Hachinger Nöte:Elefant und Affe

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Verzweiflung: Nico Mantl kann dem Ball nur hinterherschauen. (Foto: Tim Carmele/imago)

Nach dem Spiel in Karlsruhe beklagt SpVgg-Trainer Claus Schromm das enorme finanzielle Gefälle in der dritten Liga.

Von Christoph Ruf, Unterhaching

Als die Partie beendet war, waren die Karlsruher Ultras dran. Mit einer riesigen Banderole "Gegengerade Karlsruhe" hatten sie vor Anpfiff Abschied genommen von ihrer traditionellen Heimstatt, nun entzündeten sie ein paar Dutzend rote Bengalofackeln. Wie es Ultras immer tun, wenn ein besonderes Ereignis begangen wird: Das letzte Spiel einer tollen Saison beispielsweise. Oder eben der Abriss einer Tribüne, die jahrzehntelang für viele Fans ebenso Heimat war wie das eigene Schlafzimmer.

Für Claus Schromm und seine Hachinger müssen die Feierlichkeiten nach der 0:4-Pleite grotesk gewirkt haben. Die neue Tribüne, die beim nächsten KSC-Heimspiel gegen Meppen eröffnet wird, steht bereits picobello parat. Wie könnte es auch anders sein bei einem Verein, der einen reichen Mäzen und eine Stadt im Rücken weiß, die mal eben weit über 100 Millionen Euro für den Neubau des Stadions vorschießt. Dass Vereine wie dieser KSC in der gleichen Liga wie seine Hachinger spielen, kommt Schromm dann auch immer wieder vor wie die Karikatur, bei der ein Affe und ein Elefant am Fuße eines Baumes stehen, während der Schiedsrichter sagt: "Im Sinne eines fairen Wettbewerbs habt ihr beide die gleiche Aufgabe: Klettert auf den Baum!" Schromm, in dessen Team stets ein halbes Dutzend Spieler aus dem eigenen Nachwuchs stehen, hat das am Samstag bei der Pressekonferenz auch so benannt, als er auf den Patzer seines 19-jährigen A-Jugendkeepers Nico Mantl im Profidress angesprochen wurde: "Nebenbei wäre die dritte Liga ideal dafür, dass junge, im eigenen Nachwuchsleistungszentrum ausgebildete Spieler sich entwickeln dürfen und können." Aber leider sei das nicht möglich: "In dem toten System der dritten Liga muss jeder aufsteigen, weil es finanziell nicht geht."

Da die Liga vom DFB wirtschaftlich so miserabel ausgestattet sei, wolle jedes Team, auch seines, möglichst schnell hoch. Wer es sich leisten könne, kaufe deswegen teure Spieler - auf Kosten des eigenen Nachwuchses. Selbst Haching, das nur einen 2,2-Millionen-Etat hat, mache deshalb Jahr für Jahr Miese, um in der ruinösen Spielklasse bestehen zu können. Und das, obwohl man sich sportlich eigentlich gut aufgehoben fühlt in dieser Liga. "Was ist denn hier los, wenn der KSC nicht aufsteigt?", fragt Schromm zum Abschied. "Dann holt wieder jemand zwei, drei Millionen raus und es geht weiter." Und das im brandneuen Stadion.

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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