Haar Disciples I:Ohne Mitch

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Nach dem Aus im Baseball-Halbfinale verlassen Michael Stephan und Kevin Trisl den Klub. Vor allem Stephans Entscheidung für den Weggang überrascht.

Von Christoph Leischwitz, Haar

Michael Stephan hatte am Montag eine Menge Zeit, und es sprach ja auch nichts dagegen, die Oide Wiesn zu besuchen. Ein paar Mitspieler der München-Haar Disciples waren auch dabei, sie müssen jetzt nicht mehr auf ihre Ernährung achten, das Finale um die deutsche Baseball-Meisterschaft findet ohne sie statt.

Überraschend war allerdings, dass es sich um ein Abschiedstreffen handelte. Denn noch am Sonntagabend, direkt nach dem knappen Ausscheiden gegen die Bonn Capitals, hatte es geheißen, dass sich personell erst einmal nicht viel ändern werde in Haar. Am Montagvormittag aber schrieb der 28-jährige Stephan eine Pressemitteilung mit einer Zusammenfassung der letzten beiden Saisonspiele. Im letzten Absatz war darin zu lesen, dass er in der kommenden Saison nicht mehr im Kader stehen werde. Und der General Manager des Vereins merkte noch an: "Stephan verlässt die Disciples zudem auch in seiner Position als General Manager." Auch Pitcher Kevin Trisl verlässt demnach den Verein, er war in der abgelaufenen Spielzeit aus beruflichen Gründen zum Fernpendler geworden. Darüber hinaus hatte er zuletzt mehrere Wochen lang mit starken Schmerzen in der Schulter gespielt.

"Dass er als General Manager zurücktritt, das habe ich gewusst", sagte Christopher Howard in einer ersten Reaktion. Der Sportdirektor der Disciples gab sich aber trotzdem überrascht. Eigentlich habe das erst später publik gemacht werden sollen - und dass Stephan zudem als Spieler aufhört, das hörte Howard gerade zum ersten Mal. Die Mannschaft hatte es am Sonntagabend erfahren, Howard war bei der Rede allerdings nicht dabei gewesen.

"Wenn man plötzlich nur noch Spieler ist und nichts mehr zu sagen hat, ist das nicht leicht."

Der Entschluss kommt überraschend. Michael Stephan, den in Haar alle nur "Mitch" nennen, kam 2009 zu den Disciples, seit 2011 hatte er immer wieder zusätzliche Jobs im Klub übernommen. Als ein anonymer Geldgeber den Verein mit einem größeren Betrag förderte, wurde vor anderthalb Jahren für Stephan ein hauptamtlicher Job geschaffen - spätestens seitdem war er das Aushängeschild des Vereins, kurzzeitig war er auch Spielertrainer. Jetzt aber sagt der ehemalige Junioren-Nationalspieler aus Füssen, "mein Gehalt frisst einen großen Teil des Budgets", und dass er umgekehrt auf Dauer nicht von diesem Vollzeitjob leben könne. Bei Verhandlungen habe man sich auf keine neue Lösung einigen können. Wiederum zwei Wochen später habe er dann beschlossen, auch nicht mehr für die Disciples zu spielen. "Wenn man jahrelang alles leitet und mitentscheidet in einem Verein und dann plötzlich nur noch Spieler ist und nichts mehr zu sagen hat - das ist auch nicht leicht", erklärt der First Baseman. Vergangene Woche hatte er dann den Vorstand über seine Entscheidung informiert. Aller Voraussicht nach wird der Posten des General Managers nicht nachbesetzt, die Aufgaben werden wohl auf aktuelle Funktionäre verteilt.

Auf dem Platz gehörten Stephan und Trisl fraglos zu den Leistungsträgern der Disciples. Letzterer stand 2017 auch im Kader der Nationalmannschaft. Weil auch der Verbleib von Pitcher Ryan Bollinger fraglich ist, wird es nun schwerfallen, für die kommende Saison einen gleichwertigen Kader zusammenzustellen - auch wenn aus der zweiten Mannschaft mehrere vielversprechende Spieler nachrücken könnten. Weil sich aber laut Sportdirektor Howard der Etat trotz Stephans Weggang nicht merklich ändern soll, könnte das neue Möglichkeiten in der Kadersuche eröffnen. Man werde sich in den kommenden Tagen zusammensetzen und die Lage analysieren, sagte Howard.

"Es wäre gelogen, wenn ich sage: Ich bin zufrieden", sagte Stephan auf die Frage, ob er mit dem Erreichen des Halbfinales seine Ziele erreicht habe. Wirklich enttäuscht sei er jedoch auch wieder nicht. "Es war trotzdem die beste Saison, die wir hatten." Er werde von Oktober an erst einmal in einer Werbeagentur arbeiten. Ob er überhaupt noch einmal Baseball spielen wird, das wusste er noch nicht, als er am Montag auf der Oidn Wiesn saß. Er werde sich wohl erst im Winter entscheiden, ob sich die Baseball-Nostalgie in seinem Kopf durchsetzt.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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