Handball 3. Liga:Brucks traurige Boygroup

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Untröstlich: Julian Prause hat den letzten Wurf, frei vor dem gegnerischen Torhüter. Der Kreisläufer vergibt, der TuS spielt 28:28 unentschieden. (Foto: Johannes Simon)

In der Schlusssekunde taucht Julian Prause allein am Wurfkreis vor dem gegnerischen Torhüter auf - und scheitert. Ein Tor hätte den Sieg für Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer gegen Nußloch bedeuten können.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Julian Prause suchte die Einsamkeit. Und fand sie für kurze Zeit auf dem Parkett der Wittelsbacher Halle. Als die Schlusssirene schon einige Zeit verklungen war, schritt der 22-jährige Handballer noch immer allein auf und ab und setzte sich dann am Spielfeldrand nieder. Körperlich erschöpft, aber mehr noch mental niedergeschlagen.

"Wenn man am Ende die Chance hat, das Spiel zu gewinnen", sagte er später, ohne den Satz zu vollenden. Es klang wie eine Anklage gegen sich selbst. Der 98-Kilo-Mann war kurz zuvor in der Schlusssekunde allein am Wurfkreis vor dem gegnerischen Torhüter aufgetaucht - und gescheitert. Ein Tor hätte den Sieg für Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer bedeuten können. So blieb ein immerhin beachtliches 28:28 (16:12) gegen den Tabellenzweiten SG Nußloch, das sich für die Gastgeber zunächst aber nicht nach einem Punktgewinn anfühlte.

Mit betretenen Mienen nahmen Fürstenfeldbrucks Handballer wenig später die Huldigungen der fast 1000 Zuschauer entgegen, während nebenan die favorisierten Kontrahenten aus der 10 000-Einwohner-Gemeinde südlich von Heidelberg das im letzten Moment sichergestellte Unentschieden feierten. Verkehrte Handball-Welt.

Wenn jemand vor dem Spiel gesagt hätte, dass seine Mannschaft ein Remis schaffen würde, "dann hätte ich das sofort unterschrieben", sagte Fürstenfeldbrucks Trainer Martin Wild nach der Partie, "aber im Moment kann ich mich nicht darüber freuen". Denn auch jene Teams, die mit dem TuS um den Erhalt der dritten Liga rangeln, waren erfolgreich: Herrenberg und Rödelsee, die beide zwei Zähler vor dem TuS liegen, punkteten doppelt, der Reserve des Bundesligisten Balingen-Weilstetten, die nur einen Punkt hinter den Bruckern auf dem ersten Abstiegsrang steht, gelang ebenfalls ein Unentschieden.

Seit Wochen geht die junge Brucker Boygroup trotz Verletzungssorgen in jedem Spiel bis an die Leistungsgrenze. Zuletzt holte sie sieben von möglichen zehn Punkten. Auch gegen Nußloch lagen die Brucker die ganze erste Halbzeit in Führung, überzeugten mit superschnellen Angriffen und dem neuerlich zehnmaligen Torschützen Johannes Stumpf. Und in der Abwehr hingen die beiden Routiniers Tobias Prestele und Andreas Krauß wie Klebstoff an ihren Gegnern. Den 16:12-Pausenvorsprung verspielten die Brucker dennoch, weil ihnen zehn Minuten lang kein Treffer gelang.

Mehrmals glichen die Gäste aus, gingen aber nur ein einziges Mal, zum 17:16, in Führung. Die holte sich der TuS zurück und baute sie dreieinhalb Minuten vor dem Ende auf 28:25 aus. Doch einmal mehr waren die Brucker Liga-Greenhorns nicht abgeklärt genug, um den Vorsprung über die Zeit zu retten. Im Gegenteil, Nußloch nahm den Torhüter aus dem Spiel und dafür einen zusätzlichen Feldspieler zu Hilfe und hatte mehrmals Erfolg damit in Form eines Tores.

Es wird eng bleiben bis zum Saisonende am 9. Mai, fünf Spiele stehen noch aus. Und doch mag sich in Fürstenfeldbruck niemand vorstellen, sich künftig wieder in der Bayernliga verdingen zu müssen. Handballfeste wie jenes vom Samstag wird es dann kaum geben: Mit einer brechend vollen Halle, mit so vielen Fans, die auch aus München kommen, weil der Großraum nirgendwo höherklassigen Handballsport zu bieten hat.

Zusätzlich hatte man den Spieltag vom Samstag zum "Drittliga-Date" erklärt, an dem sich die Handballer vom TuS Fürstenfeldbruck und die Handballerinnen des HCD Gröbenzell nacheinander in der Wittelsbacher Halle zu ihren Punktspielen verabredeten. Martin Wild und Hendrik Pleines, die beiden Trainer, die vor einigen Jahren noch zusammen für den TuS gespielt hatten und dies ab und an noch in der dritten Mannschaft tun, hatten mal "bei einem Bierchen die Idee gehabt, dass es schön wäre, wenn beide Vereine zusammen spielen würden", erzählte Pleines. Weil's ein gar so toller Abend war, kamen die Protagonisten später noch zur Athleten-Disco in einer Emmeringer Bar zusammen, aber nicht ohne sich vorher mit Worten erkenntlich zu zeigen für die gute Stimmung. "Vielen, vielen Dank für die großartige Unterstützung", rief Martin Wild übers Mikrofon in die Halle und schwärmte von einer "mega-gelungenen Veranstaltung". Und auch auf ihrer Facebook-Seite wiederholten die Brucker noch einmal ihren Dank ans Publikum und ihren größten Wunsch für die Zukunft, der da lautet: "München braucht die dritte Liga."

© SZ vom 23.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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