Handball:Fasching im Jammertal

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Fürstenfeldbrucks Handballer verlieren nach großem Kampf gegen starke Kronauer Gäste in der Schlusssekunde. Der TuS bleibt auf einem Abstiegsplatz, der Klassenerhalt in der dritten Liga gerät zunehmend in Gefahr. Ein Grund zum Aufgeben ist das noch lange nicht

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

"Es ist doch nichts Neues." Als Martin Wild diesen Satz sagte, saß er mit hängendem Kopf auf der untersten Sitzreihe der Tribüne in der Wittelsbacher Halle und starrte auf den Boden. Der Trainer des Handball-Drittligisten TuS Fürstenfeldbruck rang um Worte, gerade hatte sein Team eine niederschmetternde Heimniederlage gegen die SG Kronau/Östringen II erleiden müssen, das 23:24 hatte in der Tat viel mit Leid zu tun. Denn mit der Schlusssirene hämmerte Kronaus Lukas Sauer den Ball aus nicht sonderlich gutem Winkel und quer in der Luft liegend vom Kreis unter die Latte des Brucker Tors und damit über den Kopf von Dubravko Grgic, der eigentlich formidabel gehalten hatte.

Damit war der aufopferungsvolle Kampf der Gastgeber, die sich nie entmutigen ließen und immer wieder Rückstände wegsteckten, einmal mehr Makulatur. "Wir haben so viel einstecken müssen", sagte Wild nun leise, "und extrem viel Lehrgeld bezahlt." Aber Larmoyanz wird seine Auswahl nicht weiterbringen, bislang habe es nur die Zeit bis zum Dienstagstraining benötigt, erklärt er. Dann habe die Vorfreu-de auf die kommenden Aufgaben stets die Frustration des Wochenendes verdrängt. Grund gab es im bisherigen Saisonverlauf genug, schon das Hinspiel ging mit einem Tor verloren. Es war die fünfte Niederlage mit dem kleinstmöglichen Rückstand, auch die drei Unentschieden hätten anders verlaufen können.

Zuletzt unterlag der TuS in Kornwestheim mit einem Tor, wonach Wild erstmals den Unparteiischen offen einen Anteil zuschrieb. Auch am Samstagabend gab es im zweiten Durchgang einige so genannte 50:50-Situationen, Entscheidungen, die man in beide Richtungen fällen kann. Besonders bitter war die Szene ein paar Sekunden vor Schluss, als Brucks Spielmacher Falk Kolodziej ein Schrittfehler abgepfiffen wurde, sein Pass hatte den freien Johannes Stumpf gerade erreicht. Es ist schwer, in einer so hektischen Phase den Unparteiischen daraus einen Vorsatz zu konstruieren, so aber schlug der Ball nur einen Augenblick später im TuS-Tor ein.

Man muss aber auch sagen, dass die Brucker nach formidablem Beginn und einer 7:4-Führung (15.) ihren Rhythmus verloren, ungewöhnlich viele leichte Fehler produzierten und zur Pause 11:13 zurücklagen. Allein fünf Mal segelten Abspiele ins Aus, mehrmals vergab ein TuS-Akteur frei am Kreis, vier Konter wurden versiebt. Allein Andreas Knorr, eigentlich für seine Kaltschnäuzigkeit bekannt und mit fünf Treffern bester TuS-Werfer, versagten zweimal die Nerven, als er alleine aufs Kronauer Tor zusteuerte. Das freilich wurde von Roko Peribonio bestens bewacht, der Torhüter ist einer von mehreren Kronauer Akteuren, die zum Profi-Kader der Rhein Neckar Löwen zählen.

Das war der auffälligste Unterschied, die Gäste stellen bekanntlich die Reserve des deutschen Meisterschafts-Zweiten, die Löwen trugen bis 2007 den Namen SG Kronau/Östringen. Die Kronauer hatten in David Schmidt (8 Tore) und Michael Abt (6) zwei Akteure im Rückraum, die die Qualität für einfache Tore aus der Distanz haben. Den Bruckern fehlt praktisch der gesamte erste Rückraum, gut daran zu sehen, dass in Sebastian Meinzer, der ebenfalls fünfmal traf, oder Korbinian Lex Rechtshänder im rechten Rückraum spielen müssen. Das dürfte in der dritten Liga nicht gerade oft vorkommen. Für Bruck war es in dieser teils ruppigen Partie mit deutlich größerem Aufwand verbunden, zu Torerfolgen zu kommen. "Individuell können wir denen nicht das Wasser reichen", konstatierte auch Wild, zudem hätte sein Team "40 Minuten gebraucht, um überhaupt richtig ins Spiel zu kommen".

Komm in meine Arme: Der Fürstenfeldbrucker Christian Haller versucht Kronaus David Schmidt zu stoppen. (Foto: Johannes Simon)

In kämpferischer Hinsicht aber war der jungen TuS-Truppe einmal mehr kein Vorwurf zu machen, sie ließ sich nie entmutigen. 13:17 (37.) 16:21 (44.) und 20:23 (53.) lag Bruck zurück, kam immer wieder zurück und hatte es schlussendlich sogar in der Hand, das Spiel noch zu gewinnen. Die Jungs haben einen super Endspurt hingelegt", fand der Trainer dann lobende Worte inmitten seines Trübsals, freilich hätte es allein schon genügt, "den letzten Angriff nicht nur zu begleiten", so Wild, "da muss man einfach ein Foul machen. Irgendwann, so fand der Coach, "müssen sie doch auch mal was dazulernen".

Es wäre in der Tat ein Jammer, sollten die Brucker den Klassenerhalt verfehlen. Nicht nur für die Fans der Region, erneut waren 700 Zuschauer in die Halle gepilgert, sondern für den Handball in der Münchner Region. Der TuS ist Drittletzter, der bayerische Mitstreiter Friedberg ist abgeschlagenes Schlusslicht, damit wären die letzten beiden südbayerischen Vertreter aus der Drittklassigkeit eliminiert. Ein fatales Zeichen an Talente aus der Region, an Spieler wie Max Haider.

Der Kronauer Kreisläufer ist gerade mal 18 Jahre alt, aktueller Jugendnationalspieler - und ist vom TSV Allach ausgebildet worden. Schnell wurde dort offenbar, dass sein Talent die Möglichkeiten des Landesligisten überfordern, Haider wechselte ins Internat des Bundesligisten Rhein Neckar Löwen. Nun also kehrte der mit dem Gardemaß von 1,97 Metern und 102 Kilogramm Kampfgewicht ausgestattete Kreisläufer in die Heimat zurück und steuerte vier Tore zur Brucker Niederlage bei. Haider war kaum zu halten am Kreis, er fände es schade, wenn der TuS absteigen muss. "Es ist gut, dass es hier einen Drittligisten gibt", sagte er bevor er den Bus bestieg.

Es hat Martins Wilds Stimmung kaum aufhellen können. Der musste anschließend zur Faschingsparty ins Hallenfoyer, die Pointe des Abends. Wie er sich verkleide? Er lächelte gequält und sagte: nichts.

© SZ vom 16.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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