Garchinger Eigenwerbung:Zum Lachen und Staunen

Lesezeit: 3 min

"Die Unmöglichen haben wir gemacht": Erst trifft Georg Ball (Zweiter von links) mit einem Heber aus großer Distanz für den VfR Garching, später gelingt Manuel Eisgruber (rechts) ein ähnliches Kunststück zum 2:0-Endstand. (Foto: Johannes Simon)

In einem furiosen Fußballspiel bezwingt der VfR Garching den FC Schweinfurt 2:0 und kommt dem Ligaverbleib sehr nahe. Das Spektakel kommt bei der Sponsorensuche gerade recht.

Von Christoph Leischwitz, Garching

Es war eine Art aufwendig produzierter Werbespot des VfR Garching. Alles, was sich am Montagnachmittag auf dem Rasen tat, ließ sich etwa zu folgender Botschaft verdichten: "Kommen Sie zum Stadion am See! Erleben Sie Amateurfußball, bis Ihnen die Kinnlade herunterklappt, Sie ungläubig den Kopf schütteln und sich denken: So etwas gibt es doch gar nicht!" Konsequenter Weise müsste dieser Text ergänzt werden durch: "Wenn es Ihnen gefallen hat, dann helfen Sie mit einem finanziellen Beitrag, unseren Verbleib in der Regionalliga zu sichern."

Der VfR vergibt ein Dutzend Eins-gegen-Eins-Situationen. Die Tore fallen durch zwei Heber

Es zeugte von ausgezeichnetem Timing, dass die Garchinger Mannschaft ausgerechnet zwei Tage vor einer lange anberaumten Pressekonferenz, der einem Hilferuf an mögliche Sponsoren und Gönner nahekommen wird, eines ihrer spektakulärsten Spiele der vergangenen Jahre im Stadion am See bot. Das Endergebnis zwischen dem VfR und dem FC Schweinfurt, 2:0 (2:0), mochte ein wenig alltäglich wirken, und das war zugleich die einzige Schwäche dieses Werbeauftritts, der noch viel plakativer hätte ausfallen können: Garching hätte dieses Spiel zweistellig gewinnen können, ja müssen - ein Endstand von 10:4 etwa hätte den Spielverlauf gerecht abgebildet.

VfR-Trainer Daniel Weber hatte mehrmals ungläubig Richtung Tribüne gestarrt, immer dann, wenn seine Offensivspieler wieder einmal eine Chance vergeben hatten. Gut zehn Minuten vor Schluss - Kapitän Dennis Niebauer war gerade zum x-ten Mal an Schweinfurts Torwart David Paulus gescheitert - drehte sich Weber ab, ging hinter die Ersatzbank und fing an zu lachen. Die Zuschauer auf der Tribüne lachten mit und spendeten Weber Applaus. Die Vorstellung seines Teams auf nass-schmierigem Rasen, auf dem so viele Akteure wegrutschten und beste Chancen vergaben, bot so viel Slapstick, dass irgendwann daraus großes Kino wurde.

Die Gastgeber begannen mit einem intensiven Angriffspressing - eine Spielweise, die aufgrund vieler strauchelnder Spieler sofort Dynamik in die Partie brachte. Die erste gute Chance hatte Georg Ball nach drei Minuten, er verzog freistehend vom Strafraumrand. Auch Schweinfurt hatte beste Möglichkeiten, packte seine aber fast allesamt in eine einzige Spielminute: VfR-Torwart Daniel Maus, der schon in der 13. Minute im Eins-gegen-Eins geklärt hatte, rettete in der 14. Minute aus kurzer Distanz mit dem Fuß, dann wurde er aus ebenso kurzer Distanz angeschossen, beim dritten Mal half der Pfosten. "Dafür habe ich einen Torwart", fand Weber hernach trocken. Maus verlässt den VfR übrigens zum Saisonende, auch, weil sich der VfR den Keeper schlicht nicht mehr leisten kann.

Das Hinspiel hatte Schweinfurt unglücklich 1:3 verloren, im Rückspiel dominierte Garching und geriet trotz aller Fußballer-Regeln, wonach sich vergebene Chance rächen, nie ernsthaft in Gefahr - und hat so ganz nebenbei mit 40 Punkten den sportlichen Klassenerhalt so gut wie sicher.

Zunächst traf Georg Ball kurios zur Führung, mit einem Heber aus 40 Metern kurz nach den Schweinfurter Großchancen (23.), vor der Pause gelang Manuel Eisgruber ein ähnliches Tor, nachdem er aus der eigenen Hälfte gestartet und der Gästekeeper ausgerutscht war (43.). "Die Unmöglichen haben wir gemacht", sagte Eisgruber, auch wenn sein Treffer nicht komplett dem Zufall entsprang: "Wir wussten, dass sie hoch stehen", so der Stürmer, man habe solche Szenen vor dem Spiel besprochen.

Weil die Gäste nach dem Seitenwechsel nichts für eine stabile Abwehr taten, entwickelte sich ein einseitiges Spiel mit nur gelegentlichen Schweinfurter Kontern. Rund ein Dutzend Mal lief ein Garchinger auf das Gästetor zu, doch ein weiterer Treffer wollte nicht fallen. Während sich FC-Trainer Gerd Klaus "maßlos enttäuscht" zeigte, sprach Weber hernach von einem "unfassbaren Chancenfestival", auch wenn die Nichtverwertung all dieser Möglichkeiten ähnlich unfassbar war. "Es haben alle in den letzten Wochen mitbekommen, dass es bei uns vielleicht nicht weitergeht. Aber die Jungs wollen unbedingt in der Liga spielen. Ich hoffe, Fußballfeste wie heute zeigen Garching und der Münchner Umgebung, dass es sich lohnt, Regionalliga hier zu spielen", sagte Weber. Dass es sich im Wortsinne lohnt, davon muss jetzt nur noch jemand überzeugt werden, der etwas zum Lohn beitragen kann.

© SZ vom 18.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: