Handball 1:Einfach zu groß

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Nur in dieser Szene lässt sich Sina Fischer aufhalten, sie traf gegen Regensburg sechsmal und spielt seit Saisonbeginn in Hochform. (Foto: Günther Reger)

Die Drittliga-Handballerinnen aus Gröbenzell bezwingen den ungeschlagenen Primus Regensburg mit 36:28.

Von Nico Horn, Gröbenzell

Als Stefan von Frankenberg nach 45 Minuten bereits die dritte Auszeit nahm, genügte ein Blick in die Gesichter der beiden Trainer, um Aufschluss über den bisherigen Spielverlauf zu bekommen. Während von Frankenberg wild gestikulierend auf seine Spielerinnen einredete, blieb sein Gegenüber Hendrik Pleines, der bekanntlich die Drittliga-Handballerinnen des HCD Gröbenzell trainiert, ganz ruhig. Für Pleines gab es ja auch keinerlei Grund für Aufregung. Seine Mannschaft führte nach einer überragenden Leistung bereits mit elf Toren Vorsprung gegen den bis dato ungeschlagenen Tabellenführer ESV 1927 Regensburg. "Wir haben uns vorgenommen, dass sich jede Spielerin auf ihre eine große Stärke konzentriert - das hat jede gemacht", resümierte Pleines im Anschluss an dieses denkwürdige Derby, welches Gröbenzell mit 36:28 Toren gewann. Die Mannschaft verstand es an diesem Abend, ihre individuelle Klasse in eine beeindruckende Wucht umzusetzen, der Regensburg überraschend wenig entgegenzusetzen hatte. Mit einer aggressiven Verteidigung entnervte der HCD die Gäste von Beginn an.

"Unser Plan war, mutiger und offensiver zu verteidigen", verriet Pleines, bei der Niederlage vor einer Woche gegen Allensbach hatte man noch die letzte Konsequenz im Abwehrspiel vermissen lassen und mit 34 Gegentoren so viele Treffer gefangen, dass diese vorne nicht mehr auszugleichen waren. Man müsse "diesmal den Kasten sauber halten", forderte Routinier Sina Fischer deshalb vor dem Spiel - und zwar "gemeinsam mit Toni und Theresa", dem hochtalentierten, zuletzt gegen Allensbach aber glücklos agierenden Torhüter-Duo. Das gelang bestens, im Verbund mit ihrer Verteidigung entschärfte zunächst Theresa Bauer und später Antonia Thurner eine Vielzahl der Regensburger Würfe.

Das Problem für Regensburg: Die meisten Spielerinnen dürften das HCD-Tor nur selten überhaupt gesehen haben, denn Gröbenzell überragte die Gäste auf fast jeder Position um viele Zentimeter. Da der HCD in der Deckung aufmerksam und flexibel agierte, konnte Regensburg aber auch den naturgemäßen Schnelligkeitsvorteil nicht nutzen. Nur selten konnte sich die zweitgefährlichste Offensive der Liga freie Würfe erarbeiten.

Zum Glück gibt es in der Abwehr Luft nach oben - sonst würde Coach Pleines die Arbeit ausgehen

Die starke Verteidigung hatte zudem den positiven Effekt, dass der HCD im Tempogegenstoß selbst zu einfachen Torerfolgen kam. Pleines war aber auch mit dem "super Positionsangriff" mehr als zufrieden. Aus diesem sorgte vor allem der eingespielte Rückraum um Fischer, Spielgestalterin Amelie Bayerl und Vera Bassel für ständige Gefahr. Gemeinsam erzielte das Trio 14 der 36 Gröbenzeller Tore. Beste Werferin war indes Flügelflitzerin Beatrice Mazzucco mit sieben Treffern.

Einzig die Anfangsphase blieb ausgeglichen - was allerdings in der Hauptsache am torbegrenzenden Aluminium in der Wildmooshalle lag, an diesem scheiterte der HCD in den ersten Minuten nämlich gleich mehrfach. Gegen Mitte der ersten Halbzeit aber verließ Regensburg das Glück und die Gastgeberinnen zogen davon. Zum Wechsel stand es bereits 21:13, zwischenzeitlich stellte der HCD den Abstand gar auf elf Tore (30:19, 46. Minute). Daraufhin nahm der sichtlich schockierte ESV-Trainer von Frankenberger seine dritte Auszeit. Es half nichts mehr.

Pleines war nach dem wichtigen Derby-Sieg dagegen hochzufrieden, einerseits. Der Trainer hat den Ruf des Perfektionisten, also hatte er selbst an diesem fast perfekten Abend zwei einschränkende Einwände gefunden: Zum einen habe den Regensburgerinnen in Franzi Peter ihre wohl beste Spielerin gefehlt, was "natürlich schon ein riesen Vorteil" gewesen sei. Zum anderen sieht er in der Defensive "immer noch Luft nach oben". "Es wäre ja auch schlimm, wenn wir im Oktober nichts mehr zu verbessern hätten", so Pleines. Schädlich ist dieser Hang zum Optimum sicher nicht, sind die nächsten beiden Spiele doch gleich wieder bayerische Derbys. Kommenden Samstag gastiert Haunstetten in der Wildmooshalle. Eine Woche später reist der HCD nur ein paar Kilometer nach Süden zum Auswärtsspiel bei der HSG Würm-Mitte. "Wenn du ganz oben mitspielen willst, dann musst diese Spiele gewinnen", vermutet Pleines. Mit zwei Siegen könnte sich sein Team an der Tabellenspitze festsetzen, mit einer Bilanz von nur zwei Minuspunkten teilt man sich diese noch mit den diesmal hoffnungslos unterlegenen Oberpfälzerinnen.

© SZ vom 22.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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