Golf-Bundesliga:Eine wie Bernhard

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"Es war mein absoluter Wunsch, mehr Zeit auf dem Platz zu verbringen": Nora Wrenger, Toptalent des Münchener GC. (Foto: DGV/Stebl)

Nora Wrenger ist erst 16 Jahre alt. Trotzdem gilt die Münchnerin als großes Versprechen. Ihr Fleiß und ihr Ehrgeiz erinnern Experten bereits an prominente Vorbilder

Von Matthias Schmid, Straßlach-Dingharting

Der gut gebräunte ältere Herr nickte anerkennend. Er hatte einen angenehmen Platz im Schatten gefunden, wo er das Grün der 18. Bahn auf der Anlage des Münchener Golf-Clubs (MGC) von einer kleinen Anhöhe aus gut einsehen konnte. Er saß in einem mitgebrachten Gartenstuhl, als auch Nora Wrenger vor seinem Hochsitz vorspielte. Die Darbietung der jungen Golferin gefiel ihm so gut, dass sich der ältere Herr zufrieden und entspannt zurücklehnte. Er nickte nicht nur, als sie mit einem Annäherungsschlag vom Fairway aus fast die Fahne traf, er klatschte ausdauernd - es war ein Zeichen größtmöglicher Wertschätzung.

Nicht wenige Klubmitglieder halten Nora Wrenger, 16, für die größte Begabung, seit Bernhard Langer als 15-Jähriger beim MGC seine dreieinhalb Jahre währende Lehre zum Golflehrer begann. Den Vergleich mit dem bekanntesten deutschen Golfer und zweimaligen Major-Sieger habe er schon häufiger gehört, erzählt Maximilian Tschinkel, der die Mannschaft des MGC am Sonntag am vierten Spieltag der Frauen-Bundesliga als Trainer betreute. "Nora arbeitet ähnlich hart und akribisch an ihrer Karriere wie Bernhard Langer."

Wrenger ist das jüngste Teammitglied, aber sie ist nicht die Jüngste in der deutschen Eliteliga. "Es gibt noch Jüngere als mich", sagt sie und fügt mit einem Lächeln hinzu: "Wir gehören schon eher zu den älteren Mannschaften in der Bundesliga."

Von den erfahrenen Spielerinnen wie Thea Hoffmeister und Tanja Morant hatte sie im vergangenen Jahr profitiert, als die gebürtige Münchnerin in der Bundesliga debütierte. "Ich hatte so viele Fragen und war so viel aufgeregter als bei den Jugendturnieren", erzählt Wrenger. Wer ihr gegenübersitzt, kann sich gar nicht vorstellen, dass sich ihr Erregungsgrad limitierend auf ihr Spiel auswirken könnte. Sie wirkt älter als sie ist, reifer, selbständiger. Nur ihre weichen Gesichtszüge verraten den Teenager, der sich noch gerne von seiner Mutter bedienen lässt. "Mama, kannst du mir bitte noch mein Handy bringen?", ruft sie, als sie sich in der Mittagspause auf die Couch fallen lässt.

Ihre Familie sieht Wrenger seit fast einem Jahr nicht mehr so häufig, ihr Leben hat sich grundlegend geändert. Sie ist im September nicht nur in die deutsche Mädchen-Nationalmannschaft berufen worden, sondern auch nach Nürnberg gezogen, um sich in einem Sportinternat voll und ganz dem Golf widmen zu können. "Es war mein absoluter Wunsch, mehr Zeit auf dem Platz zu verbringen", sagt Wrenger. Nur manchmal vermisst sie ihr Elternhaus, vor allem dann, wenn sie in ihr Zimmer kommt "und niemand da ist", wie sie sagt. "Bei uns zu Hause war immer etwas los." In Nürnberg ist sie auf sich allein gestellt, muss vieles selber organisieren, einkaufen, Formalien klären. Dafür kann sie morgens und nachmittags mehrere Stunden das tun, was sie am liebsten tut, ohne die schulische Ausbildung zu vernachlässigen: an ihren Schlägen feilen, ihre Fitness verbessern. "Ich habe mich golferisch seither enorm verbessert", findet sie. Vor allem ihr kurzes Spiel sei viel präziser geworden, konstanter.

Davon konnten sich auch die Zuschauer am Sonntag überzeugen. Ihr Einzel beendete sie auf dem Par-72-Platz mit 74 Schlägen. Sie trug damit dazu bei, dass ihre Mannschaft den Spieltag auf Rang drei hinter Stuttgart und St. Leon-Rot abschloss und so vor dem letzten Auftritt in der Vorrunde noch alle Möglichkeiten hat, sich als Zweiter für die Endrunde um die deutsche Meisterschaft zu qualifizieren. "Ich bin zufrieden, aber da waren noch ein paar unnötige Bälle dabei", sagt sie selbstkritisch.

Nora Wrenger hat sich trotz ihres jungen Alters schon einen Namen als große Kämpferin in der Szene gemacht, als eine, die nie aufgibt, vieles ausprobiert und eigene Ideen einbringt, um ihr Spiel auf eine höhere Ebene zu hieven. "Sie ruht sich nie aus und will sich ständig weiterentwickeln, das ist ein wichtiges Tool, um später mal eine Große zu werden", sagt MGC-Trainer Tschinkel.

Mit sieben Jahren hatte sich Wrenger bereits die Platzreife erspielt. Ihr großes Ziel sind die Olympischen Spiele. "Da will ich eines Tages unbedingt dabei sein", sagt sie. Dass Golf im nächsten Jahr in Rio de Janeiro erstmals nach 112 Jahren wieder im regulären Wettbewerb ist, "können wir überall spüren", sagt sie. Nur deshalb hat sie die Eliteschule in Nürnberg auch in ihr Förderprogramm aufgenommen. Doch in diesem Jahr will sie zunächst einen anderen Traum Realität werden lassen. Sie strebt die deutsche Meisterschaft in der Altersklasse bis 16 Jahre an. Im vergangenen Jahr war sie Vierte. Wrenger sagt: "Jetzt wird es Zeit, dass ich mal ganz oben stehe." Bernhard Langer übrigens war 17 Jahre alt, als er erstmals die nationalen Meisterschaften gewann.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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