Galopp:Das Hüpfburgkonzept

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Kleine Bewunderer: Hier präsentiert sich der siegreiche Jockey Bayarsaikhan Ganbat dem Familienpublikum in Riem. (Foto: Claus Schunk)

Der Münchener Rennverein arbeitet weiter am Imagewechsel des Galoppsports. Der Zuschauerzuspruch gibt ihm Recht, schwarze Zahlen schreibt er dennoch nicht.

Von Raphael Späth, München

Es ist ein buntes Bild am Eingang der Münchner Galopprennbahn an diesem Sonntagmorgen: Der finale Renntag der Saison steht an, unter anderem mit dem letzten europäischen Gruppe-1-Rennen des Jahres - vor dem Haupteingang tummeln sich aber zunächst nicht etwa Pferdefreunde, sondern vor allem Menschen mit Golfausrüstung. Mitten im Oval der etwa 1860 Meter langen Rennbahn befindet sich die Anlage des Golfclubs Riem, schon am frühen Morgen schlagen die ersten Hobbygolfer auf den insgesamt neun Bahnen ab.

Als dann gegen Mittag die ersten Pferderennen starten, sind die Golfschläger schon längst in den Kofferräumen verstaut, der Fokus gilt nun voll und ganz dem Geschehen auf der Rennbahn. Auch in diesem Jahr beendet der Münchener Rennverein (MRV) die deutsche Galoppsaison, unter anderem mit dem Großen Preis von Bayern, zugleich dem Abschlussrennen der "German Racing Champions League", das in diesem Jahr nach dem Hengst Waldgeist benannt ist, dem aus dem Gestüt Ammerland stammenden Gewinner des Prix de l'Arc de Triomphe. Das lockt auch an diesem nasskalten Novembertag wieder knapp 3500 Zuschauer auf die Rennbahn - ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. "Für uns ist es natürlich eine große Freude, dass wir so ein letztes Gruppe-1-Rennen in Europa veranstalten dürfen", sagt MRV-Generalsekretär Horst Lappe. "Das ist noch einmal das Salz in der Suppe, die Aufmerksamkeit ist dadurch noch einmal größer."

Nach einigen Krisenjahren will man beim MRV bald wieder schwarze Zahlen schreiben, eigentlich war schon für das Rennjahr 2019 die schwarze Null eingeplant. "Durch ein paar Umstände mit den Bauverzögerungen ist das Vorhaben aber nicht geglückt", gesteht Lappe. Die mehr als maroden Wohnanlagen für Mitarbeiter wurden saniert; die Idee, das angrenzende Trainingsgelände zu Geld zu machen, dort neuen Wohnraum zu schaffen und die Einnahmen aus der Vermietung zur langfristigen Finanzierung des Rennbetriebs zu verwenden, war vom Münchner Stadtrat allerdings abgelehnt worden. "Da können wir als MRV auch wenig bewirken. Wir befinden uns natürlich weiterhin in Gesprächen mit der Stadt, allerdings erst einmal auf einem sehr moderaten Niveau", sagt Lappe.

"Im übernächsten Jahr wollen wir nicht nur eine Null, sondern sogar positive Zahlen schreiben."

Trotzdem blicke man optimistisch in die Zukunft: "Im übernächsten Jahr wollen wir nicht nur eine Null, sondern sogar positive Zahlen schreiben", kündigt er an.

Priorität habe aber in erster Linie ohnehin das Publikum. Auch in Riem versucht man, den Imagewechsel des Galopprennsports vom Wettparadies zur Familienveranstaltung weiter voranzutreiben - am Sonntag stehen neben den Wettbüros Hüpfburgen und Ponyreitanlagen. "An den letzten Renntagen waren so viele junge Familien und Kinder auf der Rennbahn wie noch nie", sagt der Generalsekretär. "Das Wetten soll nicht in den Hintergrund gestellt werden. Aber mit einem Euro kann man ja genau so viel Spaß haben wie mit zehn, zwanzig oder dreißig Euro Einsatz." Der Fokus solle für die Besucher darauf liegen, einen schönen Nachmittag mit Familie und Freunden auf der Rennbahn zu verbringen und Spaß an den Pferden zu haben. "Das sind tolle Produkte mit tollen Leistungen und tollen Bildern - das macht einfach Spaß."

Weit weniger Spaß machen allerdings jene Schlagzeilen, die die Galopprennszene in Deutschland aus den USA erreichen: Alleine im Jahr 2018 sind nach Angaben der Verletzungsdatenbank des "Jockey Clubs" knapp 500 Pferde bei Rennen zu Tode gekommen. "Das sind nicht die Arten von Galopprennen, die wir hier austragen", versichert der MRV-Präsident Dietrich von Boetticher, der als Besitzer des Arc-Siegers Waldgeist diesen Renntag gesponsert hat. "Da gibt es in der Tat Dinge, bei denen der Tierschutz einmal näher hinschauen müsste", findet er. "Aber bei den Grasbahnrennen, die wir hier haben, gibt es solche Vorfälle nicht."

So stehen an diesem trüben Sonntag in Riem die ansonsten ungetrübten sportlichen Leistungen im Vordergrund: Das mit 155 000 Euro dotierte Hauptrennen gewinnt der ungarische Wallach Nancho mit Jockey Bayarsaikhan Ganbat vor Manuela de Vega und Ashrun. Das hochklassig besetzte Gruppe-1-Rennen war vermutlich das letzte Rennen der "German Racing Champions League" - wie berichtet, soll die Rennserie nach dieser Saison eingestellt werden. "Die Champions League hatte nicht den Effekt, den man sich eigentlich erhofft hatte", gesteht Horst Lappe. "Vielleicht war der Titel auch unglücklich gewählt und zu sehr an den Fußball angelehnt." Man arbeite bereits an neuen Konzepten, eine Orientierung an Formaten anderer Sportarten ist dabei nicht ausgeschlossen. Mit dem Golfclub Riem hätte man einen ersten Ansprechpartner ja quasi vor der Haustür.

© SZ vom 05.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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