HCD Gröbenzell:Frauen ohne Führerschein

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Zu selten klappte das schnelle Tempogegenstoßspiel der Gröbenzeller Drittliga-Handballerinnen, wie hier bei der flinken Linksaußen Beatrice Mazzucco, die eines ihrer fünf Tore erzielt. (Foto: Günther Reger)

Drittliga-Handballerinnen suchen bei der 24:28-Niederlage gegen Schozach vergeblich nach Harmonie in ihrem Spiel.

Von Nico Horn, Gröbenzell

Oft gibt es irgendeinen Menschen, der entscheiden muss, wer nun Spielerin des Spiels ist. Die Wahl muss gewissenhaft getroffen werden, damit es hinterher nicht heißt: Bei dem Verein haben sie ja gar keine Ahnung. Außerdem gibt es immerhin eine Flasche Sekt zu gewinnen. Weil diese Entscheidungsträger aber oft nicht so genau wissen, wen sie wählen sollen, nehmen sie den Spielberichtsbogen und schauen, wer die Tore gemacht hat - und wählen die Spielerin mit den meisten. Wenn man Leistung irgendwie quantifizieren kann, dann mit Toren.

Nach der 24:28 (10:9)-Niederlage des HCD Gröbenzell gegen die SG Schozach-Bottwartal wurde Svenja Kaufmann zur besten Spielerin gewählt. Ursprünglich stand ein anderer Name auf dem Zettel, aber die beiden Trainer waren sich einig: Schozachs Kaufmann war die Beste. Dabei hatte sie nicht die meisten Tore des Spiels geworfen, genau genommen nur an siebter Stelle notiert. "Sie hat nicht so oft getroffen", begründete HCD-Trainer Konstantin Schlosser seine Wahl gegenüber Schozachs Michael Stettner, "aber sie hat meistens gleich zwei Spielerinnen auf sich gezogen". Stettner stimmte zu.

Das sollte heißen: Kaufmann hat die ganzen Tore der anderen erst möglich gemacht. Torvorlagen stehen zwar nicht auf dem Spielberichtsbogen, aber Handballtrainer haben natürlich ein Auge dafür. Schon vor dem Spiel hatte Schlosser gewusst, dass die Anspiele von Kaufmann gefährlich sind, besonders die an den Kreis. Trotzdem seien seine Spielerinnen zu oft "in der Sperre gestanden". Das sah so aus: Am Kreis stellte sich Schozachs Cinja Wehe in den Weg einer Gegenspielerin, damit schaffte sie freie Räume für ungedeckte Mitspielerinnen oder nutzte den Freiraum gleich selbst. Wehe, die fünfmal traf, stand übrigens zunächst auf dem Spielerin-des-Spiels-Zettel, auch sie wäre nicht die falsche Wahl gewesen.

Übersinnlich: Torhüterin Theresa Bauer habe einen Ball an die Latte geschaut, sagt der Hallensprecher

Schlosser sagte: "In der zweiten Halbzeit sind wir nicht gut in die Zweikämpfe gekommen." Und: Schozach war sehr clever." Aber er sagte auch: "Das Spiel haben wir vorne verloren."

Wie so oft, hing auch diesmal alles mit allem zusammen. Dass Gröbenzell hinten 28 Tore fing, wirkte sich auch vorne negativ aus. So blieben nämlich die Tempogegenstöße aus, von denen der HCD gerne möglichst viele gehabt hätte, weil ihm gegen die geordnete Defensive Schozachs wenig aus dem Positionsspiel einfiel. Die Gästen wussten schon, wen sie früh attackieren mussten: die wurfstarke Lena Klingler. Wenn sie mal aufs Tor warf, traf sie (4 Tore) meist, aber sie kam nur selten zum Abschluss. Und die beste HCD-Schützin, Christine Königsmann (6), löste auf der Tribüne wahlweise Be- und Verwunderung aus. Meist lag es an diesen beiden, Klingler und Königsmann, etwas zu initiieren.

Dass der HCD bislang immer gleichwertig war, sieht Trainer Schlosser als gutes Zeichen

Das funktionierte aber nur kurz, so richtig gut sogar nur genau neun Minuten und sechs Sekunden. Nach 7:11 Minuten stand es aus Sicht des HCD 0:5. Das Schlimmste stand zu befürchten. Schlosser nahm schnell eine erste Auszeit. Dann, nach 16:11 Minuten, hieß es plötzlich 6:5. Das waren selbst für ein Handballspiel, in dem das Oberwasser immer von der einen auf die andere Seite schwappt, erstaunlich gegensätzliche Läufe. Später konnte Gröbenzell sogar auf drei Tore davonziehen, Torhüterin Theresa Bauer war phasenweise kaum zu überwinden. Der Hallensprecher schrieb ihr sogar nahezu übersinnliche Fähigkeiten zu, weil sie einen Wurf an das Gebälk "geschaut" habe. Bis 20 Minuten vor dem Ende wechselte die Führung beständig hin und her. Dann aber kamen dem HCD zunehmend mehr schlechte als gute Ideen. Während Schozachs Kaufmann immer wieder gut auf ihre Mitspielerinnen passte.

Gegen die stabile 6:0-Abwehr der Gäste hätte es Ideen aller Gröbenzellerinnen gebraucht. "Es ist einfach frustrierend, wenn man vorne keine Lösungen findet", ärgerte sich Schlosser hinterher. Früher seien dafür andere Spielerinnen zuständig gewesen, "aber die sind jetzt weg". Die Rollen im Team müssen neu verteilt werden, während sich alle noch aneinander gewöhnen müssen - keine leichte Aufgabe. Schlosser nahm seine Mannschaft deshalb in Schutz: "Ich mache den Mädels keinen Vorwurf", sagte er, "vielleicht fehlt uns noch ein Schritt, um gegen so einen abgezockten Gegner zu gewinnen". Man dürfe "nicht vergessen, dass wir viele Spielerinnen haben, die noch nicht Autofahren dürfen".

Natürlich ist es nach sechs Spieltagen langsam an der Zeit, dass Klingler besser eingebunden, Königsmann seltener zum Zaubern gezwungen wird und der Rest mehr Verantwortung übernimmt. Aber immerhin ist es schon jetzt ein gutes Zeichen, dass der HCD bisher bis auf eine Ausnahme in Haunstetten in jedem Spiel konkurrenzfähig war. Auch Schozachs Trainer Michael Stettner hätte dem HCD ein Unentschieden zugestanden: "Das war für Gröbenzell durchaus drin."

© SZ vom 28.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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