Landesliga wäre schon die richtige Liga für euch. Wir verstehen uns gut, aber da dachte ich mir: Euch zeig' ich's! Klar will der Verband lieber Vereine wie Bayreuth oder Schweinfurt, die 1500 Zuschauer haben. Ein Verein aus einem Münchner Vorort ist da nicht gerne gesehen. Dann noch lieber Dorfvereine wie Pipinsried oder Buchbach, denen wird dann ländliches Flair attestiert. Ich werde nie vergessen, wie uns Karsten Wettberg mal nach einem 5:0-Sieg von uns in Seligenporten als Millionarios aus München bezeichnet hat. Dabei hatten wir damals schon den kleinsten Etat der Liga.

Der SV Heimstetten kann sich auf die lautstarke Unterstützung der Hoaschdeng Supporters verlassen. (Foto: Niels P. Joergensen)

Mit dem die Regionalliga-Anforderungen eigentlich gar nicht zu stemmen sind, oder?

Das ist wirklich enorm, alleine für ein Gutachten, dass die Flutlichtmasten halten, haben wir 6000 Euro ausgeben müssen. Am absurdesten ist, dass man in der Regionalliga plötzlich Ballfangnetze braucht, in der Bayernliga aber nicht. Nach dem Motto: In eine Bayernliga-Lätschn am Spielfeldrand kannst du schießen, nicht aber in ein Regionalligagesicht.

Bleiben wir beim Geld: Wie haben Sie das mit dem Sponsoring eigentlich über die Jahre hinbekommen?

Ich habe ja eine Unternehmensberatung, in der auch mein Sohn Michael mitarbeitet und in der ich übrigens immer noch aktiv bin. Allerdings nicht mehr so stark, seit meine Frau am 1. September in Rente gegangen ist und wir uns mehr um unsere kleine Enkeltochter kümmern. Und da haben wir immer wieder Firmen beraten, die wir dann als Sponsoren gewinnen konnten. Aber es ist schon schwierig, weil jeder lieber der 150. Sponsor vom FC Bayern sein will anstatt der erste bei uns. Da fällt mir gerade ein: Matthias Sammer hat mir mal ein Spiel der Bayern-Profis bei uns zugesagt. Die waren aber leider nie da.

Jetzt mal Hand aufs Herz: Warum hören Sie als Präsident des SV Heimstetten auf?

Weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass viele den richtigen Zeitpunkt verpassen. Ich übergebe den Verein in einem sehr guten Zustand: Wir spielen in der Fußball-Regionalliga, haben die Mitgliederzahl enorm gesteigert, neue Abteilungen wie Klettern etabliert, wo wir von null auf 250 Mitglieder gekommen sind. Wir haben auch in anderen Sportarten wie Volleyball, Tischtennis oder Turnen Erfolge gefeiert und sogar einen Ü-50-Weltmeister im Turmspringen.

Was wünschen Sie Ihrem Verein für die Zukunft?

Das zu machen, was machbar ist. Die Regionalliga zu halten. Wenn es nicht klappt, kann man aber jederzeit mal ein Jahr runtergehen. Darauf hatten wir uns ja letzte Saison auch schon eingestellt, ehe wir unverhofft doch noch dringeblieben sind. Aber grundsätzlich sollte der Verein seine sozialen Aufgaben erfüllen, Jugendliche von Brennpunkten wegholen. Und der Klub sollte einen Namen haben, mit dem sich die Leute identifizieren können.

Haben Sie Angst, loszulassen?

Dazu fällt mir ein japanisches Sprichwort ein: Es gibt Zeiten zum Fischen und Zeiten zum Netze trocknen.

© SZ vom 25.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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