Garchings 5:0-Sieg im Bayernliga-Derby gegen Wolfratshausen:Stille Nacht

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Zum Verzweifeln: Wolfratshausens Onur Misirlioglu (li.) und Michael Marinkovic (re.) möchten den Ball haben. Oliver Hauck (VfR) rückt ihn nicht raus. (Foto: Claus Schunk)

Garching demontiert Wolfratshausen mit 5:0 und baut seinen Vorsprung auf den Tabellenzweiten Sonthofen aus. Der BCF gerät hingegen gefährlich nahe an die Relegationsplätze - und sehnt die Winterpause herbei

Von Alexander Mühlbach, Garching

Plötzlich war es ganz still auf dem Platz. Niemand sagte ein Wort, bis ein Zuschauer flüsterte: "Nicht schon wieder." Gebannt blickte er auf Tobias Gürtner, der im roten Garchinger Trikot auf dem Boden lag und sich den linken Arm hielt. Nach nicht einmal 30 Sekunden Spielzeit. Die Zuschauer wollten den Sturz auf die Schulter nicht wahrhaben. Bloß nicht noch eine weitere Verletzung.

Der VfR Garching hatte schon zuvor vier Ausfälle zu beklagen, die Ersatzbank sah auch beim Bayernliga-Spiel gegen den BCF Wolfratshausen relativ leer aus. Auch deswegen hatte sich VfR-Trainer Daniel Weber vor dem Spieltag recht bescheiden gegeben. "Es geht in den verbleibenden zwei Spielen vor Weihnachten darum, noch den ein oder anderen Punkt zu holen", hatte er erklärt. Wobei man ihm dabei auch völlige Untertreibung hätte vorwerfen können. Garching war seit acht Spielen unbesiegt, stand seit zwei Spieltagen mit 40 Punkten an der Tabellenspitze. Und in Wolfratshausen kam am Sonntagnachmittag ein Verein in das Seestadion, den sie Ende Juli mit 6:0 so sehr demoliert hatten, dass BCF-Trainer Reiner Leitl hinterher die übliche Pressekonferenz strich.

Gürtner indes stand unter Schmerzen wieder auf und spielte weiter. Es war wie ein Zeichen an die Mannschaft: ,Wir sind zwar dezimiert, aber wir lassen uns nicht unterkriegen.' Am Ende stand es 5:0 für den VfR.

"Uns hat einfach der Biss gefehlt", sagte der traurige Leitl nach dem Spiel. Auch er hätte den Satz des Zuschauers verwenden können: "Nicht schon wieder." Man weiß nicht, wann Leitl das Hinrunden-Spiel wieder im Kopf hatte, aber spätestens nach 17 Minuten müssen ihm zumindest die ersten Bedenken gekommen sein. Es war der Zeitpunkt, als Garching schon 2:0 führte. Viel schlimmer als der Spielstand war aber, wie die Tore zustande gekommen waren. Zweimal hatte der VfR sie vorgeführt. Erst spielte Innenverteidiger Mike Niebauer einen langen Ball über das halbe Spielfeld auf Stürmer Oliver Hauck, der alleine auf den BCF-Keeper Kevin Pradl zulief und den Ball im Tor versenkte (6.). Dann kam Daniel Suck über die linke Seite, legte auf Hauck ab, der sein zweites Tor an diesem Tag erzielte. Alleine in diesen ersten 17 Minuten konnte man auch schon ahnen, dass es bei diesem Spielstand nicht bleiben würde. Garching kombinierte mit gutem Tempo, verteilte die Bälle auf beiden Flügeln und fand die besseren Lösungen.

"Wir waren viel besser als im Hinspiel", lobte Weber seine Mannschaft nach dem Spiel. Er sah zufrieden aus, entspannt. Es war der komplette Gegensatz zur ersten Halbzeit, als er seine Mannschaft ständig dirigierte, ihr Laufwege und Abwehrmöglichkeiten aufzeigte - auch wenn sie das selten brauchte. "Der Gegner hatte gar keine Möglichkeiten und überhaupt kein Zugriff auf das Spiel", beschrieb Weber das Verteidigungsverhalten seiner Mannschaft. In der Tat hatte der BCF Schwierigkeiten mit dem schnellen Kombinationsfußball der Garchinger, ständig rannten die Wolfratshauser hinterher. Und wenn sie doch mal an den Ball kamen, endete es meistens in Aktionen, in denen der Ball wieder bei den Garchingern landete - und das Katz-und-Maus-Spiel wieder von vorne losging. "Das Spiel war einfach schön anzuschauen", sagte Weber, womit er vor allem die erste Halbzeit meinte.

Denn Garching ließ nach dem 2:0 nicht nach, wollte unbedingt erhöhen. Erst scheiterte Florian de Prato mit einem Freistoß aus 30 Metern Entfernung an Pradl, dann setzte Mario Staudigl die folgende Ecke knapp über das Tor (34.). Pradl war auch zwei Minuten später noch einmal gefragt, als Dennis Niebauer den Ball aus drei Metern Entfernung auf das Tor köpfelte. Bezeichnend war auch, dass die Garchinger selbst für Wolfratshausen die größte Chance herausspielten, als sie im eigenen Fünfmeterraum einen Fehlpass produzierten, den die Wolfratshauser aber nicht verwerten konnten.

"Wenn wir die Chance gemacht hätten...", trauerte Leitl nach dem Spiel, ohne den Satz zu beenden. In der zweiten Hälfte saß er nur noch resigniert auf der Bank und sah zu, wie der VfR Garching ein Tor nach dem anderen schoss. Erst nach einem Eckball durch Georg Ball (50.), dann auch noch durch zwei Elfmeter, die beide von Niebauer verwandelt werden (74. und 89.). "Die Garchinger sind einfach eine gute Mannschaft", sagte Leitl, bevor er sich die Müdigkeit der Hinrunde anmerken ließ. Es ist aber zugleich ein ewiges Auf und Ab mit seiner Mannschaft im Moment. Auf einen Sieg folgt immer wieder eine Enttäuschung. "Wird Zeit, dass die Winterpause kommt", erklärte Leitl. Dann schaute er raus auf den leeren Platz, über dem nur noch Stille lag.

© SZ vom 23.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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